Essen. Der Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof will erneut einen Staatskredit. Das stößt auf Skepsis – und ruft Fragen an Investor Benko hervor.

Nach dem erneuten Antrag des Essener Warenhauskonzerns Galeria Karstadt Kaufhof auf Staatshilfe wird der Ruf nach einer genauen Prüfung durch die Bundesregierung laut. „Da Karstadt schon mal mit Steuergeldern gerettet worden ist, sollte man genau prüfen, ob eine erneute Hilfe langfristig tragen kann“, sagte Gerd Landsberg, der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebunds (DStGB), unserer Redaktion. Landsberg fordert, ein weiterer Staatskredit müsse an ein schlüssiges unternehmerisches Konzept geknüpft sein. „Nach wie vor sind die Warenhäuser wie Karstadt häufig Ankerzentren in unseren Innenstädten. Gleichzeitig werden sie auf Dauer nur Bestand haben, wenn das Sortiment und das Konzept stimmen“, betont Landsberg.

Sorgt sich um die Arbeitsplätze bei Galeria: NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne).
Sorgt sich um die Arbeitsplätze bei Galeria: NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne). © picture alliance/dpa | Marius Becker

NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur sieht aktuell keine Möglichkeit, Galeria seitens des Landes finanziell zu unterstützen, signalisiert aber Solidarität mit den 17.000 Beschäftigten. „Ich persönlich mache mir aber Sorgen um die MitarbeiterInnen von Galeria Karstadt Kaufhof, die in den zurückliegenden Jahren schon viele Zugeständnisse machen mussten und die jetzt in diesen ohnehin herausfordernden Zeiten erneut um ihre Arbeitsplätze bangen müssen. Ich hoffe, dass es gelingt, eine Lösung zu finden, die die Interessen der MitarbeiterInnen bestmöglich berücksichtigt“, sagte die Grünen-Politikerin unserer Redaktion.

Der Duisburger Grünen-Politiker Felix Banaszak, der als Abgeordneter im Haushaltsausschuss und im Wirtschaftsausschuss des Deutschen Bundestags sitzt, warnt vor einem „Automatismus“ bei einer etwaigen Vergabe eines Staatskredits an den Essener Warenhauskonzern. „Dass Karstadt und Kaufhof über den Wirtschaftsstabilisierungsfonds gestützt wurden, war in der Pandemie richtig. Das Ersuchen um zusätzliche Staatshilfen muss sich das Bundeswirtschaftsministerium jetzt aber genau ansehen. Einen Automatismus gibt es aus meiner Sicht nicht“, sagte Banaszak unserer Redaktion. Das von Banaszak angesprochene Wirtschaftsministerium wird von seinem Parteikollegen Robert Habeck geleitet.

Das von FDP-Chef Christian Lindner geführte Bundesfinanzministerium hatte unserer Redaktion am Donnerstag bestätigt, dass die Galeria Karstadt Kaufhof GmbH den Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) um weitere finanzielle Unterstützung gebeten hat. „Das Begehren wird geprüft“, so das Ministerium. Zur Stützung des Unternehmens während der Corona-Pandemie hat der Bund bereits rund 680 Millionen Euro über Darlehen und stille Einlagen bereitgestellt.

„Staatshilfen für Galeria Karstadt Kaufhof sind weggeworfenes Geld“

Ablehnend äußert sich Gerrit Heinemann, Handelsexperte der Hochschule Niederrhein, zu einer möglichen neuen Unterstützung des Staates für den Warenhauskonzern. „Staatshilfen für Galeria Karstadt Kaufhof sind weggeworfenes Geld. Schon seit Jahrzehnten ist klar: Das Konzept Warenhaus funktioniert nicht mehr und hat keine Zukunft“, so Heinemann. Der Marktanteil von Galeria

Der österreichische Geschäftsmann René Benko hat beim Essener Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kauhof das Sagen.
Der österreichische Geschäftsmann René Benko hat beim Essener Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kauhof das Sagen. © dpa | Marcel Kusch

gehe „gegen Null“. „Das Unternehmen spielt faktisch keine Rolle mehr“, urteilt der Professor, der die Entwicklung des Essener Warenhauskonzerns seit Jahren kritisch verfolgt. „Neue Staatshilfen wären Wettbewerbsverzerrung und unfair. Ich appelliere an die verantwortlichen Politiker, sich nicht von Galeria erpressen zu lassen.“

Der Grünen-Abgeordnete Banaszak, der bis zu seinem Wechsel in den Bundestag gemeinsam mit der jetzigen Landeswirtschaftsministerin Mona Neubaur die Grünen in NRW geführt hat, sieht auch Galeria-Miteigentümer René Benke in der Pflicht. „Welche Möglichkeiten hat der Eigentümer Benko, seinerseits aktiv zu werden, bevor staatliche Hilfen in Anspruch genommen werden, und sind diese Möglichkeiten ausgeschöpft?“, fragt Banaszak mit Blick auf den österreichischen Unternehmer. „Gibt es eine realistische Fortführungsperspektive und die Aussicht darauf, dass die staatlichen Hilfen zurückgezahlt werden können? War die Situation schon früher absehbar und hätte sie verhindert werden können?“

Banaszak verweist auf Effekt durch geplante Gas- und Strompreisbremsen

Zudem stelle sich die Frage, ob ein Ausgleich der gestiegenen Energiekosten über die von der Bundesregierung geplanten Gas- und Strompreisbremsen hinaus nötig sei und wie ein solcher Schritt „gegenüber anderen Unternehmen zu rechtfertigen“ wäre, so Banaszak. „Diese Fragen müssen aus meiner Sicht zunächst beleuchtet werden. Das sollte im Interesse der Beschäftigten zügig passieren.“ Die Situation der Kaufhauskette und ihrer Beschäftigten beobachte er „mit großer Sorge“, sagte der Abgeordnete. „Es ist keine gute Nachricht, dass es erneut große Unsicherheiten für sie gibt, zumal in einer Phase, in der sie ja auch als Verbraucherinnen und Verbraucher unter extremem Druck stehen.“

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DStGB-Hauptgeschäftsführer Landsberg sagte, natürlich hätten viele Geschäfte – nicht nur die Warenhäuser – im Moment einen schweren Stand: „Erst war es die Coronakrise und jetzt sind es die Inflation und die Kaufzurückhaltung der Menschen, die Angst haben, ihre Energierechnung nicht mehr zahlen zu können.“

In einem Brief an die 17.000 Galeria-Beschäftigten, der unserer Redaktion vorliegt, schreibt Konzernchef Miguel Müllenbach, das Unternehmen befinde sich erneut in einer „bedrohlichen Lage“. Die wirtschaftliche Situation sei „extrem angespannt“. Nach den Umsatzeinbrüchen während der Corona-Lockdowns seien jetzt die Konsumzurückhaltung und vor allem die hohen Energiekosten von „existenzieller Bedeutung“. Allein für die Versorgung der Warenhäuser mit Gas und Strom in den kommenden zwei Jahren kämen auf Galeria 150 Millionen Euro Mehrbelastungen zu.