Essen. Die Landesregierung will den Umbau der Stahlproduktion von Thyssenkrupp massiv fördern. Doch noch mehr Geld als NRW soll der Bund beisteuern.

Die millionenschwere staatliche Förderung für den Bau eines riesigen Werks zur Herstellung von grünem Stahl in Duisburg soll zu 70 Prozent vom Bund kommen. Das geht aus Antworten von NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne) auf Fragen der SPD-Landtagsfraktion hervor. Die Parlamentarier hatten eine „Kleine Anfrage“ formuliert, die sich mit den Plänen von Thyssenkrupp Steel und der geplanten staatlichen Unterstützung befasst.

Die Förderung des Großprojekts in Duisburg werde durch eine Ko-Finanzierung von Bund und Land erfolgen, wobei das Land 30 Prozent übernehme, berichtet das NRW-Wirtschaftsministerium in dem Schreiben, das von Mona Neubaur unterzeichnet ist. Einen „mittleren dreistelligen Millionenbetrag“ hat das Land zugesagt. Die genaue Fördersumme hänge von der Entscheidung des Bundes ab, erklärt die Ministerin. Der Bund sei „die bewilligende Stelle und weist die genaue Fördersumme aus“. Damit das Geld aus NRW fließen könne, müsse zudem der Landtag noch seine Zustimmung für den Haushalt 2023 geben.

Insgesamt geht es Unternehmensangaben zufolge um eine Investition mit einem Volumen von zwei Milliarden Euro. Der Konzern will einen Eigenanteil leisten.

Auf Geld der Europäischen Union kann Thyssenkrupp Steel im Zusammenhang mit dem Duisburger Prestigeprojekt nicht hoffen. „Die EU-Kommission ist in diesem Verfahren für die beihilferechtliche Genehmigung zuständig“, erläutert das NRW-Wirtschaftsministerium. „Sie vergibt in diesem Zusammenhang keine Fördermittel.“ Ihr Haus befinde sich im Austausch mit dem von Robert Habeck (Grüne) geführten Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, so Mona Neubaur. „Es ist geplant, dass Bund und Land mittels Ko-Finanzierung die Förderung sichern.“

Das Bundeswirtschaftsministerium erklärt auf Anfrage, derzeit zur Höhe der Förderung von Thyssenkrupp Steel in Duisburg noch keine Aussage machen zu können. „Die Anwendung von Wasserstoff zur Kohlendioxid-Vermeidung in der Stahlindustrie und die hierfür notwendigen Anlagen sind gegenwärtig noch nicht wirtschaftlich darstellbar“, begründet das Ministerium die geplante staatliche Unterstützung. Die Förderung werde „auf die minimal notwendige Summe beschränkt“.

Landesregierung rechnet mit Entscheidung bis Ende des Jahres

Die Vergabe der Aufträge an die Anlagenbauer ist nach Angaben von Thyssenkrupp Steel bereits für den Herbst geplant, damit die Produktion im Jahr 2026 starten könne. Die Landesregierung erklärt indes, sie rechne bis Ende des Jahres mit einer Entscheidung zur Förderung für den Bau der Anlage in Duisburg.

Sarah Philipp, Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion, macht Druck. „Die Landesregierung hat mit ihrer Ankündigung, Thyssenkrupp Steel beim Bau einer Anlage für klimaneutralen Stahl zu fördern, hohe Erwartungen geweckt“, so die Duisburger Landtagsabgeordnete. „An diesen Erwartungen muss sie sich auch messen lassen. Mehr als eine Absichtserklärung scheint es aber bisher noch nicht zu geben.“

Bei Thyssenkrupp ist mit Blick auf die Pläne von einem Umbau in historischer Größenordnung die Rede: Wenn alles gut läuft, soll auf dem Duisburger Industrieareal, das fünf Mal so groß ist wie Monaco, ein Paradebeispiel für die grüne Transformation der deutschen Wirtschaft entstehen. Mit der Hochofen-Nachfolgetechnologie wäre jedenfalls ein radikaler Wandel in einer der deutschen Schlüsselindustrien verbunden: Die Kohle soll durch Wasserstoff ersetzt werden.

„Zeitenwende für die Stahlproduktion im Ruhrgebiet“

Rund 150 Meter hoch soll die neue Direktreduktionsanlage (DRI-Anlage) für CO2-armen Stahl von Thyssenkrupp werden – und damit die bestehenden Hochöfen noch etwas überragen. Von einer „Zeitenwende für die Stahlproduktion im Ruhrgebiet“ spricht Thyssenkrupp-Vorstandschefin Martina Merz.

podcast-image

Thyssenkrupp habe das Potenzial, „ein europäischer Champion zu werden“, wenn es um klimaneutralen Stahl gehe, so Sarah Philipp. „Deshalb darf die Landesregierung nicht den Hauch eines Zweifels an ihrem Engagement aufkommen lassen. Die Beschäftigten brauchen die Sicherheit, dass sie auf das Land bauen können.“

Seit vielen Jahrzehnten gehört die Stahlindustrie zu den größten Verursachern von klimaschädlichem Kohlendioxid. Allein aus den Hochöfen von Thyssenkrupp in Duisburg stammen Unternehmensangaben zufolge aktuell rund 2,5 Prozent des bundesweiten Kohlendioxid-Ausstoßes. Das soll sich ändern, wenn DRI-Anlagen Schritt für Schritt die bisherigen Aggregate ersetzen. Für den Übergang will Thyssenkrupp aber zunächst Erdgas anstelle von Wasserstoff einsetzen, was angesichts massiv gestiegener Gaspreise in der aktuellen Energiekrise Fragen aufwirft.