Berlin. Gewerkschaften und Nichtregierungsorganisationen werfen Supermarktketten vor, ihre Lieferanten unter Preisdruck zu setzen. Verbraucher sollen nun Online-Briefe an die Handelsriesen schreiben, die zur Einhaltung von Arbeits- und Menschenrechten auffordern.
Polo-Hemd für 4,99 Euro, Turnschuhe für 16,99 Euro: Das ist zu billig, meint die Supermarkt-Initiative, ein Zusammenschluss aus Gewerkschaften und Nichtregierungsorganisationen. Ihr Vorwurf: Die großen Supermarktketten drückten die Preise ihrer Lieferanten und verhinderten somit faire Arbeitsbedingungen und gerechte Löhne. Im Internet rufen die Marktwächter Verbraucher nun dazu auf, einen Online-Brief an die Handelsriesen zu schicken, der zur Einhaltung von Arbeits- und Menschenrechten, ökologischen und sozialen Standards auffordert.
Immer wieder decken Studien Arbeits- und Menschenrechtsverletzungen in Zulieferbetrieben auf. Das kirchennahe Südwind-Institut hat 2008 sechs chinesische Fabriken, die Aktionsware für Aldi herstellen, unter die Lupe genommen und etliche Verstöße festgestellt. Bei Löhnen, die nicht zum Leben reichen, schufteten die Näherinnen bis zu 91 Stunden in der Woche. Im selben Jahr deckte die „Kampagne für Saubere Kleidung” (CCC) ähnliche Verstöße in Betrieben in Sri Lanka, Thailand, Bangladesch und Indien auf, die für Aldi und Lidl produzieren.
2008 starb ein erschöpftes Mädchen
Trauriger Höhepunkt: Im Dezember 2008 starb ein völlig erschöpftes Mädchen in einer Jeans-Fabrik, die für die Metro-Gruppe produziert. Metro kündigte dem Betrieb zunächst, nahm auf Druck der Öffentlichkeit die Zusammenarbeit aber wieder auf und versprach, für bessere Bedingungen zu sorgen.
Auf Anfrage dieser Zeitung äußerte sich Aldi zu den Anschuldigungen. Das Unternehmen werde die angesprochenen Arbeitsrechtsverletzungen überprüfen. Der Discounter gehöre der Business Social Compliance Initiative (BSCI) an, einer internationalen Initiative, deren Mitglieder sich zur Umsetzung von Sozialstandards in der Lieferkette verpflichten. Aldi werde auch seine Lieferanten für Textilien, Schuhe und Spielzeug als BSCI-Mitglieder einbringen. Lidl und Metro weisen ebenso auf ihre BSCI-Mitgliedschaft hin. Die Einführung von Sozialstandards in den Produktionsländern sei aber ein langfristiger Prozess, erklärt Aldi.