Die Steag-Übernahme soll erst der Anfang sein: Die Revierstädte wollen die Stromriesen Eon und RWE an Rhein und Ruhr abhängen.
Die Rekommunalisierung der deutschen Energieversorgung ist derzeit ein heiß diskutiertes Thema. Doch niemand geht bei der Verstaatlichung so weit wie die Stadtwerke im Ruhrgebiet. Diese wollen nach Recherchen von DerWesten rund um den Erwerb des Kraftwerkbetreibers Steag den größten deutschen Stromversorger aufbauen. Das Ziel der Gemeindebetriebe zwischen Duisburg und Dortmund: Die Energieriesen Eon und RWE sollen in ihren Heimatmärkten abgehängt werden.
In einem vertraulichen Papier, das DerWesten vorliegt, heißt es wörtlich: Die Partner „planen die Übernahme von 51 Prozent der Steag mit der Vision, die größte deutsche Erzeugungsplattform im konventionellen als auch regenerativen Bereich zu schaffen.“ Damit nicht genug. Nach Informationen dieser Zeitung diskutieren bereits Oberbürgermeister aus dem Ruhrgebiet mit den Stadtwerke-Chefs über die nächsten Schritte.
Ein Riese wie die alte VEW
Demnach wollen etliche Revierstädte die Konzessions-Verträge für Stromnetze mit dem Energiekonzern RWE nicht verlängern. Zusätzlich soll RWE auch noch im Rahmen einer vom Kartellamt verordneten Überprüfung der Beteiligungen aus den Dortmunder Stadtwerken gedrängt werden. Danach wollen die beteiligten Gemeinden ihre Netze, die Erzeugungskapazitäten der Steag sowie ihre Handels- und Vertriebsstrukturen in einem gemeinsamen Verbund organisieren.
Würde dieser Plan Realität, hieße das, ein neuer Energieriese von der Größe und der Bedeutung der alten VEW würde entstehen. In dem internen Papier heißt es dazu: „Die Steag soll in Zukunft Teil eines vertikal integrierten kommunalen Versorger-Netzwerkes eigenständiger Unternehmen sein.“ Das Ziel dieses Netzwerkes sei es, eine „starke ökonomische Stütze der Region Rhein-Ruhr“ zu bilden. Perspektivisch wird die Zusammenarbeit etwa mit der Thüga rund um die Stadtwerke Hannover, Nürnberg und Frankfurt geplant.
Steag soll in eine
Zwischenholding
Interessant ist das Konstrukt, das sich innerhalb des Versorger-Netzwerkes entfalten soll. So wollen die Gemeinden Oberhausen, Dinslaken, Duisburg, Essen, Bochum und Dortmund ihre Steag-Anteile in einer Zwischenholding halten. Dazu kommt der Gas- und Wasserversorger Gelsenwasser, der von den Stadtwerken Bochum und Dortmund kontrolliert wird. Die Städte Gelsenkirchen und Bottrop überlegen, ihre Beteiligung an dem Versorger ELE in das Geflecht einzubringen.
Ob der ehrgeizige Plan umgesetzt werden kann, bleibt aber fraglich. In Bochum und Dortmund regt sich Widerstand. Die Steag-Übernahme sei zu teuer, heißt es. Neben den bereits bekannten 51 Prozent will der Verkäufer Evonik, dass die Städte für die restlichen 49 Prozent schon jetzt eine Kaufzusage machen. Die Kosten lägen dann bei über einer Milliarde Euro. Zudem heißt es in Finanzkreisen, der Entsorger Remondis biete weiter um die Steag mit. So habe ein Vertreter der Remondis-Eigentümer-Familie Rethmann dem Chef der Bochumer Stadtwerke, Bernd Wilmert, angeboten, die Steag je zur Hälfte untereinander aufzuteilen. Die Stadtwerke lehnten dieses Angebot allerdings noch ab.