Essen. Der Deal der Essener Energiekonzerne Eon und RWE hat ein juristisches Nachspiel. Dabei gerät auch die Rolle der Bundesregierung in den Blick.

Kurz nach dem Deal der Essener Konzerne Eon und RWE zur Neuordnung von Deutschlands Energiewirtschaft war das Urteil der Grünen im Bundestag eindeutig. „Unserer Einschätzung nach sollte diese Fusion untersagt werden“, schrieben mehrere Grünen-Abgeordnete, darunter Oliver Krischer, vor drei Jahren in einem Brief an die zuständige EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager. Die Parlamentarier begründen ihre Einschätzung mit der Sorge um den Wettbewerb auf dem Strom- und Gasmarkt. Mittlerweile hat der Grüne Robert Habeck den CDU-Politiker Peter Altmaier an der Spitze des Bundeswirtschaftsministeriums abgelöst. Habecks Parteifreund Krischer ist Staatssekretär – und hat plötzlich den Eon-RWE-Deal in einer neuen Funktion auf dem Schreibtisch. In dieser Woche gibt es voraussichtlich ein juristisches Nachspiel zur Vereinbarung der Essener Energieriesen.

Elf regionale Versorger, zu denen auch das Düsseldorfer Unternehmen Naturstrom gehört, haben schon vor Monaten vor dem Gericht der Europäischen Union eine Klage gegen die – von der EU-Kommission genehmigte – Neuaufteilung der Geschäftsfelder von Eon und RWE eingereicht. Bemerkenswert: In dem Verfahren hatte die Bundesregierung beantragt, als sogenannte Streithelferin aufseiten der Kommission zugelassen zu werden. Dabei gehe es nicht um die Fusion selbst, sondern um die Verteilung der Zuständigkeiten zwischen der EU-Kommission und dem Bundeskartellamt im Bereich der Fusionskontrolle, betonte seinerzeit das Bundeswirtschaftsministerium. Der damalige Grünen-Fraktionsvize Krischer hatte Altmaier indes aufgefordert, seine gerichtliche Unterstützung für Eon und RWE zurückzuziehen. „Wenn Eon und RWE beschlossen haben, sich keine Konkurrenz mehr zu machen, kann der Wirtschaftsminister sie dabei nicht auch noch unterstützen“, argumentierte er.

Naturstrom-Chef: „Schier ein Unding“

Jetzt ist Krischer ein Vertreter der Bundesregierung – und gerät selbst als Akteur in den Fokus. In einem Brief an Wirtschaftsminister Habeck kritisiert Naturstrom-Chef Thomas E. Banning, es sei „schier ein

Im März 2018 demonstrierten die Chefs von Eon und RWE, Johannes Teyssen (links) und Rolf Martin Schmitz Einigkeit in Essen.
Im März 2018 demonstrierten die Chefs von Eon und RWE, Johannes Teyssen (links) und Rolf Martin Schmitz Einigkeit in Essen. © dpa | Rolf Vennenbernd

Unding, dass die Bundesregierung Partei für Konzerne ergreift“. Die Bundesregierung müsse ihre Rolle als Streithelfer „sofort beenden“, fordert Banning kurz vor einem anstehenden Gerichtstermin in der Sache in Luxemburg. Es gehe darum, eine „Monopolisierung der Energiewirtschaft gegen die Interessen der Energieverbraucher in Deutschland“ zu verhindern. Vor dreieinhalb Jahren hätten die beiden großen Konzerne „beschlossen, ihren Wettbewerb untereinander einzustellen“.

Eon hat im Zuge der Übereinkunft mit dem Nachbarkonzern die RWE-Tochter Innogy übernommen und die Sparten Vertrieb und Netz behalten. Das Geschäft mit den erneuerbaren Energien ging an RWE. In einem „in der Marktwirkung fusionsgleichen Vorgang“, konstatiert Naturstrom-Chef Banning, hätten Eon und RWE ihre Geschäftsbereiche so untereinander ausgetauscht, „dass seitdem jeder von ihnen einen Marktbereich beherrscht“. Bei RWE seien alle konventionellen wie erneuerbaren Erzeugungsanlagen und der Stromgroßhandel gebündelt worden, Eon erhielt „alle Netze und alle Endkunden“ sowie Beteiligungen an zahlreichen Stadtwerken und Regionalversorgern in Deutschland. Während RWE seitdem etwa ein Viertel des Stromerzeugungsmarktes in Deutschland beherrsche und zusätzlich über noch größere Anteile am Großhandel verfüge, sei der Anteil von Eon bei den Netzen und der Endkundenbelieferung unter Berücksichtigung der Beteiligungen deutlich über 50 Prozent, so Naturstrom.

Eon hatte die Kartellfreigabe schon vor einiger Zeit als „grundsolide“ bezeichnet. Die EU-Kommission habe sie „nach einem sehr sorgfältigen und entsprechend langwierigen und intensiven Verfahren erteilt“. Auch RWE hatte sich unbesorgt mit Blick auf den Bestand der Vereinbarung gezeigt.