Essen.. Bei den Paketdiensten wie DHL und UPS verdoppelt sich jedes Jahr vor Weihnachten in den Frachtzentren die Zahl der Sendungen und Mitarbeiter. Die Branche liefert e 2011 rund 2,5 Milliarden Pakete aus – fast eine Milliarde mehr als noch im Jahr 2000.
Freitagnachmittag, 15.34 Uhr: Claudia Hössl hat in den zweieinhalb Stunden seit ihrem Schichtbeginn im DHL Frachtzentrum Dorsten-Essen bisher die Anlieferung von 28 649 Paketen überwacht. Und es ist noch ruhig. 91 Lkw-Ladungen erwartet Betriebslenkerin Hössl noch bis Schichtende um 20 Uhr. Beinahe gleichzeitig steuert sie fünf Computermäuse über fünf Monitore – drei zeigen Statistiken, die anderen beiden an welchem der 273 Tore des U-förmigen Gebäudes welcher Lkw be- oder entladen wird.
Bis Weihnachten werden die Zahlen auf Hössls Monitoren noch größer, noch unübersichtlicher: Im Advent verdoppelt sich die Paketmenge und mit ihr die Zahl der Mitarbeiter. „In den nächsten sieben, acht Wochen“, sagt Niederlassungsleiter Karl-Heinz Behrens, „ist da richtig Druck drauf“.
Internetdienste wie Amazon sind ein Segen für die Unternehmen
Dem Einzelhandel nehmen Internetdienste wie Amazon, Zalando oder Otto die Kunden, für Paketdienste sind sie ein Segen. Die Ware wird nicht mehr mühsam nach Hause geschleppt, sondern vom Zustelldienst gebracht – eine logistische Mammutaufgabe: DHL lieferte in den ersten neun Monaten des Jahres 671 Millionen Pakete aus. Die gesamte Branche mit weiteren prominenten Anbietern wie Hermes, UPS, DPD oder TNT verschickte 2011 etwa 2,5 Milliarden Pakete, fast eine Milliarde mehr als noch im Jahr 2000.
Der Paketversand „ist ein absoluter Wachstumsmarkt“, sagt Klaus Esser, der die Branche für den Bundesverband Internationaler Express- und Kurierdienste (BIEK) analysiert hat (siehe Grafik).
Marktführer DHL hat sein Verteilzentrum in Dorsten, von dem die Zustellbasen Essen, Gelsenkirchen, Mülheim, Dorsten und Hattingen beliefert werden, zuletzt ausgebaut. Deutschlandweit investiert der Bonner Konzern eine dreiviertel Milliarde Euro in seine 33 Frachtzentren. Die Kapazität in Dorsten wurde um 40 Prozent gesteigert. 28 000 Sendungen in der Stunde können seither verteilt werden. An einem ruhigen Tag, etwa im Juli, werden täglich gut 200 000 Pakete verschickt, nun im Advent sind es zweimal so viele.
„Wer sich als Aushilfe bewährt, wird übernommen“
„Wir stehen am Tag vor 1,2 Millionen Haustüren“, sagt ein Sprecher des kleineren DHL-Konkurrenten Hermes. 30 Millionen Sendungen im schwachen Juli, bis zu 38 Millionen im starken Dezember. „Und das Weihnachtsgeschäft beginnt nicht zum ersten Advent, sondern schon früh im November. Es geht auch weit in den Januar hinein, wenn Geschenke, die nicht gefallen, retour gesendet werden.“
Der Paket-Boom erreicht jedes Jahr vor dem Fest auch den Saisonarbeitsmarkt: Für die betriebsamen Monate stellt Hermes bis zu 1000 Aushilfen ein. DHL beschäftigt zu seinen 180 000 Angestellten weitere 10 000 Aushilfen, davon 2 500 in NRW. Die meisten erhalten auf sechs Monate befristete Verträge. Wer sich bewährt, werde übernommen, verspricht Behrens.
Im Paketsegment meldet DHL Jahr für Jahr zweistellige Wachstumszahlen. Kürzlich hat der Konzern 1000 Stellen entfristet. Uwe Speckenwirth, Postdienst-Experte bei Verdi NRW, lobt das und kritisiert die Bedingungen für Zusteller bei Konkurrenten, die wie Hermes mit Subunternehmen arbeiten: „Dort geht es drunter und drüber.“