Essen. Zum Beginn der Heizsaison steigen die Gaspreise. Die Stadtwerke in Essen und Dortmund erhöhen ihre Tarife. Angst vor Zahlungsausfällen wächst.

Die Dortmunder Stadtwerke DEW21 erhöhen zum November den Gaspreis. In der Grundversorgung soll eine Kilowattstunde (kWh) Erdgas dann 21,772 Cent kosten. Damit liegen die kommunalen Versorger aus Dortmund bereits spürbar über dem bundesweiten Durchschnittspreis im August, den das Vergleichsportal Check24 unlängst veröffentlicht hat. Bei einem Verbrauch von 20.000 kWh im Jahr fallen für einen Dortmunder Haushalt künftig jährliche Kosten für Erdgas in Höhe von mehr als 4350 Euro an.

Anfang August hatten die Dortmunder Stadtwerke ihre Neu- und Bestandskundentarife zusammengeführt – bei einem Verbrauchspreis von 14,83 Cent pro kWh. Hinzu kommt stets ein Grundpreis in Höhe von knapp 204 Euro pro Jahr. Zum Vergleich: Vor einigen Monaten lag der Gaspreis bei vielen Energieversorgern in NRW noch bei rund sieben Cent pro kWh. Mittlerweile ist das Preisniveau deutlich höher.

Mitte August hatten auch die Stadtwerke Essen eine Erhöhung der Gaspreis angekündigt. Ab Oktober – also praktisch zum Beginn der Heizsaison – steigt der Arbeitspreis in der Gas-Grundversorgung dann um 10,14 Cent pro kWh auf 18,14 Cent pro kWh (brutto). Auf einen Durchschnittshaushalt mit einem Jahresverbrauch von 20.000 Kilowattstunden kommen so Unternehmensangaben zufolge Mehrkosten in Höhe von etwa 2000 Euro pro Jahr zu. Auch für Kunden des Tarifs „EssenGas“ erhöhe sich der Arbeitspreis in den jeweiligen Stufen um etwa 127 Prozent, teilten die Stadtwerke mit. Bei „EssenGas M“ belaufen sich die Mehrkosten bei selbigen Jahresverbrauch auf etwa 1800 Euro pro Jahr. 2,879 Cent pro Kilowattstunde (brutto) – 575 Euro pro Jahr – entfielen auf die bundesgesetzlich vorgegebene Gasbeschaffungsumlage des Energiesicherungsgesetzes.

„Lage auf den Energiemärkten spitzt sich immer weiter zu“

„Die Lage auf den Energiemärkten spitzt sich immer weiter zu“, erklärten die Dortmunder Stadtwerke im Zusammenhang mit der Preiserhöhung. „Mittlerweile haben sich die Preise für die langfristige Beschaffung seit Beginn des Jahres 2021 verzwölffacht, in der kurzfristigen Beschaffung erleben wir in der Spitze Preissprünge um mehr als 1400 Prozent. Darüber hinaus führen regulatorische Eingriffe – wie die Gasbeschaffungs- und Gasspeicherumlage – zu Mehrbelastungen.“

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Der durchschnittliche Gaspreis für Verbraucherinnen und Verbraucher hat bereits im August einen neuen Rekord erreicht, wie das Vergleichsportal Check24 vor wenigen Tagen mitteilte. Ein Musterhaushalt mit einem Jahresverbrauch von 20.000 Kilowattstunden zahlt demnach im Schnitt mehr als 3700 Euro im Jahr für Gas. Das entspreche einem durchschnittlichen Preis von 18,6 Cent pro kWh. Im August 2021 kostete die gleiche Menge Gas noch rund 1300 Euro – ein Plus von 185 Prozent. „Wenn die bereits vor der Krise beschafften Energiemengen der Energieversorger verbraucht sind, werden sie zu den aktuellen Rekordpreisen an der Börse einkaufen müssen“, sagt Check24-Manager Steffen Suttner voraus.

Stadtwerke unter Druck – Ruf nach staatlichem Schutzschirm

In der Energiekrise geraten die Stadtwerke zunehmend unter Druck. Viele kommunale Energieversorger seien in einer schwierigen Situation, berichtete Gerd Landsberg, der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebunds (DStGB), im Gespräch mit unserer Redaktion. Daher sei dringend „ein Schutzschirm für die Stadtwerke“ notwendig. „Die Lage ist extrem angespannt“, betont auch der Verband kommunaler Unternehmen (VKU), der für mehr als 1500 Unternehmen spricht.

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„Generell sind Stadtwerke in einer Sandwich-Position: Sie sind abhängig von ihrem Vorlieferanten und haben gleichzeitig gegenüber ihren Kunden Lieferverpflichtungen“, so der VKU. Die Stadtwerke müssten „laufend neu und zu deutlich höheren Preisen Energie einkaufen, bei gleichzeitig steigenden Besicherungsanforderungen“, die in der Branche als eine Art Kaution anfallen. Essens Oberbürgermeister Thomas Kufen (CDU) warnte im Podcast „Die Wirtschaftsreporter“ bereits davor, „Stadtwerke in die Insolvenz zu schicken“.

„Gefahr von Zahlungsausfällen“

Im Bundesfinanzministerium (BMF) gibt es Planungen für eine Rettungsaktion. Der Bund will demnach die Möglichkeiten der Staatsbank KfW zur Absicherung von Garantien und Liquiditätshilfen an Energieversorger verstärken, erfuhr unsere Redaktion aus BMF-Kreisen. Der Hintergrund sei ein zusätzlicher Finanzbedarf bei den Unternehmen. Der Bund beabsichtige daher, bereits geschaffene Kreditermächtigungen für das milliardenschwere Sondervermögen WSF nun für „Unterstützungsmaßnahmen“ an Energieversorger zu nutzen. Bisher stützt der Staat vor allem den Düsseldorfer Uniper-Konzern, der als größter deutscher Gasimporteur nach eigenen Angaben ohne die Staatshilfe bereits insolvent wäre.

Die schwierige Situation bei den Stadtwerken könnte sich noch zuspitzen. DStGB-Hauptgeschäftsführer Landsberg verweist auf Schätzungen, dass womöglich weit über zehn Prozent der Stadtwerke-Kunden ihre Rechnungen in der Krise nicht mehr bezahlen könnten. Auch der Verband der kommunalen Unternehmen sieht die „Gefahr von Zahlungsausfällen“ bei Kundinnen und Kunden.