Hamburg. .
Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) befürwortet kräftige Lohnerhöhungen in allen Branchen – und wird dafür erstaunlicherweise vom Deutschen Gewerkschaftsbund heftig kritisiert.
Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) spricht sich für deutlich höhere Löhne in Deutschland aus. „Wenn die Wirtschaft boomt, sind auch kräftige Lohnerhöhungen möglich“, sagte der FDP-Politiker dem „Hamburger Abendblatt“.Brüderle machte zwar deutlich, dass allein die Tarifpartner über die Höhe der Löhne entschieden und die Politik sich nicht einmischen solle. Als Vorbild nannt er aber die Stahlindustrie, wo die 85 000 Beschäftigten in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Bremen von Oktober an 3,6 Prozent mehr Gehalt bekommen. „Der Abschluss in der Stahlbranche hat gezeigt, dass ein fairer Ausgleich möglich ist, an dem sich vielleicht andere Branchen orientieren könnten“, so Brüderle.
Konjunkturlokomotive für Europa
Der Minister sagte: „Die wirtschaftliche Entwicklung ist erfreulicherweise viel kräftiger und viel nachhaltiger, als es im Frühjahr den Anschein hatte. Damals haben wir 1,4 Prozent Wachstum vorhergesagt.“ Bei der neuen Wachstumsprognose der Bundesregierung werde es „mindestens eine Zwei mit einer hohen Zahl nach dem Komma“ geben. Einen genauen Wert könne er noch nicht nennen, doch habe Deutschland beste Chancen, wirtschaftlich auch längerfristig einen guten Weg zu gehen. „Wir sind die Konjunkturlokomotive für ganz Europa“, meinte der stellvertretende FDP-Vorsitzende.
Laut Brüderle stehen die Chancen stünden derzeit gut, dass noch in diesem Jahr bei den Arbeitslosen die Drei-Millionen-Grenze klar unterschritten werde. In Süddeutschland stehe bei der Arbeitslosenquote schon jetzt eine Vier vor dem Komma. Ökonomen sprächen bei solchen Werten von Vollbeschäftigung.
Kritik vom DGB
Brüderle bekräftigte die Forderung der FDP nach einer weiteren Entlastung der Bürger. „Ich gehe davon aus, dass die Koalition noch in dieser Legislaturperiode weitere Steuersenkungen beschließen wird. So steht es im Koalitionsvertrag“, betonte er. „Zeitpunkt und Umfang für eine Reform hängen von der wirtschaftlichen Entwicklung und den Fortschritten bei der Haushaltskonsolidierung ab.“
Trotz dessen arbeitnehmerfreundlicher Forderung nach höheren Löhnen haben die Gewerkschaften Brüderle aufgefordert, sich aus Tarifdiskussionen rauszuhalten. „Die Lohnerhöhungen machen die Gewerkschaften immer noch selber“, sagte der Chef des Deutschen Gewerkschaftsbunds, Michael Sommer, dem Rundfunk Berlin/Brandenburg.
Die Politik sei immer gut beraten gewesen, dass sie sich da raus halte. Es sei jedoch in Ordnung, „wenn selbst die Liberalen mittlerweile erkennen, dass man auch eine Steigerung der Massenkaufkraft braucht, um die Wirtschaft anzukurbeln“. (mit dapd/afp)