Bochum. .
Am 25. Mai entscheidet sich, ob Opel eine staatliche Bürgschaft erhält. Unterdessen wird Kritik laut an der zurückhaltenden Vertriebspolitik. Die Belegschaft will nur auf Lohn verzichten, wenn Staatshilfe fließt.
Was im Fußball „Die Wahrheit liegt auf dem Platz“ heißt, lautet im Autogeschäft: Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) hat immer Recht, denn Zulassungszahlen lügen nicht. Der Marktanteil von Opel in Deutschland fiel in den ersten vier Monaten 2010 auf ein historisches Tief: 7,35 Prozent.
Auch wenn sich die Zentrale in Rüsselsheim nach Kräften gegen Negativ-Schlagzeilen wehrt, wird inzwischen Kritik laut an der zurückhaltenden Vertriebspolitik von Opel. Diese entzündet sich daran, dass Opel praktisch keine Werbung mehr betreibt, obwohl mit dem Astra das wichtigste Auto noch kein halbes Jahr auf dem Markt ist. Hauptkonkurrent Volkswagen dagegen brennt mit einer auf die Fußball-WM gemünzten Kampagne ein multimediales Feuerwerk ab. Keine 23 000 Astra-Zulassungen weist das KBA im ersten Drittel 2010 aus, worin die auslaufenden Versionen des alten Modells enthalten sind. Beim VW Golf sind es 94 000 Stück.
„Sehen Sie irgendwo Opel-Werbung?“, fragen inzwischen Arbeitnehmervertreter des Unternehmens rhetorisch und schütteln den Kopf darüber, dass der Astra in der Öffentlichkeit nicht stattfindet. „Nikolaus-Einführung“ wird über die politisch motivierte Fehlentscheidung gespottet, den Astra im verkaufsschwachen Dezember in den Handel zu bringen, um mit dem so genannten „Launch“ ein positives Zeichen für die Zukunft des Unternehmens zu setzen.
Händler sind unzufrieden
Opel-Händler Heiner Janssen aus Kalkar muss es wissen, schließlich ist er Vorsitzender des Marketingausschusses im Verband deutscher Opel-Händler (VDOH): „Der Astra tut sich etwas schwer. Für das Auto könnte mehr getan werden. Es kommen zu wenige aus eigenem Antrieb zum Händler.“ So sieht es auch Paul-Gerhard Ebbinghaus, VDOH-Mitglied aus Dortmund: „Wir sind als Händler unzufrieden. Es fehlt ein Frühjahrs-Relaunch des Astra.“ An der Unterstützung der Händler durch das Werk habe sich zumindest nichts geändert.
In Rüsselsheim will man von schlechten Zahlen nichts wissen. Man sei mit „dem Verkauf sehr zufrieden“, so ein Unternehmenssprecher, und habe „weitere Kampagnen in Vorbereitung“. Mit bereits europaweit 150 000 Vorbestellungen liege man im Soll, das bei insgesamt 180 000 Verkäufen 2010 liegt. Auch in Deutschland schlage sich der Astra im Vergleich zu den Vorjahren gut, aber bis Herbst fehle noch das Kombi-Modell, mit dem hierzulande die Hälfte der Verkäufe bestritten werden.
Tatsächlich sind Opels Einbrüche in Europa geringer als in Deutschland, aber auch hier spricht die Statistik eine eigene Sprache. Im ersten Quartal wurden 260 000 Opel gebaut, nur geringfügig mehr als im katastrophalen Vorjahreszeitraum. Opels Anteil an der europäischen Autoproduktion sank von 7,4 auf 6,9 Prozent. Nur Toyota verlor stärker. Zur Fußball-WM erscheinen als Hoffnungsträger ein Corsa-Sondermodell und der neue Minivan Meriva. Und vielleicht wird Deutschland ja auch Weltmeister.
IG Metall setzt Konzern und Politik unter Zugzwang
Derweil setzt die Gewerkschaft IG Metall Konzern und Politik unter Zugzwang. Die Belegschaft will ihre Zugeständnisse in Milliardenhöhe nur gewähren, wenn auch Staatshilfe fließt, sagte der Frankfurter IG-Metall-Bezirkschef und Opel-Aufsichtsrat Armin Schild dem „Handelsblatt“ (Donnerstagausgabe). „Sollte die Unterstützung für Opel durch den Bürgschaftsausschuss der Bundesregierung abgelehnt werden, entfällt die wesentliche Begründung für den Abschluss.“
Das Abkommen habe ausschließlich den Zweck, „die Entscheidung über Staatshilfe zu ermöglichen“. Die Zusagen würden deshalb an die Bedingung geknüpft, dass „Staatshilfe im ausreichenden Volumen gewährt wird“.
Die Gewerkschaft setzt damit in der Entscheidungsphase über deutsche Staatshilfen für Opel den Konzern und die deutschen Politik unter Zugzwang. Denn wenn Berlin seine Hilfe verweigert, sehen sich damit auch die Arbeitnehmer nicht mehr an ihre Zusagen gebunden.
Im Ringen um frische Gelder hat sich Opel dem Bericht zufolge inzwischen die Unterstützung der Deutschen Bank gesichert. Laut Informationen der Zeitung wird das Geldinstitut eine „führende Rolle“ im Bankenkonsortium übernehmen, das auf Grundlage möglicher Staatshilfen den Kredit für Opel bereitstellen soll. Opel selbst teilte mit, noch in dieser Woche über das Bankenkonsortium informieren zu wollen. Die Staaten sollen für Opel bürgen, das Geld käme von den Banken. (ddp)