Sundern. Die Sauerländerin Elisabeth Vielhaber hat ein Grundschulprojekt zum Bäckerhandwerk entwickelt und dafür auch ein Buch im „Pixiformat“ geschrieben.

Das Handwerk wirbt landauf, landab seit Jahren für sich, um Nachwuchs zu finden. Die angehende Brot-Sommelière Elisabeth Vielhaber aus Sundern im Sauerland setzt jetzt ganz früh an und hat ein Konzept für Grundschülerinnen und Grundschüler der Klassen 3 und 4 entwickelt, um deren Wertschätzung für ein uraltes Handwerk und das Kulturgut Brot zu wecken.

Unterrichtsmaterial kostenfrei

„Es ist schon schwierig, Kunden, die seit Jahren industrielle Backwaren kaufen, wieder zurück zum Bäcker-Handwerk zu holen“, sagt die 30-jährige Bäcker- und Mühlenmeisterin und studierte Betriebswirtin, die seit zwei Jahren als siebte Generation mit in der Geschäftsführung der Mühlenbäckerei Vielhaber in Sundern-Stockum agiert. Also warum nicht schon bei Kindern damit anfangen?

Seit Mai 2021 nimmt Vielhaber an der Ausbildung zur Brot-Sommelière an der Bundesakademie des Deutschen Bäckerhandwerks in Weinheim teil. 480 Stunden berufsbegleitend stehen auf dem Programm, um geprüfte Expertin und Botschafterin für das Genusshandwerk zu werden. Dazu gehört auch eine Projektarbeit. Die Sauerländerin nimmt hier aus gutem Grund Kinder in den Blick.

Mehr als 3000 verschiedene Brotsorten gibt es in Deutschland. Einmalig auf der Welt und deshalb gilt deutsches Brot auch als immaterielles Weltkulturerbe. Faszinierend. Damit es nicht zu überwältigend wirkt, ist es durchaus klug bei der Wissens-Vermittlung um dieses besondere Kulturgut klein anzufangen. Zum Beispiel beim Roggenkorn, wie es seit mehr als 200 Jahren in der Mühle der Vielhabers in Sundern-Stockum gemahlen wird.

Kinder der Grundschule Allendorf (Sundern) haben die verschiedenen Roggen-Dinkel-Milchbrötchen bereits getestet.
Kinder der Grundschule Allendorf (Sundern) haben die verschiedenen Roggen-Dinkel-Milchbrötchen bereits getestet. © Privat | Privat

Genau dort setzt das Grundschulprojekt an, das die junge Chefin entwickelte. In mindestens einer Unterrichtsstunde, gerne auch mehr, sollen Kinder für die Themen Roggen und Handwerk interessiert werden. Vielhaber hat dafür nicht nur ein eigenes Konzept und Unterrichtsmaterial entworfen, sondern auch ein kindgerechtes Büchlein im Pixiformat und Roggenmilchbrötchen in verschiedenen Geschmacksrichtungen, die Schülerinnen und Schüler, wie die großen Somelière, auf Konsistenz und Geschmack überprüfen und natürlich auch verspeisen können.

Die Geschichte eines kleinen Mädchens, das einen Feldhamster trifft, der ihr die Bedeutung eines Roggenkorns erklärt und dann den Werdegang bis zu Gebackenem erlebt, hat die Sunderanerin sich gemeinsam mit dem Sauerländer Künstler Michael Klute (Mundwerker) ausgedacht, illustrieren und schließlich in einer 1000er-Auflage drucken lassen.

Parallel wurden für das Projekt fünf „Roggi“ getaufte Roggen-Dinkel-Milchbrötchen-Varianten für die Verkostung im Unterricht entwickelt. Ein Ernährungswissenschaftler wurde zu Rate gezogen, Eltern befragt, wie ein passendes Produkt aussehen sollte, und vier Monate in der Backstube getüftelt. Am Ende entschied der Geschmack der Kinder einer Grundschule in Sundern. Drei von fünf mit Honig gebackenen Varianten blieben übrig: Roggi mit Cranberrys, mit feinen Karottenstreifen und, etwas überraschend, mit Zartbitter statt Vollmilchschokolade.

Prüfung im April

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Das werbefreie Büchlein, die Roggis und das passende Unterrichtsmaterial gibt es für die Grundschulen kostenfrei. Einzige Voraussetzung ist, dass interessierte Lehrer sich das Paket nach Absprache an einem der 28 Bäckerei-Standorte zwischen Sundern, Soest und Hagen abholen. Auch „normale“ Kunden können Roggis und das Buch seit ein paar Tagen zum Preis von jeweils einem Euro in den Filialen bekommen. „Was nichts kostet ist für manchen auch nichts wert“, ist an dieser Stelle Vielhabers Überlegung. Und um Wertschätzung für die Vielfalt des Brotes und des Bäckerhandwerks geht es ihr ja.

Da mit dem Buch „Emma&Roggilino“ kein Geschäft gemacht werden soll, fließen 50 Eurocent an die Neven-Subotic-Stiftung, die seit Jahren von der Mühlenbäckerei beim Bau von Wasserversorgung in afrikanischen Dörfern unterstützt wird.

Grundschulen, die Interesse haben, können sich bei der Mühlenbäckerei Vielhaber melden (siehe Infobox). Neun Schulen sind innerhalb weniger Tage bereits im Boot. Bis April dauert für Elisabeth Vielhaber die Ausbildung zur Sommelière noch. „Ich habe noch einmal viel dazu gelernt. Vor allem, wie man unser schönes Handwerk besser dem Kunden erklärt.“ Kaum ein Lebensmittel sei schließlich so vielfältig wie Brot. Es kann vegan oder vegetarisch sein, regional, nachhaltig, frisch oder sehr lange haltbar. Mehr als 300 Aromen seien möglich, sagt die angehende Genussbotschafterin.

Für Grundschulen kostenfrei bei Abholung vor Ort

Das Büchlein Emma&Roggilino sowie Infomaterial für den Unterricht und „Roggis“ zur Verkostung ist für interessierte Grundschullehrer kostenfrei. Sie müssen lediglich in einer der 28 Filialen der Mühlenbäckerei Vielhaber im Sauerland und den Städten Hagen, Werl, Soest, Unna und Dortmund abholen. Rund 150 Schulen hat die Bäckerei bereits angeschrieben. Kontaktadresse für eine Bestellung: info@baeckerei-vielhaber.de