Essen. Bei der Hauptversammlung des Essener Energiekonzerns RWE mahnen Investoren mehr Klimaschutz an. Zuletzt sind die CO2-Emissionen stark gestiegen.

Eigentlich soll RWE nicht nur größer, sondern auch grüner werden. „Growing Green“ nennt Konzernchef Markus Krebber sein 50 Milliarden Euro schweres Programm, das darauf abzielt, den Essener Stromversorger in den kommenden Jahren beim Ausbau der erneuerbaren Energien nach vorne zu bringen. Doch zuletzt gab es einen Rückschritt beim Klimaschutz, wie Ingo Speich von der Sparkassen-Investmentfirma Deka Investment in seinem Statement zur RWE-Hauptversammlung bemängelt.

„Das Geschäftsjahr 2021 markiert – nach acht Jahren sinkender CO2-Emissionen – einen traurigen Wendepunkt, der zugleich auch noch einen Negativrekord für RWE darstellt“, kritisiert Speich. RWE habe den Ausstoß des Klimagases Kohlendioxid „um sage und schreibe“ 20,7 Prozent auf knapp 81 Millionen Tonnen im Vergleich zum Vorjahr erhöht. „Die Art und Weise, wie der Konzern Strom produziert, ist nicht zukunftsfähig“, konstatiert Speich. Trotz ambitionierter Umbaupläne für die kommenden Jahre prägen in der Gegenwart die großen Braunkohlekraftwerke im Rheinischen Revier das Bild von RWE.

Vorstandschef Krebber erklärt den Anstieg beim CO2-Ausstoß bei der digitalen Hauptversammlung auf Nachfrage von Aktionären mit den Wetterverhältnissen im vergangenen Jahr. 2021 habe es wenig Wind

Vorstandschef Markus Krebber bekräftigt die Bereitschaft des Unternehmens, die RWE-Kohlekraftwerke wegen des Ukraine-Kriegs hochzufahren.
Vorstandschef Markus Krebber bekräftigt die Bereitschaft des Unternehmens, die RWE-Kohlekraftwerke wegen des Ukraine-Kriegs hochzufahren. © FUNKE Foto Services | Fabian Strauch

und Sonne gegeben, damit seien die Kohlekraftwerke verstärkt in Betrieb gewesen. Sein Unternehmen wolle die CO2-Emissionen „so schnell wie möglich reduzieren“ und bis zum Jahr 2040 klimaneutral sein.

Doch einflussreiche Investoren dringen schon jetzt auf mehr Klimaschutz bei RWE. „Herr Krebber, Sie sind verlässlich, aber nicht ambitioniert genug“, ruft Henrik Pontzen von der Fondsgesellschaft Union Investment dem Konzernchef zu. „Der Kampf gegen den Klimawandel duldet keinen Aufschub.“ Auch die Deutsche-Bank-Fondstochter DWS blickt kritisch auf den höheren CO2-Ausstoß der RWE-Kraftwerke im vergangenen Jahr. Beim Ziel, Deutschlands Volkswirtschaft klimaneutral zu machen, spiele RWE eine entscheidende Rolle, sagt DWS-Manager Hendrik Schmidt und fordert ein „effektives Ende“ der Kohleverstromung.

Schon seit einiger Zeit macht die aktivistische Investmentfirma Enkraft bei RWE mit der Forderung nach einer schnellen Trennung vom Geschäft mit der Kohle von sich Reden. Den RWE-Vorstand zu einem solchen Schritt zu verpflichten, wie es Enkraft will, lehnen andere Investoren aber ab. Auch Deka-Experte Speich sagt zwar, die Kohleaktivitäten bei RWE „müssen zügig abgespalten werden“. Es sei aber falsch, die Handlungsoptionen des RWE-Managements per formalen Beschluss zu begrenzen.

Mit der Initiative, die Braunkohle vom RWE-Konzern zu trennen, ist Enkraft bei der Hauptversammlungsabstimmung schließlich auch gescheitert. Die Kampagne habe allerdings den Fokus auf „das wichtigste strategische Problem“ von RWE gerichtet, sagt Enkraft-Geschäftsführer Benedikt Kormaier unserer Redaktion. „Der Vorstand steht jetzt unter Druck, selbst zu liefern.“

RWE bereit zu Gesprächen mit Bundesregierung zur Zukunft der Braunkohle

RWE-Chef Krebber verweist darauf, dass „jede Planänderung“ zur Braunkohle ohnehin „nur im Einvernehmen mit der Politik erfolgen“ könne. Im Koalitionsvertrag der Bundesregierung von SPD, Grünen und FDP sei auch ein Stiftungsmodell als mögliche Option für die Kohlekraftwerke genannt. RWE sei zu Gesprächen darüber bereit, betont Krebber. RWE-Finanzchef Michael Müller erklärt auf Nachfrage eines Aktionärs, in den Bilanzen des Konzerns seien die Braunkohlekraftwerke bereits abgeschrieben.

RWE-Chef Krebber bekräftigt bei der Hauptversammlung auch die Bereitschaft des Unternehmens, die konzerneigenen Kohlekraftwerke hochzufahren, um im Fall von Versorgungslücken wegen des Kriegs in der Ukraine auszuhelfen. Ein Einsatz von mehr Kohlekraftwerken könne angesichts der aktuellen Situation „nötig werden, um den Gasverbrauch im Stromsektor zu reduzieren“, sagt Krebber. „Das könnten vor allem Braunkohlekraftwerke sein“, denn Braunkohle sei als heimischer Energieträger verfügbar. „Sollte die Bundesregierung unsere Anlagen, die wir eigentlich jetzt abschalten würden, aus Gründen der Versorgungssicherheit brauchen, halten wir diese länger als geplant verfügbar.“ An den Plänen zum Kohleausstieg halte RWE aber fest. „Und wir stehen zu gegebener Zeit für Diskussionen bereit, den Kohleausstieg auf 2030 vorzuziehen“, beteuert Krebber.

Mit dem Manöver, einen Gegenkandidaten für Essens Oberbürgermeister Thomas Kufen (CDU) in den RWE-Aufsichtsrat zu hieven, ist der Investor Enkraft erfolglos geblieben. Kufen hat nach Angaben von Aufsichtsratschef Werner Brandt eine klare Mehrheit bei der Hauptversammlung erhalten.