Essen. Gekappte E-Auto-Prämie: Bei Händlern stehen Telefone nicht still, manche wollen ihr Auto nicht mehr. Das sagen Tiemeyer und Ruhrdeich.
Die plötzliche Streichung der staatlichen Kaufprämie für Elektroautos sorgt für massive Verunsicherung bei den Kundinnen und Kunden der hiesigen Autohäuser. Viele wollten vom Kauf ihres Elektroautos zurücktreten, berichtet etwa Peter Gerards, Geschäftsführer der Duisburger Ruhrdeich-Gruppe. Er ist außer sich vor Ärger über den Förderstopp, der am vergangenen Samstag verkündet und Sonntagnacht bereits vollzogen wurde. „Fünf Tage vor Weihnachten den Leuten die versprochenen 4500 Euro einfach wieder wegzunehmen, ist eine schwachsinnige Entscheidung, einfach unglaublich, eine Unverschämtheit“, wettert er.
Die Ruhrdeich-Gruppe verkauft an zehn Standorten im Ruhrgebiet und am Niederrhein vor allem Autos der Marken Opel, Peugeot, Citroen und Kia. Darunter viele Elektroautos, die für Normalverdiener erst mit dem aktuellen 6750-Euro-Zuschuss aus staatlicher Prämie und Hersteller-Rabatt (2250 Euro) erschwinglich wurden. „Wir reden über ganz normale Menschen mit normalen Einkommen“, sagt Gerards, „wenn der Staat weg vom Verbrennerauto will, kann er doch nicht über Nacht die Zuschüsse streichen, die er selbst auf den Weg gebracht hat.“
Ruhrdeich-Gruppe: Hersteller übernehmen Umweltbonus
Die meisten seiner Kundinnen und Kunden, die in dieser oder der kommenden Woche mit der Lieferung ihres bestellten Elektroautos rechnen, kann er aber beruhigen: Denn der Stellantis-Konzern hat für seine Marken Opel, Citroen, Peugeot und Fiat versprochen, bei Auslieferungen bis Ende dieses Jahres den vollen Umweltbonus zu übernehmen. Für die Gewährung der Umweltprämie ist der Tag der Zulassung entscheidend.
Darüber hinaus gab Stellantis Deutschland bekannt, auch für bereits bestellte E-Autos, die bis zum 29. Februar 2024 zugelassen werden, die ursprünglich geplante Prämie von insgesamt bis zu 4500 Euro zu übernehmen. 2024 sollte der staatliche Umweltbonus auf 3000 Euro sinken, bevor er nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts und der folgenden Haushaltskrise ganz gestrichen wurde. Die Hersteller wollten Rabatte bis 1500 Euro gewähren.
Vom größten deutschen Massenhersteller vollelektrischer Autos, dem VW-Konzern, gibt es bisher keine derartige Zusage, den staatlichen Anteil übernehmen zu wollen. Die Händler hoffen natürlich darauf, um Härtefälle unter ihren Kundinnen und Kunden auffangen zu können. Die mit 32 Standorten vor allem im Ruhrgebiet sehr präsente Tiemeyer-Gruppe, deren Eigentümerfamilie in diesem Jahr auch den größten deutschen Hyundai-Händler Darmas übernommen hat, zählt aktuell viele betroffene Kundinnen und Kunden, die sich nun wegen der gestrichenen Kaufprämie melden. „Bei uns sind einige Hundert Leute betroffen“, sagt Heinz-Dieter Tiemeyer, Vorstandschef der auf VW, Audi, Skoda und Seat spezialisierten Autohaus-Gruppe mit Sitz in Bochum.
Tiemeyer: Die Leute sind verärgert und entsetzt
Das Vertrauen der Leute in die Politik habe diese zerstört, sie seien verärgert und entsetzt über die Streichung der Prämie. Die Kurzfristigkeit, in der das geschehen sei, nennt Tiemeyer „eine politische Unverschämtheit“. Während Deutschland als selbst ernannter Vorreiter in Sachen E-Mobilität die Förderung jetzt einstelle, laufe sie in Nachbarländern wie Frankreich weiter, betont er. So werde man die Ziele sicher nicht erreichen. Die Bundesregierung hatte das Ziel ausgegeben, bis 2030 mindestens 15 Millionen Elektroautos auf deutsche Straßen zu bringen.
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