Essen. Lieferant Pottsalat gerät durch Correctiv-Bericht zur AfD in die Schusslinie. Der Gründer lobt die Recherche und kritisiert Vorwürfe.

Das Geheimtreffen von Rechtsextremen löste eine Lawine an Protest aus. Mittendrin: Ein kleines Unternehmen aus dem Ruhrgebiet – Pottsalat –, dessen Investor maßgeblich an der Begegnung beteiligt gewesen sein soll. Im Gespräch mit unserer Redaktion berichtet der Mitgründer von Pottsalat, Ben Küstner, von pauschalen Anfeindungen, kräftezehrenden Tagen und der klaren Positionierung seines Lieferdienstes gegen Rechtsextremismus.

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Am 10. Januar 2024 veröffentlichte das Recherchenetzwerk Correctiv, mit Hauptsitz in Essen, Informationen zu einem Geheimtreffen Rechtsextremer im Potsdamer Hotel „Adlon“. Bei der Zusammenkunft Ende November 2023 sollen die Anwesenden unter anderem über die massenhafte Ausweisung und Vertreibung von Menschen mit Migrationshintergrund fantasiert haben. Unter den Anwesenden seien Mitglieder der AfD, der Werteunion, Unternehmer, Ärzte und Juristen gewesen.

Pottsalat in Sippenhaft? Unternehmen bekommt Hasskommentare in sozialen Netzwerken

„An dem Tag, an dem die Recherche öffentlich wurde, haben wir schon innerhalb von wenigen Minuten auf Social Media Reaktionen bekommen“, berichtet Küstner. Es folgten die ersten Hasskommentare und Forderungen von Nutzerinnen und Nutzern, die eine Stellungnahme erwarteten. Noch bevor Küstner mit Hans-Christian Limmer, seinem Geldgeber, sprechen konnte, sei die Stimmung gegenüber Pottsalat bereits negativ gewesen. Limmer soll gemeinsam mit dem ehemaligen Düsseldorfer Zahnarzt, Gernot Möring, zum Geheimtreffen eingeladen haben, heißt es in den Recherchen von Correctiv.

Obwohl Pottsalat sich schnell und eindeutig gegen Rechtsextremismus positionierte, werde die Kette seither immer wieder schlecht bei Google bewertet, so Küstner. „Auf einmal müssen wir uns um solche Dinge kümmern und mit Anwälten gegen Negativ-Bewertungen von Personen vorgehen, die gar keine Kunden von uns sind.“ Einerseits habe der überwiegende Teil ihrer Kundinnen und Kunden verstanden, dass Limmer nicht im Tagesgeschäft involviert war und Pottsalat nicht fremdenfeindlich sei. Andererseits würden einige zum Boykott aufrufen und dem Lieferdienst vorwerfen, dass sie von der Beteiligung Limmers hätten wissen müssen. Dabei habe das Unternehmen seitdem weder beim Umsatz eingebüßt noch diesen gesteigert. „Zum Glück“, heißt es.

Aufgrund der Recherchen von Correctiv trennte sich Pottsalat-Chef Ben Küstner von seinem Investor.
Aufgrund der Recherchen von Correctiv trennte sich Pottsalat-Chef Ben Küstner von seinem Investor. © Gelsenkirchen | Oliver Mengedoht

Es sei das gute Recht der Menschen, ihre Meinung zu sagen. Dennoch kritisiert Küstner: „Viele lesen nur die Überschriften.“ Der Druck sei enorm, insbesondere durch Social Media; die letzte Woche sei anstrengend, stressig und fordernd gewesen. „In der öffentlichen Wahrnehmung ist es als Betroffener grundsätzlich schon nachteilig. In dieser schnelllebigen Zeit werden oft falsche Rückschlüsse gezogen“, sagt der Pottsalat-Chef. Und weiter: „Wir wurden schon hart getroffen und bekommen es von allen Seiten“ – Pottsalat sei unschuldig in Sippenhaft geraten.

Stattdessen müsste in solchen Fällen genauer differenziert werden, wer in den Unternehmen von Vorwürfen zurecht betroffen ist und wer nicht. Über private Interessen des Investors Limmer wisse er nichts, es gehe ihn auch nichts an, stellt Küstner klar. Fakt sei: Sein Geschäftspartner habe kooperiert und von selbst angeboten, sich zurückzuziehen.

„Am eigenen Leib erlebt“: Rechtsextremismus als Gefahr für die Wirtschaft

Inwiefern tragen erstarkende Rechtsextreme zu einem Standortrisiko für deutsche Unternehmen bei? „Das Risiko besteht, das haben wir am eigenen Leib erlebt“, antwortet Küstner. Mit einem durchgestrichenen Hakenkreuz im Logo positionierte sich Pottsalat klar. „Viele Unternehmen könnten mehr tun“, sagt Küstner. „Allerdings hat die einzelne Pizzeria oder ein DAX-Konzern meistens nichts damit zu tun, was einzelne Mitarbeiter, Manager oder Investoren außerhalb des Geschäfts als Privatpersonen machen.“ Er fordere nicht, dass sich alle Unternehmen abgrenzen, würde sich das jedoch wünschen.

„Pottsalat ist ein tolerantes Unternehmen mit Beschäftigten aller Herkunft und Alters“, betont Küstner, sie seien gegen jede Form extremen Gedankengutes. Er hebt hervor: An erster Stelle solle Pottsalat als Unternehmen vorankommen. Dabei könnten sie nicht pauschal sagen, dass sie gegen die AfD seien oder bewerten, ob die Partei generell rechtsextrem sei. Allerdings gebe es andere Parteien, die mit Pottsalats Werten mehr übereinstimmen.

In zahlreichen deutschen Städten fanden bereits Demonstrationen gegen Rechtsextremisten statt, darunter einige Ruhrgebietsstädte, weitere Veranstaltungen sollen folgen. „Die Demonstrationen finde ich super. Ich werde selbst privat hingehen“, so Küstner. Auch die Recherche lobt der Lieferdienst-Gründer: Sie sei eine Chance zum Aufdecken. Sollten weite Teile der AfD tatsächlich rechtsextremistisch sein, hoffe er, dass dies ans Licht komme und dementsprechend Konsequenzen nach sich ziehe. „Ich wünsche mir eine bunte, offene Welt mit weniger Problemen“, fasst der Pottsalat-Chef zusammen.