Essen. NRW hat 3,8 Milliarden Euro Soforthilfe an 365.000 Betriebe gezahlt. Gastronomie erwartet trotzdem Pleitewelle und fordert Öffnung noch im Mai.

Tausende Gastronomen und Hoteliers stehen in NRW vor dem Aus – ihrem Verband zufolge auch, weil sie lange auf das Kurzarbeitergeld und die Soforthilfen warten mussten oder noch müssen. Inzwischen sind die Hilfen bei den meisten angekommen, trotzdem pocht der Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) NRW darauf, dass Restaurants und Hotels bald wieder öffnen dürfen. Am Mittwoch beraten Kanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten darüber. „Wir erwarten am Mittwoch eine Öffnungs-Perspektive noch für Mai“, sagte Dehoga-Sprecher Thorsten Hellwig unserer Zeitung.

Gastgewerbe fordert Öffnung noch im Mai

Weil sie als erste schließen mussten und fast als letzte wieder öffnen dürfen, kämpfen etliche Wirte und Hoteliers um ihre Existenz. Zudem erwarten sie, auch nach einer Öffnung noch „50 bis 80 Prozent“ an Umsatzeinbußen im Vergleich zum Vorkrisenniveau zu haben, so die Dehoga-Schätzung. Denn wegen der erwarteten Abstandsregeln werden viele Tische und Plätze in den Restaurants frei bleiben müssen. Auch der Außer-Haus-Verkauf habe die Verluste kaum kompensieren können. Der Dehoga fordert deshalb zusätzlich ein eigenes Rettungspaket für seine Branche.


Hinzu kommt die mangelnde Erfahrung der gesamten Branche mit dem Instrument der Kurzarbeit. Wie für den Einzelhandel war der Umgang damit völliges Neuland, im April wurde es dann für viele Betriebe bereits eng, weil sie beim Kurzarbeitergeld in Vorleistung treten müssen. Die staatliche Leistung von 60 bzw. 67 Prozent des Nettoentgelts zahlt zwar die Bundesagentur für Arbeit (BA), doch der Arbeitgeber muss sie vorschießen und anschließend mit der Agentur abrechnen. Ende April klagten laut Dehoga NRW acht von zehn Gastronomen und Hoteliers in einer Umfrage, sie hätten das Kurzarbeitergeld für März noch nicht erhalten. Ihr Verband fordert, das Kurzarbeitergeld direkt an die Betroffenen zu zahlen.

92 Prozent haben ihre Soforthilfe bekommen

NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) ist zufrieden mit der Bearbeitung und Auszahlung der Soforthilfen in NRW.
NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) ist zufrieden mit der Bearbeitung und Auszahlung der Soforthilfen in NRW. © FUNKE Foto Services | Olaf Fuhrmann


Viele Wirte klagten zuletzt auch darüber, dass sie noch auf ihre bereits bewilligte Soforthilfe vom Land warteten. Die ist inzwischen aber bei den allermeisten angekommen: In NRW sind nach Angaben des Wirtschaftsministeriums bisher rund 395.000 Anträge auf Soforthilfe bewilligt und davon bereits 365.000 ausgezahlt worden. Damit haben rund 92 Prozent der Betriebe, Freiberufler und Solo-Selbstständigen inzwischen ihr Geld erhalten. Bei Einzelbeträgen je nach Betriebsgröße zwischen 9000 und 25.000 Euro flossen in NRW bis Ende April insgesamt 3,8 Milliarden Euro Corona-Soforthilfen.


Wegen Betrugsfällen hatte das Land die Soforthilfen im April zwei Wochen lang aussetzen müssen, eine neue Betrugsmasche führt aktuell nicht zu einem Zahlungsstopp. Entsprechend zufrieden zeigt sich Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) nun mit dem Zwischenstand: „Bei der Auszahlungsquote und der durchschnittlichen Bearbeitungsdauer von acht Tagen sind wir bundesweit mit führend. Und wir werden weiterhin die Anträge energisch abarbeiten“, sagte Pinkwart unserer Zeitung. Und: „Es ist ein gutes Signal, dass die Soforthilfe auch bei den von der Corona-Krise betroffenen Betrieben ankommt.“

Kurzarbeitergeld soll binnen 15 Tagen fließen

Der Dehoga bestätigt, dass die Gelder inzwischen besser fließen, das gelte auch für das Kurzarbeitergeld. Man bemühe sich dazu auch als Verband um eine engere Abstimmung mit den örtlichen Arbeitsagenturen. Die BA-Regionaldirektion NRW betont, man habe der riesigen Antragswelle zu Beginn der Krise erst einmal Herr werden müssen. Viele Mitarbeiter wurden aus der Vermittlung zur Bearbeitung der Kurzarbeits-Anzeigen umgeschult, inzwischen habe man auch dank externer Amtshilfe aus anderen Behörden und von der Post die Zahl der Mitarbeiter für Kurzarbeit um das 14-Fache erhöht.

„Wir hatten viel aufzuholen“, sagt Christoph Löhr, Sprecher der NRW-Regionaldirektion. Inzwischen sei man bei der Bearbeitung der Anträge aber bereits tagesaktuell, betont er. Für die Rückerstattung des Kurzarbeitergeldes verspricht die BA, dass binnen 15 Tagen das Geld ankommt, auch hier sei man aktuell aber schneller, sagt Löhr, derzeit dauere das weniger als eine Woche.