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Die FDP kritisiert die geplante Steag-Übernahme. Sie warnen, die Stadtwerke könnten sich die Finger verbrennen. Das finanzielle Risiko für verschuldete Revierstädte sei hoch.

Der Stadtwerke-Zusammenschluss zur Übernahme des Energieerzeugers Steag fürchtet wachsenden politischen Widerstand. Gestern, pünktlich zur aktuellen Stunde im NRW-Landtag, reagierte das Konsortium auf sieben Kritikpunkte. Offenbar fürchten die kommunalen Betriebe eine politische Debatte über die Größe des Vorhabens.

So wies der Verbund, zu dem die Stadtwerke Dortmund, Essen, Bochum und Duisburg gehören, einen Be­richt unserer Zeitung zurück, demzufolge die Gruppe plane, „die größte deutsche Erzeugungsplattform im konventionellen wie auch im regenerativen Bereich zu schaffen“. Damit würden die kommunalen Betriebe auch zum Angriff auf Konzerne wie Eon und RWE blasen. Mit RWE sind die Stadtwerke geschäftlich verbunden. In einer Presseerklärung wies das Stadtwerke-Konsortium Rhein-Ruhr gestern den Bericht als „falsch zitiert“ zurück. Ziel sei vielmehr, „größte deutsche kommunale Erzeugerplattform zu werden“.

„Ökonomisch starke Stütze der Region Rhein-Ruhr“

Da scheinen die kommunalen Unternehmer ihre eigene Strategie nicht zu kennen. Sowohl in der nicht öffentlichen Vorlage für den Rat der Stadt Essen als auch in der Vorlage für die Aufsichtsratssitzung der Stadtwerke Duisburg findet sich genau der von uns zitierte Satz. Die Stadtwerke wollen nicht weniger als ein integriertes kommunales Versorger-Netzwerk rund um die Steag aufbauen, die allein einen Anteil an der Stromerzeugung in Deutschland von zehn Prozent aufweist. Ziel: „Eine ökonomisch starke Stütze der Region Rhein-Ruhr“.

Wie es in der Mitteilung weiter heißt, erhalte das Konsortium „keine Kommunalkredite“. Auch das ist falsch. In der beschlossenen Ratsvorlage für die Stadt Essen heißt es unter dem Punkt Finanzierung: Die „Stadtwerke Essen AG ist seit 01.07.2010 Mitglied im Cash-Pool der Stadt Essen. Hier verfügen die Stadtwerke über eine Kreditlinie von 7,7 Millionen Euro, die nach vorheriger Absprache mit der Stadt Essen jederzeit erweiterbar ist.“

Zugleich bestätigte das Konsortium das Interesse an den weiteren 49 Prozent der Steag, die die Gruppe allerdings erst später übernehmen will. Dazu soll es eine Optionsklausel in den Kaufverträgen geben, die die Beteiligten am 17. Dezember unterzeichnen wollen.

„Größenwahnsinnige Kommunalpolitiker betreiben Harakiri“

Zudem sollen weitere kommunale Partner hinzukommen. Interesse haben nach Informationen dieser Zeitung die Stadtwerke Herne, Gevelsberg und der Hagener Versorger Enervie. Das Konsortium denkt auch an einen strategischen Partner für die übrigen 49 Prozent. Das könnte der Entsorger Remondis sein oder auch ein Unternehmen mit Zugang zu Gasvorkommen.

Im Landtag wurden die Pläne gestern bereits heftig diskutiert. Vor allem die FDP kritisiert, dass die Kommunalversorger der hoch verschuldeten Städte Essen, Dortmund, Duisburg, Bochum, Oberhausen und Dinslaken stolze 614 Millionen Euro geboten ha­ben, um 51 Prozent der Steag zu kaufen. „Größenwahnsinnige Kommunalpolitiker betreiben Harakiri“, wettert FDP-Fraktionschef Gerhard Papke und fordert Innenminister Ralf Jäger (SPD) auf, die bevorstehende Übernahme zu stoppen. Es gehöre nicht zur Daseinsvorsorge der Städte, künftig Kraftwerke in Kolumbien zu betreiben, so Papke. Die finanziellen Risiken für die Bürger seien trotz einer vorgeschalteten Übernahmegesellschaft erheblich: „Dagegen ist die Wall Street ein gemeinnütziger Verein.“

„Rechtskontrolle“ des Ge­schäfts“

Jäger wies darauf hin, dass die Landesregierung nicht in das Bieterverfahren eingreifen werde. Ihm obliege lediglich die „Rechtskontrolle“ des Ge­schäfts. Es sei nicht seine Aufgabe zu prüfen, „inwieweit die Übernahme sinnvoll oder finanziell attraktiv ist“.

Die rot-grüne Regierungskoalition und die CDU begrüßen die Pläne dagegen unter Vorbehalten. CDU-Wirtschaftsexperte Hendrik Wüst hält es prinzipiell für richtig, wenn sich die Stadtwerke besser für den lokalen Wettbewerb im Strommarkt rüsten, fordert aber die Beteiligung eines privaten Partners. Ähnlich äußerten sich SPD und Grüne. Durch eine komplette Übernahme käme auf die Kommunalversorger eine Belastung von mehr als einer Milliarde Euro zu. „Hier sind wir skeptisch und hielten es für klüger, einen Partner gerade für das Auslandsgeschäft ins Boot zu holen“, sagte Grünen-Politikerin Daniela Schneckenburger unserer Zeitung.