Essen. RWE-Chef Rolf Martin Schmitz hat eine starke Bilanz für 2019 vorgelegt, Gewinn mehr als verdoppelt. Trotzdem stürzt die Aktie heftig ab.
Trotz guter Geschäftszahlen ist die Aktie des Stromkonzerns RWE am Donnerstagmorgen drastisch abgestürzt – bis zum Nachmittag um mehr als 16 Prozent. Damit erwischte die allgemeine Börsentalfahrt wegen der Sorgen vor einer Ausweitung der Corona-Krise den Essener Erzeuger noch deutlich heftiger als die die anderen Dax-Unternehmen im Durchschnitt. Analysten hatten offenbar vor allem eine noch stärker steigende Dividende erwartet. Sie soll für 2019 von 70 auf 80 Cent und im laufenden Geschäftsjahr auf 85 Cent steigen.
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RWE hatte am Morgen für das Geschäftsjahr 2019 gute Zahlen vorgelegt – der bereinigte Nettogewinn konnte mit rund 1,2 Milliarden Euro mehr als verdoppelt werden, der bereinigte Gewinn aus dem operativen Geschäft heraus (Ebitda) stieg von 1,5 auf 2,1 Milliarden Euro. Damit übertraf der Stromproduzent seine eigenen Prognosen. Der Umsatz sank leicht auf 13,2 Milliarden Euro, weil RWE weniger Strom aus Braunkohle und Kernkraft produziert und insgesamt weniger verkauft hat, dies aber deutlich rentabler als im Vorjahr.
4,6 Milliarden für Rekultivierung
RWE hat seine Rücklagen für die Rekultivierung der Braunkohle-Tagebaue um zwei Milliarden auf 4,6 Milliarden Euro erhöht – und in „ein separates Finanzportfolio“ ausgelagert, teilte Finanzchef Krebber mit. Die Mehrkosten entstehen unter anderem durch Planungsänderungen, etwa zum Erhalt des Hambacher Forsts.
Hinterlegt werden dafür die 2,6 Milliarden Euro Entschädigung für den Braunkohleausstieg und die Beteiligung an Eon – zurzeit hält RWE 16,7 Prozent am Nachbarn. Sollte das am Ende nicht reichen, haftet die RWE AG aber ohnehin als Ganzes für die Rekultivierungskosten.
Die Nettoverschuldung sei auf sieben Milliarden Euro und damit „auf ein historisch niedriges Niveau“ gesunken, betonte Finanzchef Markus Krebber in der wegen der Corona-Ausbreitung telefonisch durchgeführten Bilanzpressekonferenz. Für das laufende Geschäftsjahr rechnet RWE mit einem erneut steigenden Betriebsgewinn (Ebitda) von 2,7 bis 3,0 Milliarden Euro. Als Nettogewinn sollen 850 Millionen bis 1,15 Milliarden Euro übrig bleiben. Als mittelfristiges Ziel gibt der Konzern an, bis 2022 jährlich um sieben bis zehn Prozent bessere Ergebnisse zu erzielen.
Schmitz: „Ein herausragendes Jahr für uns“
RWE-Chef Rolf Martin Schmitz sprach von einem „herausragenden Jahr“. Zugleich kündigte er Investitionen in Erneuerbare Energien von fünf Milliarden Euro bis zum Jahr 2022 an, davon eine Milliarde in deutsche Projekte. Der Zubau soll insgesamt Kapazitäten von vier Gigawatt (GW) an Wind- und Solarkraft bringen. „Bis 2040 wollen wir klimaneutral sein“, sagte Schmitz. RWE will sich parallel zum Braunkohleausstieg bis 2038 zu einem der größten Ökostromproduzenten weltweit profilieren.
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Die guten Gewinne resultierten vor allem aus einem stark verbesserten Energiehandel und dem gut laufenden Gasgeschäft. Die Aktionäre sollen davon profitieren: Der Vorstand schlägt der Hauptversammlung eine Dividende von 80 Cent für das abgelaufene Jahr vor, 10 Cent mehr als 2018. Für das laufende Geschäftsjahr sollen weitere fünf Cent dazu kommen.
Davon werden auch die vielen an RWE beteiligten Kommunen profitieren, Dortmund als größter kommunaler Einzelaktionär wird diesmal rund 19 Millionen Euro an Dividende erhalten, Essen 15 Millionen. Dortmund hatte unlängst unserer Zeitung gegenüber erklärt, noch mehr RWE-Aktien kaufen zu wollen.„Unser Ziel ist es, unser Engagement bei RWE auszubauen“, sagte Guntram Pehlke, der Chef der Stadtwerke DSW 21.
RWE wartet auf Ökostromgeschäfte von Innogy
RWE steht kurz davor, seinen radikalen Umbau abzuschließen, der mit dem Eon-Deal zur Zerschlagung der früheren RWE-Tochter Innogy einhergeht. Eon hat das Netzgeschäft und den Vertrieb bereits von RWE übernommen, RWE im Gegenzug die Ökostromsparte von Eon erhalten. Nun fehlt noch die Weitergabe der von Eon zunächst formal mit übernommenen Erneuerbaren Energien von Innogy an RWE. Erst dann kann Schmitz seine geplante Ökostrom-Offensive aus einer Hand organisieren. Man sei hier aber voll im Zeitplan, betonte Finanzchef Markus Krebber auf Nachfrage.
Das wird auch die Bilanz verändern, die für 2019 zum letzten Mal als „RWE stand alone“ geführt wurde – also ohne Ökostrom von Innogy. Künftig setzt RWE auf die vier Kerngeschäfte Meereswindkraft (Offshore), Onshore-Windkraft und Solarenergie, Wasser/Biomasse/Gas und den Energiehandel mit Großkunden. „Der Eon-Deal hat uns zu einem Global Player bei den Erneuerbaren Energien gemacht“, betont Konzernchef Schmitz. Offshore sei RWE bereits die weltweite Nummer zwei.
Meereswindparks liefern Großteil der Gewinne ab
Die nicht mehr als Kerngeschäft geführten Kohle- und Atomkraftwerke sind als fünftes RWE-Segment aktuell mengenmäßig noch die Basis des Erzeugungsgeschäfts. Die Kernkraftwerke werden aber bis 2022, die Kohlekraftwerke bis spätestens 2038 abgeschaltet. Bereits 2020 soll aber das weltweite Geschäft mit Meereswindparks mit 0,9 bis 1,1 Milliarden Euro bereits den größten Beitrag zum operativen Gewinn (Ebitda) beitragen. Braunkohle und Kernkraft sollen 500 bis 600 Millionen beisteuern.
Dass RWE derzeit neue Ökostrom-Projekte vor allem im europäischen Ausland, Amerika und Asien plant und weniger in Deutschland, begründet Schmitz vor allem mit der mangelnden Akzeptanz etwa von Windrädern bei den Bürgern. „Wenn niemand von zu Hause aus ein Windrad sehen will, wird es schwer in einem dicht besiedelten Land wie unserem“, sagte Schmitz. Das und die teils kriminellen Proteste von Kohlegegnern sorgt im Ausland für ein „verheerendes Echo“, was den Standort Deutschland betreffe.
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Aber auch die Bundesregierung sieht RWE in der Pflicht, bessere Rahmenbedingungen für den Ausbau der Erneuerbaren zu schaffen. „Der Solardeckel muss weg“, forderte Finanzchef Krebber, das sei aber bereits auf dem weg. Auch bei der Windkraft und den umstrittenen Abstandsregeln vernehme man aus Berlin „Zeichen, die in die richtige Richtung weisen“.