Essen. Der Essener Chemiekonzern Evonik wittert ein Geschäft mit dem Recycling von Lithium für Elektroautos – und arbeitet an einem neuen Verfahren.

Der Essener Chemiekonzern Evonik will in das Geschäft mit dem Recycling von Lithium einsteigen. Das begehrte Metall ist unverzichtbar beim Bau von Antriebsbatterien für Elektroautos, landet aber Unternehmensangaben zufolge derzeit nach Gebrauch noch zu rund 95 Prozent im Müll. „In ein paar Jahren sind viele Lithium-Ionen-Batterien am Ende ihrer technischen Lebenszeit. Sprunghaft steigen damit bald also auch die Mengen an Altbatterien, die sich fürs Lithium-Recycling eignen“, sagt Elisabeth Gorman, die bei Evonik als Expertin für Lithium-Recycling arbeitet. Das Ziel von Evonik sei, die Wiederverwertung von Lithium einfacher, wirtschaftlicher und umweltschonender machen.

Dabei setze das Unternehmen auf einen elektrochemischen Prozess mit einer Keramikmembran, erklärt Evonik-Managerin Gorman. Der Essener Chemiekonzern forsche dazu an den Standorten Hanau und Marl und strebe an, das Keramikmembran-Verfahren in drei bis fünf Jahren bis zur Marktreife entwickelt zu haben.

Elisabeth Gorman verweist auf neue Fabriken in Europa zur massenhaften Herstellung von Antriebsbatterien für Elektroautos. „Da fällt lithiumhaltiger Produktionsausschuss an“, sagt sie. Das Recycling wertvoller Rohstoffe wie Cobalt und Nickel gelinge schon gut. Bei Lithium mit einer Rückgewinnungsrate von derzeit unter fünf Prozent sei dies noch nicht der Fall.

Bei Evonik gelten die Bestrebungen zum Lithium-Recycling als das Beispiel für die Bedeutung der Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten (F&E) im Konzern. Im vergangenen Jahr habe Evonik rund 464 Millionen Euro in diesem Bereich investiert. Bezogen auf den Umsatz des Unternehmens liege die F&E-Quote damit über drei Prozent. Rund 2600 Mitarbeitende forschen Unternehmensangaben zufolge weltweit für Evonik. Harald Schwager, der stellvertretende Vorstandschef, betont, die Innovationskraft von Evonik sei „ein entscheidender Hebel“ für profitables Wachstum des Konzerns.

„Chemieindustrie steht vor einer großen Transformation“

„Nachhaltigkeit, Innovation und Geschäftsinteressen sind heute mehr denn je miteinander verbunden“, sagt Ralph Marquardt, der als neuer Chief Innovation Officer bei Evonik die F&E-Aktivitäten voranbringen soll. „Die Chemieindustrie steht vor einer großen Transformation“, betont Marquardt während einer Videokonferenz. Mittelfristig werde die chemische Industrie fossile Rohstoffe durch nachhaltige Materialien wie Pflanzen und Bioabfälle oder durch Recycling ersetzen. „Wir müssen unsere Produktionsweise verändern, weniger Energie verbrauchen, einfach noch effizienter werden.“ Dies sei „vielleicht die größte Herausforderung für die Chemieindustrie in den letzten 50 Jahren“.

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Weltweit gehören mehr als 33.000 Mitarbeitende zu Evonik. Die Mehrheit der Evonik-Aktien liegt bei der RAG-Stiftung, die auf dem Essener Welterbe-Areal Zollverein residiert. Aufgabe des Stiftungskonzerns ist es, Geld für die Ewigkeitskosten des Steinkohlenbergbaus zu erwirtschaften. Evonik bündelt die Geschäfte in vier Divisionen rund um Produkte für die Pharma-, Kosmetik- und Ernährungsindustrie („Nutrition & Care“), Werkstoffe („Smart Materials“), Additive für die industrielle Anwendung („Specialty Additives“) sowie rohstoff- und energieintensive Basischemie („Performance Materials“). Als „Wachstums-Divisionen“ sieht Vorstandschef Christian Kullmann die drei zuerst genannten Bereiche.