Moers. Edeka Rhein-Ruhr spürt die Folgen des Ukraine-Kriegs und der Inflation: Geschäftsführer rechnet mit Konsumflaute und Umsatzminus.
Während der Pandemie hatten Supermärkte Zulauf wie selten zuvor. Doch mit der Rückkehr der Normalität und den rasant steigenden Preisen für Lebensmittel rechnet man bei Edeka Rhein-Ruhr im laufenden Jahr wieder mit sinkenden Erlösen.
„Wir laufen auf einen harten Rezessionskonsum zu, der sich zum Beispiel an signifikant höheren Eigenmarkenanteilen zeigt“, sagte Dirk Neuhaus, Chef der in Moers ansässigen Edeka-Regionalgesellschaft Rhein-Ruhr, der „Lebensmittelzeitung“. Ein Grund dafür sei nicht nur die wegen des Ukraine-Krieges steigende Inflation. Mit dem Ende der Pandemie-Auflagen nähere sich überdies „das Einkaufsverhalten wieder an die Zeit vor Corona an“, so Neuhaus.
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Als 2020 und 2021 über Wochen und Monate der Fachhandel schließen musste, deckten sich die Verbraucherinnen und Verbraucher in gut sortierten Supermärkten ein. Und weil auch die Küchen der Restaurants kalt blieben, waren hochwertige Lebensmittel gefragt. Nun wandere der Konsum wieder ein Stück weit in die Gastronomie zurück. „Das spüren wir sehr stark bei Fisch, wo wir zweistellig Umsätze verlieren“, meint Neuhaus.
Edeka erwartet Umsatzminus von 2,5 Prozent
In der Moerser Regionalzentrale geht man deshalb davon aus, dass der Umsatz in den rund 700 Edeka- und Marktkauf-Filialen sowie den 250 Trinkgut-Getränkemärkten in NRW sowie Teilen von Niedersachsen und Rheinland-Pfalz in diesem Jahr um 2,5 Prozent schrumpfen werde. Von Januar bis April seien die Erlöse bereits um rund sechs Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum eingebrochen.
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2021 war für die Edeka Rhein-Ruhr allerdings auch ein ausgesprochen erfolgreiches Jahr. Der Jahresumsatz wuchs gemessen am Vorjahr um vier Prozent auf 5,7 Milliarden Euro. „Dieses sehr gute Ergebnis basiert vor allem auf dem Erfolg unserer selbstständigen Kaufleute“, betont Neuhaus. Allerdings hatte die Regionalgesellschaft im vergangenen Jahr auch 13 neue Supermärkte an den Start gebracht. In NRW und angrenzenden Gebieten verfüge Edeka nun über 1,2 Millionen Quadratmeter Verkaufsfläche. Im Schnitt sei ein Supermarkt 1500 Quadratmeter groß, teilt das Unternehmen mit.
Bis zu 1000 Arbeitsplätze in Oberhausen
In Oberhausen hat Edeka Rhein-Ruhr im vergangenen Jahr den Betrieb des neuen Logistikzentrums aufgenommen. In diesem Sommer soll es unter Volllast arbeiten. Auf 90.000 Quadratmetern sollen dort dann bis zu 16.000 verschiedene Lebensmittel aus dem Trockensortiment sowie Tiefkühlprodukte und Frischeartikel wie Obst, Gemüse und Molkereiprodukte gelagert und auf die Filialen weiterverteilt werden. „Perspektivisch soll die Zahl der Arbeitnehmer auf bis zu 1000 anwachsen. Fachpersonal wird für das vollautomatisierte Lager nach wie vor gesucht“, heißt es in einer Mitteilung. Die Supermarktkette leidet nach Angaben von Geschäftsführer Neuhaus allerdings unter Warenengpässen. „Bei etlichen Herstellern fehlen 15, 20 oder mehr Prozent der vereinbarten Lieferleistung. Und zwar schon im dritten Jahr“, beklagte er gegenüber der „Lebensmittelzeitung“.
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Eine getrübte Stimmung bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern beobachten nicht nur die Edeka-Kaufleute. Das Konsumbarometer, das der Handelsverband Deutschland regelmäßig erhebt, verzeichnete bereits den sechsten Monat in Folge einen Rückgang. Nach dem russischen Überfall auf die Ukraine am 24. Februar war die Verbraucherstimmung bereits massiv eingebrochen. Nun gab es dem Verband zufolge für Mai erneut eine Verschlechterung. Bei Anschaffungen bleiben die Verbraucherinnen und Verbraucher laut HDE weiterhin zurückhaltend.
Ukraine-Krieg belastet das Konsumklima
Dämpfend auf die Konsumabsichten wirkt das hohe Preisniveau in Verbindung mit der Erwartung noch weiter steigender Preise. Auch die Einkommenserwartungen liegen der Erhebung zufolge unter dem Vorjahresniveau. Kaum Veränderungen wurden bei der Sparneigung registriert. Nach Zahlen der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) sorgen sich 86 Prozent der Teilnehmerinnen und Teilnehmer einer Umfrage inzwischen über die steigenden Kosten, 50 Prozent wollen ihr Verhalten umstellen. Im ersten Quartal sei der Umsatzanteil mit günstigen Eigenmarken bei Vollsortimentern und Discountern erstmals seit langem wieder angestiegen – auf fast 35 Prozent.
>>> Was aus Kaiser’s Tengelmann wurde
Gut fünf Jahre nach dem spektakulären Verkauf der Supermarktkette Kaiser’s Tengelmann neigt sich dieses Kapitel deutscher Handelsgeschichte dem Ende zu. Der damalige Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hatte Ende 2016 verfügt, dass die Mülheimer Unternehmensgruppe Tengelmann nur unter strengen Auflagen an Edeka und Rewe abgeben durfte.
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Edeka musste sich verpflichten, eine Reihe unrentabler Filialen weiterzubetreiben. Die Regionalgesellschaft Rhein-Ruhr übernahm 47 Supermärkte. Einige von ihnen wurden zu Discountern der konzerneigenen Kette Netto umgeflaggt. Es habe auch Schließungen gegeben wie nach der Flut in Bad Neuenahr im vergangenen Jahr, teilt Edeka auf Anfrage mit.
30 Märkte übergibt die Genossenschaft nun in neue Hände. „Dabei haben wir sowohl Existenzgründer als auch erfahrene Kaufleute berücksichtigt“, sagt eine Sprecherin. Nach Modernisierungen habe man die Umsätze der ehemaligen Kaiser’s Tengelmann-Filialen deutlich steigern können und neue Arbeitsplätze geschaffen.