Düsseldorf. Der Düsseldorfer Rüstungskonzern profitiert massiv vom Krieg in der Ukraine. Nun rechnet er mit Milliarden-Aufträgen aus Berlin – dank Pistorius.

Dass der Rüstungskonzern Rheinmetall immer neue Rekorde erzielt, versteht sich im Lichte des Ukraine-Krieges inzwischen fast von selbst. Dabei sind die neuen Allzeithochs von 535 Millionen Euro (+61 Prozent) Nettogewinn und 6,4 Milliarden Euro Umsatz nur der Anfang. Denn die westliche Welt bestellt Flugabwehrsysteme, Panzer und derzeit vor allem Munition für Abermilliarden bei den Düsseldorfern. Dabei setzt Konzernchef Armin Papperger nun auch auf die Bundeswehr, genauer: Auf die „Handschlag-Qualitäten“ des neuen Verteidigungsministers Boris Pistorius (SPD), wie er bei der Bilanzvorlage betonte.

Denn im ersten Jahr nach der von Kanzler Olaf Scholz ausgerufenen „Zeitenwende“ ist aus dem 100-Milliarden-Sondervermögen der Bundeswehr kein einziger Euro ausgegeben worden, wie die Wehrbeauftragte Eva Högl unlängst bestätigte. Und machen das überbürokratisierte Beschaffungswesen der Truppe dafür verantwortlich. Papperger macht das offenkundig aber auch an der Führung des Verteidigungsministeriums fest. Pistorius habe vieles angeschoben, es liefen etliche Vertragsverhandlungen und er rechne damit, dass der Minister „einen Großteil“ der gesamten 100 Milliarden schon in diesem Jahr mit Auftragsvergaben auf den Weg bringen werde, sagte er. In den kommenden acht Jahren rechnet Rheinmetall mit Aufträgen im Wert von rund 38 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen.

Rheinmetall-Chef: „Unsere Freiheit ist tatsächlich bedroht“

An Patriotismus lässt es Papperger im Gespräch mit der Presse nicht mangeln. „Unsere Freiheit ist tatsächlich bedroht“, sagt er, „Rheinmetall wird gebraucht, weil die Sicherheit unseres Landes auf dem Spiel steht.“ Die eigene Landesverteidigung habe Deutschland vor 15 Jahren praktisch abgeschafft. Dass sie angesichts des Krieges in Europa wieder wichtig wird, begrüße er nicht nur, weil Rheinmetall damit viel Geld verdiene, das sei „ein schöner Nebeneffekt“, sagt er lächelnd, sondern auch als besorgter Bundesbürger.

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Die Bundeswehr ist und bleibt der größte Kunde des Rüstungs- und Autozulieferkonzerns. Auch als Folge des russischen Angriffs auf die Ukraine wächst aber der Umsatzanteil aus dem Ausland kräftig, inzwischen liegt er über 70 Prozent. Die Nato-Staaten und viele andere Länder rüsteten auf und hätten vor allem erkannt, dass Kriege nach wie vor konventionell geführt und am Boden entschieden würden, nicht in der Luft. Die Ukraine werde Rheinmetall weiter über Ringtauschaktionen, aber auch direkt beliefern, mit Flugabwehr-Systemen, Militär-Lkw, Munition und Feldlazaretten.

Papperger bekräftigte sein Vorhaben, auf Wunsch aus Kiew eine Panzerfabrik für sein neustes Modell „Panther“ in der Ukraine bauen zu wollen, selbst wenn der Krieg noch nicht beendet sei. Ob er die Drohung aus Russland, das Werk sofort unter Beschuss zu nehmen, nicht ernst nehme? Die Ukrainer würden das Werk bauen, sagte Papperger auf Nachfrage unserer Redaktion, so wie sie viele Fabriken bauten. „Und wenn eines zerstört wird, dass wird es halt wieder aufgebaut“, fügte er an. Freilich nicht ohne zu betonen, dass die Fabrik mit den eigenen Flugabwehrsystemen sehr gut gegen Angriffe geschützt werden könne.

Erster Panther aus der Ukraine frühestens Ende 2024

Der Bau dauere zwölf bis 14 Monate, anschließend müsse noch die Fertigung hochgefahren werden. Der erste Rheinmetall-Kampfpanzer made in Ukraine werde daher frühestens „Ende 2024“ fertig sein, sagte der Konzernchef, „vielleicht ist der Krieg ja dann auch schon beendet“. Auch danach benötige die Ukraine eigene Rüstungsfabriken, um nicht ewig von westlichen Waffenlieferungen abhängig zu sein.

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Im globalen Fokus steht Rheinmetall derzeit vor allem als „größtes Munitionshaus der Welt“. Denn die Depots der Ukraine seien leer, die der Nato auf einem Rekordtief. Rheinmetall sei dabei, seine Kapazitäten durch den Ausbau bestehender Werke sowie durch die Übernahme des spanischen Herstellers Expal zu verdoppeln. Von den eine Million Artillerie-Geschossen, die Kiew vom Westen fordert, könne man schon bald rund die Hälfte produzieren.

Rheinmetall erhöht Dividende um 30 Prozent

Wenig überraschend erwartet Rheinmetall, das am kommenden Montag in den Dax aufsteigen wird, in diesem Jahr ein noch schnelleres Wachstum – der Umsatz steige auf 7,4 bis 7,6 Milliarden Euro, auch Gewinn und Marge sollen weiter nach oben gehen. Und die Aktionärinnen und Aktionäre daran kräftig mitverdienen: Der Vorstand schlägt der Hauptversammlung eine Erhöhung der Dividende um fast ein Drittel von 3,30 auf 4,30 Euro vor.

Kräftig verdient hat Rheinmetall 2022 vor allem mit seinen Militärfahrzeugen und der Munition, beide Sparten wuchsen beim operativen Gewinn (Ebit) um mehr als 40 Prozent, vor allem für Waffen und Munition nahm der Konzern deutlich mehr Geld – und nennt hier eine Rendite von über 20 Prozent. Das dürfte in den kommenden Jahren so weitergehen und sich noch beschleunigen. Rheinmetall rechnet damit, dass sich der Auftragsbestand im Rüstungsbereich noch in diesem Jahr von 15 auf gut 30 Milliarden Euro verdoppeln wird. Bis 2025 soll sich auch der Gewinn verdoppeln. Auch dank des neuen Verteidigungsministers, auf dessen Durchsetzungskraft Papperger große Stücke setzt, wie er nicht aufhört zu betonen.