Essen. Uniper fordert Staatshilfe und schlägt auch einen direkten Einstieg vor. So reagieren NRW-Energieministerin Mona Neubaur und die Bundesregierung.
Mit Uniper hat der erste Gasversorger infolge der russischen Lieferdrosselung den Staat um Hilfe gebeten. Ob der bereit sei, angeschlagene Energieunternehmen zu retten, um die Versorgung zu sichern, ließen Bundes- und Landesregierung am Freitag offen. Das Bundeswirtschaftsministerium erklärte auf Anfrage unserer Redaktion lediglich, die Gespräche mit dem Düsseldorfer Konzern dauerten an. Immerhin signalisierte eine Ministeriumssprecherin aber grundsätzliche Bereitschaft, an einer Entspannung der kritischen Lage mitzuwirken, als sie anfügte: „Wir arbeiten mit Hochdruck an einer Lösung.“
Habeck-Ministerium: Arbeiten mit Hochdruck an Uniper-Lösung
Ähnlich vage blieb Mona Neubaur, die neue Ministerin für Wirtschaft, Energie und Klimaschutz in Nordrhein-Westfalen. Die grüne Superministerin verwies auf die Zuständigkeit des grünes Superministers im Bund: Robert Habeck. „Die Lage ist ernst und es ist gut, dass Gespräche zwischen dem Unternehmen und der Bundesregierung geführt werden“, sagte sie nach der Wirtschaftsministerkonferenz in Dortmund auf Nachfrage unserer Zeitung. Allerdings ergänzte sie: „Dass sich daraus Notwendigkeiten ergeben können ist offensichtlich“. Uniper sei schließlich „eine große Spinne im Netz“ der Energieversorger.
In der Tat hängen an Uniper, das „signifikante finanzielle Belastungen“ durch ausbleibende russische Gaslieferungen beklagt, etliche örtliche Gasversorger. Darunter auch eine dreistellige Zahl von Stadtwerken, die wiederum die Endkunden mit Gas beliefern. Die Frage, ob auch ein direkter Einstieg des deutschen Staates ins Unternehmen, das mehrheitlich dem finnischen Fortum-Konzern gehört, ein probates Mittel sei, die Gasversorgung zu sichern, ließ Neubaur unbeantwortet. Ebenso wollte sich Uniper nicht zu unserer Frage äußern, ob eine Staatsbeteiligung die favorisierte Hilfsoption wäre oder nicht.
Staatseinstieg in Konzern mit finnischer Mutter?
Die Düsseldorfer hatten am Mittwochabend in einer Börsenpflichtmitteilung (Ad-hoc) erklärt zu prüfen, wie „die Liquidität der Gesellschaft weiter gesichert werden kann“. Uniper erhält seit Mitte Juni nur noch 40 Prozent der vom russischen Staatskonzern zugesicherten Gasmengen und muss diese nun teuer an den Märkten zukaufen, ohne die gestiegenen Beschaffungskosten an die Kunden weitergeben zu können, die in der Regel langfristige Lieferverträge zu festen Preisen haben. Als denkbare Staatshilfen nannte Uniper „Garantie- und Sicherheitsleistungen, Erhöhung der aktuellen, noch nicht gezogenen KfW-Kreditfazilität bis hin zu Beteiligungen in Form von Eigenkapital“, also einen Staatseinstieg.
Die SPD-Opposition im NRW-Landtag sieht Uniper als „zentralen Akteur in der Energieinfrastruktur“ und Neubaur ebenso in der Pflicht wie die Bundesregierung: „Auch das Land NRW muss gesprächsbereit sein. Wenn sich ein Konzern zukunftsfähig und unabhängig vom russischen Gas aufstellen möchte, ist aktive Industriepolitik gefragt“, sagte SPD-Fraktionsvize Alexander Vogt unserer Redaktion. Um die Versorgungssicherheit für private Haushalte und Unternehmen zu garantieren, müsse die schwarz-grüne Landesregierung „den Betrieb von Energiekonzernen wie Uniper sicherstellen“. Gleichzeitig dürften die Mehrkosten aber auch nicht komplett „an die Bürgerinnen und Bürger durchgereicht werden“.
Bei Habeck kann sich der MDax-Konzern zumindest sicher sein, dass er den Hilferuf ernst nimmt. Der Minister hatte bei der Ausrufung der Alarmstufe des Notfallplans Gas vor einer Woche vor einem „Lehman-Effekt im Energiesystem“ gewarnt. Die Pleite der amerikanischen Investmentbank hatte 2008 eine weltweite Finanzkrise ausgelöst. Bezogen aufs Gas sagte Habeck nun, die Verluste der Energieanbieter könnten „auch auf lokale Versorger und deren Kunden übergreifen“. Und: „Wenn dieses Minus so groß wird, dass sie es nicht mehr tragen können, droht der ganze Markt irgendwann zusammenzubrechen.“
Saarlands Energieminister Barke: Gesamtsystem stabilisieren
Dass dies unbedingt verhindert werden müsse, betonte Saarlands Energieminister Jürgen Barke (SPD) nach der Ministerkonferenz in Dortmund. Es gehe nicht um einzelne Unternehmen, sondern um das große Ganze – die Stabilisierung des Gesamtsystems sei „die zentrale Frage“. Dass es hierüber einen „parteiübergreifenden Konsens“ gebe und man diese Energiekrise nur gemeinsam bewältigen könne, erklärte sein Pendant in Sachsen-Anhalt, Sven Schulze (CDU).