Bochum/Gelsenkirchen. Vonovia verdoppelt wegen hoher Gaspreise monatliche Abschläge für Heizkosten. Szenario für Kündigungen säumiger Mieter sorgt für harte Kritik.

Wegen der immer weiter steigenden Energiepreise verdoppelt der Bochumer Wohnungskonzern Vonovia die monatlichen Abschläge für die Heizkosten seiner Mieterinnen und Mieter. Das bestätigte eine Unternehmenssprecherin unserer Redaktion. Zugleich gerät der Chef des Dax-Konzerns, Rolf Buch, wegen eines internen Schreibens unter Druck, in dem ein Szenario geschildert wird, wann säumige Mieter die Kündigung erhalten sollen. Kritik gibt es auch an Vivawest, weil einige Wohnungen noch nicht beheizbar sind.

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Im Gegensatz zu Wettbewerbern wie Vivawest oder LEG hat der Marktführer Vonovia bislang darauf verzichtet, die monatlichen Heizungs-Vorauszahlungen für seine knapp 400.000 Wohnungen in Deutschland zu erhöhen. Vor dem Hintergrund der sich verschärfenden Energiekrise hat Vonovia nun alle Kunden darüber informiert, dass die Abschläge verdoppelt werden. Die Mieterinnen und Mieter hätten allerdings das Recht, der Erhöhung zu widersprechen, sagte eine Sprecherin. Mit dem Schritt wolle man Vorsorge gegen zu erwartende hohe Nachzahlungen leisten.

Wirbel um Kündigungs-Szenario bei Vivawest

Wie andere Großvermieter auch hatte sich Vonovia unlängst zu einem befristeten Kündigungs-Moratorium für Mieter bekannt, die sich die hohen Energiepreise nicht leisten können. Doch am Dienstag brachte den Bochumer Konzern ein Papier, das an Investoren verteilt wurde, in Erklärungsnot. Darin wird ein Stufenmodell beschrieben, das greifen soll, wenn Zahlungen ausbleiben. Bleiben Mieterinnen und Mieter eine Summe in Höhe von zwei Monatsmieten schuldig, könne gekündigt werden. „Letzter Ausweg: Versendung der Räumungsaufforderung“, heißt es wörtlich in dem Schreiben.

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Nach dem Bekanntwerden der brisanten Formulierungen bemühte sich Vonovia um Schadensbegrenzung. Es sei ein normaler Vorgang, dass Investoren danach fragten, was bei zu erwartenden Zahlungsausfällen passiere, heißt es. Konzernchef Rolf Buch betonte gegenüber unserer Redaktion, dass Vonovia „ohne Einschränkung“ zum befristeten Kündigungsmoratorium stehe.

Vonovia-Chef Buch: Kein Interesse, dass Menschen Wohnung verlieren

„Wir haben kein Interesse daran, dass Menschen ihre Wohnung verlieren“, sagte Buch. „Wenn ein Mieter Probleme hat und mit uns in Kontakt tritt, finden wir eine Lösung.“ Schon in der Corona-Krise habe sein Unternehmen „mit diesem Vorgehen sehr gute Erfahrungen gemacht“.

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Trotz der Beteuerungen des Konzernchefs kritisiert der Deutsche Mieterbund NRW Vonovia scharf: „Was Herr Buch in Sonntagsreden verbreitet, findet sich montags bis freitags vor Ort nicht wieder“, sagte der Vorsitzende Hans-Jochem Witzke unserer Redaktion. Und: „Die Menschen brauchen echte Sicherheiten und keine widersprüchlichen Ankündigungen.“ Der Mieterbund fordert ein Kündigungs-Moratorium wie zu Beginn der Corona-Pandemie.

Mieterbund: Bei Vivawest müssen Menschen frieren

Erst vor wenigen Tagen hatte der Spitzenverband der Wohnungswirtschaft GdW versprochen, dies freiwillig zu tun. „In solchen Situationen ist es für die Unternehmen im GdW ohnehin selbstverständlich, dass keiner aufgrund krisenbedingter finanzieller Schwierigkeiten seine Wohnung verliert“, sagte GdW-Präsident Axel Gedaschko.

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Dem Gelsenkirchener Unternehmen Vivawest wird derweil vorgeworfen, seine Mieterinnen und Mieter frieren zu lassen. Vivawest hatte im Sommer die Gaszentralheizungen abgestellt, die mehr als die Hälfte der 120.000 Wohnungen wärmen. Seit letzter Woche würden sie wieder angestellt, sagte ein Unternehmenssprecher auf Nachfrage. Bis Ende September würden alle Gasheizungen wieder laufen, schneller gehe es mit den vorhandenen Personalkapazitäten nicht. Zudem würden die Heizungen dabei optimal eingestellt, um den Verbrauch zu senken, wie es die Bundesregierung gefordert habe.

„Vivawest hat zu spät gemerkt, dass es kälter wird. Von einem Vermieter, der meint, so viele Wohnungen bewirtschaften zu können, darf man erwarten, dass er sich rechtzeitig darauf einstellt“, kritisierte Mieterbund-Geschäftsführer André Juffern. In schlecht isolierten Wohnungen sei die Temperatur bereits auf die kritischen 16 Grad gefallen, ab denen sich Schimmel bilden kann.