Essen. Betriebsräte aus ganz Deutschland begehren gegen den US-Onlinehändler Amazon auf. Es geht um Mitbestimmung und die Inflationsprämie.
Die deutschen Amazon-Betriebsräte begehren gegen den US-Onlineriesen auf. In einem offenen Brief, der unserer Redaktion vorliegt, beklagen sie geringe Mitspracherechte im Unternehmen und zeigen Unverständnis, dass Amazon trotz sprudelnder Gewinne keine Inflationsausgleichsprämie bezahlen wolle.
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Konflikte zwischen Betriebsräten und Geschäftsführungen an den jeweiligen Amazon-Standorten hat es schon immer gegeben. Neu ist, dass sich alle Betriebsratsvorsitzenden mit einem Brief gemeinsam an die Öffentlichkeit wenden. Hintergrund ist, dass Amazon die Kosten senken und nach Medienberichten weltweit 18.000 Arbeitsplätze abbauen will.
„Amazon fährt weiterhin hohe Gewinne ein“
„Befristete Verträge werden nicht verlängert oder entfristet. In Bereichen, in denen zu viel Personal vorhanden ist, geht man aktiv auf die Beschäftigten zu und bietet ihnen Aufhebungsverträge an. Selbst kranken Beschäftigten wird mit Kündigung gedroht, wenn sie einen solchen Aufhebungsvertrag ablehnen“, schreiben die Betriebsräte. Amazon fahre einen Sparkurs, obwohl der US-Konzern „trotz des anhaltenden Krieges in der Ukraine und steigender Energiekosten weiterhin hohe Gewinne einfährt“, heißt es in dem Brief.
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Amazon Deutschland lehne es aber ab, sich mit den Arbeitnehmervertretern an einen Tisch zu setzen. „Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit, wie es das Betriebsverfassungsgesetz beschreibt, sieht anders aus“, kritisieren die Betriebsräte. Das treffe auch auf das Thema Inflationsausgleichsprämie zu. Um Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von den hohen Preissteigerungen zu entlasten, ermöglicht die Bundesregierung Unternehmen, pro Kopf bis zu 3000 Euro steuer- und sozialversicherungsfrei auszuzahlen.
„Es geht um die Wertschätzung“
Die Amazon-Betriebsräte haben mit Interesse verfolgt, dass etliche deutsche Konzerne von der Prämie Gebrauch machen. Nach ihrer Lesart lehnt der weltgrößte Onlinehändler, „welcher nahezu alles anbietet, was das Herz begehrt“, Gespräche über einen Inflationsausgleich ab. Über ihren offenen Brief wollen die Betriebsräte das Management bewegen, doch noch mit ihnen ins Gespräch zu kommen. „Es geht um die Wertschätzung all derer, die tagtäglich ihr Bestes geben, um die Kunden zufrieden zu stellen“, appellieren sie.
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Auf Anfrage unserer Redaktion äußert sich Amazon nicht direkt zu dem Brief und verweist auf einen Blog von Deutschland-Chef Rocco Bräuniger. „Wir glauben an faire Löhne und gute Extras“, schreibt der Manager auf der Homepage des Konzerns und verweist darauf, dass alle Beschäftigten „ab dem ersten Tag 13 Euro aufwärts“ und damit einen Euro pro Stunde mehr verdienten als der gesetzliche Mindestlohn vorsieht.
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Nach zwölf und 24 Monaten gebe es eine automatische Gehaltserhöhung und obendrauf „eine Reihe an Extras wie etwa ein Aktienprogramm, durch das alle am Erfolg des Unternehmens beteiligt sind“, so Bräuniger. „Das Gesamtpaket muss stimmen: Wichtig sind auch ein sicherer Arbeitsplatz, bei dem die Gesundheit absolute Priorität hat, ein respektvolles und wertschätzendes Miteinander, echte Aufstiegschancen für alle.“