Duisburg. Der ersten Großinvestion für das Hüttengas-Projekt „Carbon2Chem“ könnten weitere folgen. Konzernchef Hiesinger fordert verlässliche Rahmenbedingungen.
Top-Unternehmen wie Thyssen-Krupp, BASF, Covestro, Linde und Siemens arbeiten zusammen mit führenden Wissenschaftsorganisationen und Universitäten an einem revolutionären Verfahren, um die bei der Stahlherstellung anfallenden Hüttengase als chemische Ausgangsstoffe wirtschaftlich nutzbar zu machen und gleichzeitig die Umwelt zu entlasten. Zentrum des Entwicklungsprojektes wird Duisburg, wo in den nächsten zwölf Monaten für 30 Millionen Euro ein Technikum gebaut werden soll.
Es soll entstehen in unmittelbarer Stahlwerks-Nähe, zunächst für die intensive Erforschung der verfügbaren Gase. Dass im Erfolgsfalle weitere Investitionen in weitaus größerem Umfang folgen könnten, wurde gestern bei der Vorstellung des auf 10 bis 15 Jahren angelegten Entwicklungsprojektes „Carbon2Chem“ (Kohle zu Chemie) betont. Schließlich müssten unweit der Stahlproduktion chemische Produktionsanlagen entstehen, ein eigenes Chemiewerk quasi. „Einen Quadratkilometer wird’s schon groß sein“, umriss Prof. Robert Schlögl die Dimension.
Hüttengase für die Produktion von Chemikalien nutzen
Er ist geschäftsführender Direktor des Max-Planck-Instituts für Chemische Energiekonversion in Mülheim und des Fritz-Haber-Instituts der Max-Planck-Gesellschaft in Berlin und stellte gestern zusammen mit Thyssen-Krupp-Konzernchef Dr. Heinrich Hiesinger und den Bundes- und Landesforschungsministerinnen Prof. Dr. Johanna Wanka und Svenja Schulze in der Kraftzentrale des Landschaftsparkes das Vorhaben vor.
Im Kern geht es darum, die bei den Prozessen bei der Herstellung von Eisen und Stahl unvermeidlicherweise anfallenden Hüttengase für die Produktion von Chemikalien zu nutzen. Dafür, so führte Schlögl aus, werde Wasserstoff benötigt, der wiederum mit Hilfe von Erneuerbaren Energien erzeugt werden soll.
Da für die Marktreife des angestrebten Verfahrens im großtechnischen Maßstab noch Zeit gebraucht werde, mahnte Hiesinger „verlässliche politische Rahmenbedingungen“ an. Die deutsche Stahlindustrie führt seit geraumer Zeit unter anderem Klage über Stahl aus China, der zu Dumpingpreisen auf den europäischen Markt drängt, und über massiven Mehrkosten, die durch die europäische Klimapolitik drohen könnten. „Ohne Balance zwischen CO2-Grenzwerten und dem Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit geht Innovationskraft in Europa verloren“, warnte Hiesinger.