Düsseldorf. Dank steigender Mieten und Erlösen aus dem Stromverkauf will die LEG wieder Dividende zahlen. Das erwartet Mieter im laufenden Jahr.
Die LEG, die größte Vermieterin in Nordrhein-Westfalen, erklärt den Höhepunkt der Immobilienkrise für überwunden und will ihren Aktionären nach einem Jahr Karenz wieder eine „attraktive Dividende“ zahlen. Das funktioniert auch deshalb, weil die Mieten im vergangenen Jahr um durchschnittlich vier Prozent gestiegen sind.
In der Immobilien-Branche herrscht wieder Zuversicht. Seitdem die Zinsen nicht weiter steigen und die Baukosten wieder fallen, glaubt man, die Talsohle durchschritten zu haben. „Für die LEG ist der Höhepunkt der Immobilienkrise vorbei“, sagt selbstbewusst auch der Vorstandsvorsitzende Lars von Lackum. „Aus dem wohnungswirtschaftlichen Krisenjahr 2023 gehen wir als LEG gestärkt hervor.“ Bei der Vorlage der Bilanz unterstreicht der Manager die „Ausgabendisziplin“ seines Unternehmens. Die LEG senkte die Investitionen und erhöhte die Kaltmieten um vier Prozent auf 6,58 Euro pro Quadratmeter. Dank der ungebrochen hohen Nachfrage sank die Leerstandsquote abermals auf 2,4 Prozent der rund 166.000 LEG-Wohnungen.
LEG: Operativer Gewinn steigt, 1,5 Milliarden Verluste in der Bilanz
All das führte dazu, dass das Düsseldorfer Unternehmen seinen operativen Gewinn (Branchenkennzahl AFFO) um 66,5 Prozent auf 181,2 Millionen Euro steigern konnte. Damit sei die Prognose übertroffen worden. Gutes Geld verdiente es nach eigenen Angaben auch mit dem Verkauf von grünem Strom. Dabei muss die LEG aufgrund von Abschreibungen in Höhe von 11,9 Prozent auf ihren Immobilienbesitz in den Büchern einen hohen Verlust (Periodenergebnis) von mehr als 1,5 Milliarden Euro ausweisen. Die nächste turnusgemäße Bewertung der Immobilien kündigt von Lackum für den 30. Juni an.
Das gut laufende Vermietungsgeschäft nimmt der LEG-Vorstand zum Anlass, seinen Aktionären einen „attraktiven Dividendenvorschlag in Höhe von 2,45 Euro je Aktie“ zu unterbreiten. Für das Geschäftsjahr 2022 waren 1,50 Euro vorgesehen. Angesichts der Immobilienkrise verzichtete die LEG allerdings komplett auf eine Ausschüttung.
LEG-Mieten sollen auch 2024 weiter steigen
Vorstandschef von Lackum zeigt sich auch für das laufende Jahr optimistisch. „Die Stabilisierung der Zinsen und die absehbare Öffnung der Transaktionsmärkte sind weitere, gute Nachrichten für die Branche und für die LEG. Hinzu kommt die weiter steigende Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum“, heißt es in einer Mitteilung.
