Duisburg.. Thyssen-Krupp will künftig Stahl mit deutlich mehr Klimaschutz produzieren. Dazu wird in Duisburg investiert. Pläne aus Brüssel bedrohen das Projekt.

Thyssen-Krupp treibt Pläne für eine Stahlproduktion mit deutlich weniger Umweltverschmutzung durch klimaschädliches Kohlendioxid (CO2) voran. Am Standort Duisburg will der Ruhrgebietskonzern in naher Zukunft Hüttengase als Rohstoff für die Produktion von Treibstoffen, Düngemitteln oder Kunststoffen einsetzen. Bislang werden die Hüttengase aus der Stahlproduktion lediglich verbrannt, um Strom und Wärme herzustellen. „Wenn das Projekt gelingt, wird die CO2-Belastung aus der Stahlerzeugung wesentlich verringert“, sagte Vorstandschef Heinrich Hiesinger. Er sprach von einem „Schritt in die Zukunft der Stahlproduktion“.

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Auf dem Gelände von Thyssen-Krupp in Duisburg hat nun der Bau eines neuen Technikums begonnen, in dem Ergebnisse aus der Grundlagenforschung im industriellen Maßstab erprobt werden sollen. Im Frühjahr 2018 soll das Gebäude fertiggestellt sein. Zum symbolischen ersten Spatenstich kam auch NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft, die das Vorhaben als „Paradebeispiel für Klimaschutz made in NRW“ würdigte.

An dem Projekt mit dem futuristischen Titel „Carbon2Chem“ sind weitere 16 Partner aus Wissenschaft und Wirtschaft beteiligt, darunter Chemiekonzerne wie Evonik, BASF, Akzo Nobel, Clariant und Linde sowie Forschungseinrichtungen wie das Fraunhofer-Institut und die Max-Planck-Gesellschaft. Die beteiligten Partner planen nach Angaben des Bundesforschungsministeriums Investitionen von mehr als 100 Millionen Euro bis zum Jahr 2025. Für die kommerzielle Realisierung seien mehr als eine Milliarde Euro vorgesehen. Allein Thyssen-Krupp investiert zunächst 33,8 Millionen Euro in den neuen Gebäudekomplex.

Vom Bundesforschungsministerium fließen mehr als 60 Millionen Euro in das Projekt „Carbon2Chem“. Staatssekretär Thomas Rachel betonte, in Duisburg entstehe ein international einzigartiges Projekt.

Hiesinger sieht Potenzial für „Carbon2Chem“ in 50 Stahlwerken

Das Gelände des neuen Forschungskomplexes hat eine lange Tradition. Seit fast 125 Jahren produziert der heutige Konzern Thyssen-Krupp an dieser Stelle Stahl. „Das ist ein bedeutender Augenblick für unser Unternehmen, denn wir planen etwas durchaus Historisches“, sagte Andreas Goss, Chef der Stahlsparte von Thyssen-Krupp. Es gehe darum, das technologische Konzept der Stahlerzeugung um eine neue, wesentliche Komponente zu erweitern.

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Konzernchef Hiesinger hält es durchaus für möglich, die neue Technologie auf andere Werke zu übertragen, wenn sich das Geschäftsmodell als profitabel erweist. Weltweit gebe es etwa 50 Stahlwerke, in denen „Carbon2Chem“ einsetzbar wäre. Denkbar sei auch eine Anwendung in der Zementindustrie.

Hannelore Kraft warnt vor Gefährdung der Stahlindustrie

Thyssen-Krupp verfolgt die Pläne für mehr Klimaschutz im Stahlwerk in einer sensiblen Phase. Auf europäischer Ebene wird derzeit eine Reform des Emissionshandels mit CO2-Zertifikaten diskutiert. Thyssen-Krupp befürchtet zusätzliche Kosten ab dem Jahr 2021, die das Unternehmen nicht erwirtschaften könne. „Auch der Erfolg eines Zukunftsprojekts wie Carbon2Chem wäre dann gefährdet“, gab Stahlchef Goss zu bedenken.

Auch NRW-Ministerpräsidentin Kraft warnte, die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Stahlindustrie dürfe nicht gefährdet werden. Dafür werde sie sich einsetzen. „NRW wird Stahlstandort bleiben“, versprach Kraft.

Auch Verhandlungen von Thyssen-Krupp mit dem indischen Stahlkonzern Tata zur Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens hatten in der Belegschaft für Unruhe gesorgt. Ministerpräsidentin Kraft ging nicht direkt auf das Thema ein, äußerte aber die „Bitte“ an das Management, die Stahlsparte „fest im Blick“ zu behalten. „Das ist ein wichtiger Teil des Unternehmens“, betonte sie.