Berlin. Aus Angst um die wirtschaftliche Existenz haben Milchbäuerinnen in einem Gespräch mit Angela Merkel eine stärkere Kontrolle der Milchquoten gefordert. In Frankfurt protestieren 2500 Landwirte wegen Preisverfalls.

Bei einem Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) haben Milchbäuerinnen am Freitag in Berlin ein stärkere Kontrolle der Milchquoten gefordert. Um die Probleme der Milchbauern zu lösen, sei eine «sofortige Mengenanpassung an die Nachfrage» nötig, erklärte die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL). In Frankfurt am Main demonstrierten 2500 Landwirte im Bankenviertel für staatlichen Hilfen.

Angesichts sinkender Preise für Agrarprodukte seien derzeit viele Bauern in Deutschland in ihrer «wirtschaftlichen Existenz gefährt», erklärte die AbL. Aus Sicht der Milchbauern sei es deswegen nötig, die auf EU-Ebene beschlossene Erhöhung der Milchquoten zurückzunehmen «bis das Angebot dem Bedarf entspricht». Die kürzlich von der Bundesregierung in Aussicht gestellte Senkung der Steuer für Agrardiesel löse die Probleme der Milchbauern nicht. Es scheine, dass die Bundesregierung mit ihrer Ankündigung eher von den Schwierigkeiten ablenken wolle.

Thema ist Chefsache

Der Milchbauernverband BDM begrüßte, dass Merkel bei dem Treffen beteuert habe, «das Thema Milch zur Chefsache» zu machen. Nach den Protesten von Bäuerinnen vor dem Kanzleramt mit Hungerstreiks scheine die Kanzlerin die «Situation der Milchbauern erkannt zu haben». Merkel habe angekündigt, mit den Regierungschefs anderer Staaten angesichts der Wirtschaftskrise darüber beraten zu wollen, ob die Liberalisierung der Landwirtschaft der «tatsächlich richtige Weg sei», erklärte der BDM.

Der Deutsche Bauernverband (DBV) forderte bei der Großkundgebung im Frankfurter Bankenviertel für die deutschen Landwirte Hilfen, wie sie der Staat auch der Finanzbranche gewährt hat. Ein «Schutzschirm für die landwirtschaftlichen Betriebe» sei nötig, da viele Höfe durch die Wirtschafts- und Finanzkrise immer weiter «in den Abgrund gerissen» würden, erklärte DBV-Präsident Gerd Sonnleitner. Zuvor fuhren Bauern aus Hessen und benachbarten Bundesländern bei einer Sternfahrt mit 200 Trekkern an den Banken-Hochhäusern vorbei.

Noch nie so wenig verdient

Die derzeitige Wirtschaftskrise sei «vor allem von den Banken ausgelöst» worden, erklärte der Chef des hessischen Bauernverbandes, Friedhelm Schneider. Den Banken werde jedoch geholfen, wohingegen die Bauern die Folgen der Wirtschaftskrise ohne staatliche Hilfe tragen müssten. Nie hätten Landwirte mit ihren Produkten so wenig verdient.

Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) forderte angesichts der Probleme der Milchbauern Zusammenschlüsse von Molkereien. «Die Molkereien sollten den Schulterschluss wagen, ihre Marktmacht endlich bündeln», sagte Aigner der «Passauer Neuen Presse». 60 bis 70 Prozent der Molkereien seien in der Hand von Genossenschaften, die Bauern könnten dort mitreden. Sie erwarte, dass die Landwirte «den Druck erhöhen und ihren Einfluss geltend machen».

Die Molkereien müssten zudem innovativer werden, forderte Aigner. «Sie müssen die Produktpalette ständig erweitern und erneuern.» Auch den Export könnten die Molkereien steigern: «Hier liegt großes Absatzpotenzial brach.» (afp)