Essen. Finanzchef Markus Krebber soll RWE-Chef Rolf Martin Schmitz ablösen. Warum das ein Zeichen für Kontinuität und nicht für einen Neuanfang ist.
Auf den Fluren und in der Kantine der Unternehmenszentrale galt er schon lange als Favorit, nun ist Markus Krebber ganz offiziell zum Nachfolger von RWE-Chef Rolf Martin Schmitz auserkoren worden: Der Aufsichtsrat des Stromriesen hat am Dienstag beschlossen, dass der aktuelle Finanzchef zum 1. Juli 2021 Schmitz an der Spitze des Dax-Konzerns ablösen soll.
Der Mönchengladbacher, der die sprichwörtliche rheinische Frohnatur auch im steifen Manageranzug selten abstreifen kann und will, hatte zuletzt keinen Hehl mehr daraus gemacht, dass er seine Arbeit bei RWE als erledigt ansieht. Die Tochter Innogy hat er mit Eon-Chef Johannes Teyssen aufgeteilt, seinem RWE-Konzern dabei einen satten Anteil am Nachbarn und Ex-Konkurrenten gesichert und zuletzt den Braunkohleausstieg mit der Bundesregierung samt Milliardenentschädigungen ausgehandelt. Sein Vertrag läuft im kommenden Sommer aus, zwei Wochen nach seinem 64. Geburtstag geht Schmitz dann in Rente.
Krebber muss den Radikalumbau von RWE vollenden
Er übergibt Krebber (47) die Kommandobrücke in einem Unternehmen, das lange auf einem Schlingerkurs durch die Energiewende mäandert, unter Schmitz aber wieder zur Ruhe gekommen ist. Seinem Nachfolger wird es vorbehalten bleiben, den mehrfachen Radikalumbau zu vollenden und aus dem Braunkohlekonzern tatsächlich einen grünen Stromkonzern zu machen. RWE will bis 2040 klimaneutral sein und sich bis zum Braunkohleausstieg 2038 als einer der weltgrößten Ökostromproduzenten profilieren. Kohle- und Kernkraftwerke werden bereits nicht mehr zum Kerngeschäft gezählt.
Der Wechsel von Schmitz zu Krebber ist kein Signal des Neuanfangs, sondern eher der Kontinuität. Schmitz und Krebber bilden zurzeit ein Führungsduo, was für sich schon eine Besonderheit im Dax ist. Den Deal mit Eon, den Umbau des Konzerns zum reinen Stromerzeuger mit rund 20.000 Beschäftigten haben die beiden gemeinsam eingefädelt – Krebber eher im Hintergrund, aber mit der entscheidenden Arbeit am Finanzfundament und Schmitz im öffentlichen Rampenlicht.
Das betonte auch RWE-Aufsichtsratschef Werner Brandt nach der Sitzung des Kontrollgremiums: „Dem Aufsichtsrat war es wichtig, frühzeitig eine Nachfolgeregelung zu treffen. Die Wahl von Herrn Krebber stellt sicher, dass die strategische Neuausrichtung der RWE hin zu einem global führenden Unternehmen im Bereich der Erneuerbaren Energien langfristig fortgesetzt wird“, erklärte er – und dass dafür „Herr Schmitz und Herr Krebber gemeinsam die Weichen gestellt“ hätten.
Krebber stieg im RWE-Konzern 2016 gleichzeitig mit Schmitz auf
Allzu radikal verändern dürften sich auch Stil und Ton im RWE-Management durch die Personalie nicht. Schmitz hat stets einen lockeren Spruch auf der Zunge und einen Hemdknopf mehr geöffnet als andere Manager, dabei aber immer alle Fakten und Zahlen präsent. Und Krebber gilt als extrem präziser Kopf und Stratege, aber nicht als trockener Finanzer, sondern als offen und zugängig. Dass sich Finanzvorstände, die zum Konzernchef aufsteigen, mitunter in der Rolle des Frontmanns schwer tun, war zuletzt beim Industrie-Riesen Thyssenkrupp und dem Scheitern von Guido Kerkhoff zu beobachten. Bei Krebber wird von Beobachtern des RWE-Konzerns dergleichen nicht erwartet, er gilt als ruhig und sachlich, intern aber auch als nahbar.
Diplom-Ökonom Krebber kam 2012 von der Commerzbank zu RWE – zunächst leitete er die Handelssparte. Finanzchef der AG wurde er 2016, als auch Schmitz aufstieg – zum Konzernchef. Es war das Jahr des ersten radikalen Schnitts, seinerzeit initiiert von Schmitz’ Vorgänger Peter Terium. Der Niederländer brachte das Zukunftsgeschäft mit Ökostrom, Netzen und Vertrieb als „Innogy“ an die Börse, wechselte als Chef zu seinem Baby und übergab bei RWE an Schmitz.
Nach einer Gewinnwarnung musste Terium wenig später seinen Hut nehmen, derweil Schmitz den als „Rolfs Resterampe“ verspotteten Mutterkonzern wieder in die Spur brachte. Die von der Öffentlichkeit unbemerkt eingefädelte Aufteilung der Innogy-Geschäfte mit Eon markierte 2018 das vorläufige Ende des radikalen Konzernumbaus. Künftig setzt RWE ganz auf die Erzeugung und den Verkauf von Strom.
RWE-Hauptversammlung am 26. Juni rein virtuell
Die Berufung von Krebber muss der Aufsichtsrat noch formal beschließen, wollte nun aber frühzeitig diese Personalie regeln. Auch den künftigen Finanzchef und die Nachfolge des Personalvorstands, den Schmitz derzeit ebenfalls innehat, will das Gremium zu einem späteren Zeitpunkt benennen, wie es mitteilte. Die Hauptversammlung hat RWE nun auf den 26. Juni verschoben, sie solle wie bei den meisten Dax-Konzernen nach neuem Aktionärsrecht rein virtuell durchgeführt werden, teilte RWE am Dienstag mit.