Die LEG erwartet, dass die Mieten im Schnitt um 3,2 bis 3,4 Prozent steigen werden. „Wir sehen deutliche Mietsteigerungen voraus“, sagt von Lackum. „Das ist schlecht für unsere Kundinnen und Kunden, für uns als Unternehmen aber ökonomisch von großem Vorteil.“ Bei den Investitionen will das börsennotierte Unternehmen nach eigenen Angaben abermals auf die Bremse treten – auch beim Neubau. Derzeit werden lediglich noch drei begonnene Projekte fertiggestellt, darunter eines in Essen. Das verbleibende Gesamtvolumen beträgt lediglich etwas über 82 Millionen Euro bis 2025“, schreibt die LEG. „Dann wird auch das letzte verbleibende Neubauprojekt der LEG fertiggestellt sein.“
Von Lackum: Neubau-Wohnungen nicht mehr bezahlbar
Projektentwicklung sei in Deutschland eine „trauriges Kapitel“ geworden, klagt von Lackum. Ihm tue es weh, dass sich die LEG aus dem Neubau von Wohnungen ausgestiegen sei. „Mieten von 18 bis 21 Euro pro Quadratmeter passen einfach nicht zu uns“, sagt der LEG-Chef im Hinblick auf hohe Baukosten und Grundstückspreise. Neuer Wohnraum müsse bezahlbar sein, fordert von Lackum und führt eine ganze Liste von Maßnahmen auf, die genau dazu nicht führten. „Leerstehende Büros in Wohnungen umzuwandeln, ist viel zu teuer“, meint der Manager. Aber auch die Schließung von Baulücken sei „eine Mär“. Die Bebauung von Freiraum in einer Siedlung stoße auf den Widerstand von Anwohnerinnen und Anwohnern und brauche deshalb viel Zeit. „Und die meisten Dachgeschosse sind schon aufgestockt. Gucken Sie sich doch mal in Düsseldorf um“, rät von Lackum.
Als Weg aus der Wohnungskrise sieht der LEG-Chef nur eine Alternative: „Wir brauchen größere Flächen in der Nähe von Städten und müssen dort Tausende von Wohnungen mit standardisierten Verfahren und in Fertigbauweise errichten“, fordert von Lackum und erinnert Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) an sein Versprechen, große Flächen für den Wohnungsbau zur Verfügung zu stellen.
Keine Lösung für kostengünstige Gebäude-Sanierung
Probleme sieht er aber auch bei der energetischen Sanierung bestehender Wohngebäude. „Unsere Branche hat noch keine Lösung für eine kostengünstige Dekarbonisierung gefunden“, räumt der LEG-Chef ein. Die zwei bis drei Euro pro Quadratmeter Wohnfläche, die die Unternehmen für neue Dächer, Heizungen und Dämmung umlegen dürfen, seien für viele Mieterinnen und Mieter nicht erschwinglich und auf der anderen Seite für die Eigentümer nicht kostendeckend.
Die LEG verfolge deshalb die Strategie, sich mit sogenannten Mehrwert-Dienstleistungen neue Geschäftsfelder und Einnahmequellen zu erschließen. Dazu, so von Lackum, gehöre der Verkauf von grünem Strom, aber auch die Beteiligung an Firmen wie Renowate, die serielle Lösungen für die Haussanierung anbieten. Inzwischen ist die LEG auch bei Termios Pro eingestiegen. Das Unternehmen entwickelt smarte Thermostate, deren Einsatz beim Heizen zu 30 Prozent weniger CO2-Ausstoß führen soll.
Der Mieterbund NRW übt scharfe Kritik an der einst öffentlich-rechtlichen Landesentwicklungsgesellschaft. Mit vier Prozent seien die Mieten bei der LEG doppelt so stark gestiegen wie im bundesweiten Durchschnitt. „Damit zahlen die Mieter und alle, die auf der Suche nach einer bezahlbaren Wohnung sind, die Zeche für die Strategie der Profitmaximierung“, sagt der Vorsitzende des Mieterbunds NRW, Hans-Jochem Witzke. Gewinne aus den Mieteinnahmen würden an die Aktionäre ausgeschüttet, anstatt in Erhalt und Neubau zu fließen. Witzke: „Die LEG zeigt exemplarisch, wie Wohnraum, der an der Börse gehandelt wird, zu einer Umverteilung von unten nach oben beiträgt.“
Weitere Texte aus dem Ressort Wirtschaft finden Sie hier:
- Vorwerk-Chef: Meine Frau wollte auch keinen Thermomix haben
- Biermarkt: Darum verkauft Stauder schweren Herzens wieder Dosenbier
- Sorgen bei Thyssenkrupp: „Stahlindustrie kämpft um Existenz“
- Galeria-Doppelschlag gegen Essen: Warenhaus und Zentrale weg
- Menschen in Not: So reagieren Einzelhändler auf Bettler vor ihrer Ladentür