Essen. Pottsalat-Gründer Ben Küstner spricht im Podcast über den Shitstorm nach dem AfD-Treffen, radikale Mehrweg-Pläne und die Folgen der Expansion.

Ben Küstners Start-up Pottsalat setzt auf gesunde Ernährung in plastikfreien Verpackungen, die von einer multinationalen Belegschaft zubereitet und ausgeliefert wird. Nicht eben die klassischen Merkmale, die ein Unternehmen verdächtig machen, dem rechten Rand und der AfD nahezustehen. „Wir haben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aller Herkünfte und Nationen, die wissen, dass wir nicht so drauf sind“, sagt Küstner in unserem Podcast „Die Wirtschaftsreporter“.

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Dennoch hat er eine vierwöchige Abwehrschlacht hinter sich, nachdem bekannt wurde, dass der Pottsalat-Investor Hans-Christian Limmer, der auch bei der Burgerkette Hans im Glück Gesellschafter war und vor 20 Jahren Backwerk gegründet hat, an der Organisation des Geheimtreffens ultrarechter Kräfte in Potsdam beteiligt war. Dessen Teilnehmer und Inhalte hatte das Recherchenetzwerk Correctiv aufgedeckt, mithin die Pläne, Millionen Menschen mit Migrationshintergrund aus dem Land zu schaffen. Seitdem weiß man, was die AfD mit ihrer Forderung nach „Remigration“ meint, seitdem gingen Hunderttausende in Deutschland auf die Straße, um gegen den Rechtsruck zu demonstrieren.

„Ich war total überrascht, von solchen Themen war zwischen uns nie die Rede“, erinnert sich Ben Küstner an den Moment, als er von der Enthüllung erfahren hat. Nach Veröffentlichung des Correctiv-Artikels habe es frühmorgens die ersten bösen Kommentare in den sozialen Medien gegeben, „bevor ich mit Christian überhaupt sprechen konnte, ging es mit dem Shitstorm schon los“, erzählt Küstner. Nachdem er mit Limmer gesprochen habe, „war mir klar, das wird jetzt eine große Nummer, darauf müssen wir sofort reagieren“. Deshalb habe man noch vor der eigentlichen Stellungnahme das Pottsalat-Logo geändert - mit einem durchgestrichenen Hakenkreuz.

Pottsalat-Investoren müssen sich zur Demokratie bekennen

„Limmer hat mir gesagt, dass die Vorwürfe gegen ihn so nicht stimmen, er aber einen Fehler gemacht hat. Deshalb hat er gleich angeboten rauszugehen, um weiteren Schaden von der Firma abzuwenden“, berichtet Küstner. Nach der Trennung schrieb er in die Satzung von Pottsalat ein Demokratie-Bekenntnis. „Dazu muss sich auch jeder Investor bekennen und darf keine Aktivitäten fördern, die gegen unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung gerichtet sind.“

Doch die Kritik wollte nicht abreißen. Nachdem Pottsalat noch eine gemeinnützige „Bunter-ist-besser-Bowl“ auf die Karte hob, deren Einnahmen an Organisationen gehen, die sich gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit einsetzen, kam als Kritik, man wolle die Situation ausnutzen. „Egal, was wir gemacht haben, war falsch, in den sozialen Netzwerken gab es für alles Kritik“, sagt Küstner. Wer das Geld kriegt, entscheiden die Kunden. Bisher oft genannt wurde: Correctiv. „Auch wenn es uns getroffen hat - ich bin total dankbar für solche Recherchen, es war wichtig, das aufzudecken.“

Erlös aus gemeinnütziger Bowl könnte auch an Correctiv gehen

Dass die Umsätze aktuell nicht so berauschend seien, liege aber kaum an den Enthüllungen um Limmer, sondern vor allem an der schwachen Konjunktur. „Es gibt Leute, die uns nach wie vor sagen, bei Euch bestelle ich nicht“, räumt Küstner ein, „aber es gibt weder einen massenhaften Boykott noch sorgt unsere gemeinnützige Bowl für Umsatzsprünge.“ Natürlich habe er Sorge, dass davon etwas haften bleibt, trotzdem werde Pottsalat jetzt kein politisches Unternehmen. Stattdessen wolle man sich „weiter für gesunde Ernährung und Nachhaltigkeit engagieren“.

Pottsalat-Geschäftsführer Ben Küstner (rechts) zu Gast bei den „Wirtschaftsreportern“. Im Podcast mit Wirtschaftsressortleiter Stefan Schulte spricht er über die Trennung von Investor Limmer und die harten Wochen danach.
Pottsalat-Geschäftsführer Ben Küstner (rechts) zu Gast bei den „Wirtschaftsreportern“. Im Podcast mit Wirtschaftsressortleiter Stefan Schulte spricht er über die Trennung von Investor Limmer und die harten Wochen danach. © FUNKE Foto Services | Olaf Fuhrmann

Bisher ging es für Pottsalat immer nur bergauf: Aus der vor gut sieben Jahren in Essen gegründeten Filiale sind inzwischen neun geworden, aus denen 24 Städte mit Salaten, Bowls und Ramen-Nudelsuppen beliefert werden. „Wir sind ohne große Vision gestartet, aber uns wurden die Salate aus den Händen gerissen“, erinnert sich Küstner, jetzt sei man so weit, als neues Ziel die bundesweite Expansion auszugeben. Dafür vergibt Pottsalat Franchise-Lizenzen an selbstständige Partner, „erst am Montag haben wir einen weiteren Vertrag in Mannheim unterzeichnet“, sagt Küstner. Ob der Name „Pottsalat“ mit seinem regional begrenzten Ruhrgebiets-Charme da noch passt? „Wir spielen mit dem Gedanken, für die deutschlandweite Expansion ein Rebranding zu überlegen“, verrät er.

Als weiteres Ziel nennt der Geschäftsführer, die Mehrwegquote deutlich zu erhöhen. Obwohl Lieferdienste seit gut einem Jahr verpflichtet sind, Mehrwegverpackungen anzubieten, werden nach wie vor fast ausschließlich Einwegschalen ausgeliefert. Denn die Leute müssen aktiv nach Mehrweg fragen - und das tut nach den Erfahrungen auch des Gastronomieverbands Dehoga so gut wie niemand.

Pottsalat-Idee: Wer weiter Einweg-Verpackungen will, muss mehr zahlen

Auch bei Pottsalat sei der Mehrweganteil „relativ gering“ sagt Küstner. Er betont, seine Mehrwegschüsseln bestünden bereits aus recyceltem Material auf Holzbasis statt aus Plastik. Denn auch wenn Plastikverpackungen mehrfach benutzt würden - „irgendwann landen auch die auf dem Müll“. Er plane, das Thema Mehrweg im Sommer „bei uns deutlich in den Vordergrund zu stellen“ - und zwar mit einer recht drastischen Idee: „Das geht in die Richtung, dass wenn Du Einweg haben möchtest, mehr zahlst.“

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