Essen. Sollte ein Teil der Gewinne der Energieversorger abgeschöpft werden? Ja, sagt Reiner Priggen, der Chef vom LEE NRW. Derzeit gebe es „Auswüchse“.

„Die Strompreise sind derart gestiegen, dass es nachvollziehbar ist, wenn die Bundesregierung hier einschreitet“, sagt Reiner Priggen, der Vorsitzende des Landesverbands Erneuerbare Energien NRW, im Gespräch mit unserer Redaktion. Der LEE NRW will das Sprachrohr einer wachsenden Branche sein. Die Mitgliedsunternehmen – darunter kleine Unternehmen und große Versorger – planen, bauen, installieren und betreiben Erneuerbare-Energien-Anlagen aller Art in Nordrhein-Westfalen. Auch diese Betriebe wären betroffen, wenn die Ampel-Koalition ihre Pläne umsetzt und angesichts hoher Strompreise einen Teil der Gewinne abschöpft. Reiner Priggen, der frühere Fraktionschef der Grünen im NRW-Landtag, sagt in unserem Interview, wie der die Pläne der Ampel-Koalition bewertet.

Herr Priggen, die Ampel-Koalition will Gewinne bei Deutschlands Stromerzeugern abschöpfen, also auch bei den Betreibern von Wind- und Solaranlagen, deren Interessen Sie vertreten. Ist es aus Ihrer Sicht richtig, dass Ihre Branche verzichten soll?

Priggen: Die Pläne der Ampel-Koalition sind vom Grundsatz her vernünftig. Die Strompreise sind derart gestiegen, dass es nachvollziehbar ist, wenn die Bundesregierung hier einschreitet.

Die Strompreise steigen derzeit insbesondere, weil bei dem bestehenden Marktmechanismus die Gaskraftwerke die Preise vorgeben. Denn der jeweils höchste erzielbare Preis bestimmt den Preis für

Reiner Priggen, Vorsitzender des LEE NRW: „Wir sehen derzeit Strom-Großhandelspreise von rund 80 Cent pro Kilowattstunde. Das ist atemberaubend. Die Erzeuger von Windstrom würden auch mit acht Cent wirtschaftlich arbeiten können, bei Photovoltaik mit zehn Cent.“
Reiner Priggen, Vorsitzender des LEE NRW: „Wir sehen derzeit Strom-Großhandelspreise von rund 80 Cent pro Kilowattstunde. Das ist atemberaubend. Die Erzeuger von Windstrom würden auch mit acht Cent wirtschaftlich arbeiten können, bei Photovoltaik mit zehn Cent.“ © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

alle Erzeugungsarten, und die Stromproduktion mit Gas ist aktuell sehr teuer. Wäre es statt der geplanten Gewinnabschöpfung nicht sinnvoller, eine grundlegende Strompreis-Reform zu beschließen?

Priggen: Sicher wäre die grundlegende Strompreis-Reform besser, aber dazu gibt es noch keinen ausgearbeiteten Vorschlag, von niemandem. Ein Schnellschuss hilft da auch nicht.

Bei der Gasumlage, von der nicht nur angeschlagene Konzerne wie Uniper, sondern auch profitable Unternehmen profitieren, muss die Ampel-Koalition nachbessern. Auf dem Strommarkt hat es die Ampel-Koalition auf „Zufallsgewinne“ abgesehen. Glauben Sie, eine klare Definition von „Zufallsgewinnen“ ist überhaupt möglich?

Priggen: Entscheidend ist, dass die neuen Regeln auch handwerklich gut gemacht sind – anders als bei der Gasumlage. Hier sind sicherlich noch einige Fragen zu klären.

In welchem Umfang könnten Ihrer Einschätzung zufolge Gewinne auf dem Strommarkt abgeschöpft werden?

Priggen: Wir sehen derzeit Strom-Großhandelspreise von rund 80 Cent pro Kilowattstunde. Das ist atemberaubend. Die Erzeuger von Windstrom würden auch mit acht Cent wirtschaftlich arbeiten können, bei Photovoltaik mit zehn Cent, bei Biogas mit 20 Cent. Aber auch die Braunkohle- und Steinkohlekraftwerke brauchen deutlich weniger als zehn Cent je Kilowattstunde. Es ist also gut, wenn hier die Auswüchse begrenzt werden.

Sehen Sie das Risiko, dass der Ökostrom-Ausbau gebremst wird, wenn die Stromerzeuger zur Kasse gebeten werden?

Priggen: Es ist wichtig, die Balance zu wahren. Daher kommt es entscheidend darauf an, wie viel Geld aus dem System genommen wird. Es braucht aber ganz gewiss nicht einen Großhandelsstrompreis von 80 Cent je Kilowattstunde, wie wir ihn derzeit sehen, um die Erneuerbaren auszubauen.