Köln. Rewe will nicht alle Kostensteigerungen bei Lebensmitteln an Kunden weitergeben. Warum Rewe-Chef Lionel Souque auf Gewinn verzichten will.

Die Preiserhöhungswelle für Lebensmittel trifft auch die Kölner Rewe-Gruppe. Doch ihr Vorstandsvorsitzender Lionel Souque vermittelt am Dienstag bei der Vorlage seiner Jahresbilanz für 2021 den Eindruck, dass er auf die Bremse treten will. „Wir können nicht alles an unsere Kunden weitergeben“, sagt der Rewe-Chef. Einen Teil allerdings schon – fügt er hinzu, ohne konkret zu werden.

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Es war ein Paukenschlag, als der Discounter Aldi an diesem Montag die Preise für Fleisch, Wurstwaren und Milcherzeugnisse spürbar anhob. Für 250 Gramm Butter der Hausmarke Milsana müssen Kundinnen und Kunden jetzt 2,09 Euro zahlen – rund 30 Prozent mehr als noch vergangene Woche. Den Schritt ging auch Rewe mit. Die Butter der Rewe-Eigenmarke „ja“ kostet exakt so viel. Und dennoch widerspricht Konzernchef Souque zumindest teilweise der Prophezeiung des Rivalen Aldi, dass andere Händler in gleicher Weise an der Preisschraube drehen werden.

Rewe-Chef: „Wir gehen nicht als Erste in die Erhöhung“

„Wir gehen nicht als Erste in die Erhöhung. Das macht der Aldi für uns“, sagt Souque mit einem Augenzwinkern und verweist auf die mehr als 800 „ja“-Produkte, mit denen auch Rewe-Märkte das Discount-Segment bedienen. „Hier folgen wir Aldi eins zu eins“, betont der Manager. Souque spricht von einer „Doppelkrise“, unter der auch Deutschlands zweitgrößter Lebensmittelhändler leide. Erst habe die Corona-Pandemie die Preise für Energie, Logistik und Rohware in die Höhe getrieben. Seit fünf Wochen kämen die Folgen des Kriegs in der Ukraine noch dazu.

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Seit September 2021 konfrontiere die Lebensmittel-Industrie den Handel mit „massiven Wünschen“ nach Preiserhöhungen, berichtet der Rewe-Chef. Diese Wünsche seien aber nur zum Teil nachvollziehbar. „Viele sind auf der Welle gesurft, etwa weil sie eine höhere Dividende ausschütten wollen“, kritisiert Souque. „Da mussten wir aussortieren.“ Durch den Krieg in der Ukraine habe sich die Lage noch einmal verschärft. Der Rewe-Chef spricht von „schwierigen Verhandlungen mit der Industrie“.

„Wir haben genug verdient im vergangenen Jahr“

Souque geht davon aus, dass alle Warengruppen von Kostensteigerungen betroffen sind, vor allem aber frische Produkte sowie Papier und Aluminium, deren Herstellung sehr viel Energie verschlinge. Der Rewe-Chef kündigt aber an, die steigenden Preise nicht in vollem Umfang an die Endverbraucher weitergeben zu wollen. Sie seien ohnehin schon durch steigende Ausgaben für Strom, Sprit und Heizung belastet. „Wir müssen in diesem Jahr auf unsere Spanne teilweise verzichten. Das kann eine Genossenschaft leichter tun als ein börsennotiertes Unternehmen.“ Nach Souques Angaben habe die Rewe Group die Verkaufspreise bereits mit einem dreistelligen Millionenbetrag gestützt. „Wir haben genug verdient im vergangenen Jahr“, fügt er hinzu.

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In der Tat fuhr der Kölner Konzern im vergangenen Jahr einen deutlich höheren Gewinn ein. Ohne den selbstständigen Einzelhandel und Beteiligungen stieg das operative Ergebnis vor Abzug von Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebita) um 22 Prozent auf 1,49 Milliarden Euro. Unterm Strich blieben 756 Millionen Euro in der Kasse – ein Plus von 82 Prozent. Im zweiten Corona-Jahr in Folge steigerte die Rewe-Gruppe ihren Umsatz um 2,5 Prozent auf 76,5 Milliarden Euro. Die Beschäftigung blieb mit international 380.000 Mitarbeitenden stabil.

Reiseboom bei Rewe-Töchtern

Vom Auslaufen der Pandemie-Beschränkungen profitiert aktuell vor allem die Reise-Sparte mit Marken wie DER Touristik, ITS und Meiers Weltreise. „Seit Anfang des Jahres erleben wir einen Buchungsboom. Die Leute sind hungrig aufs Reisen“, sagt Rewe-Vorstand Sören Hartmann. Nach einer „Woche des Erschreckens“ mit Ausbruch des Kriegs in der Ukraine am 24. Februar gehe der Reiseboom weiter. Für bereits gebuchte Pauschalreisen blieben die Preise stabil. Angesichts der Energiekrise rechnet Hartmann aber mit Kerosin-Aufschlägen für noch zu buchende Flüge.

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Beim Energiesparen will die Rewe-Gruppe, die nach Angaben ihres Chefs jährlich so viel Strom verbraucht wie 800.000 Familien, mit gutem Beispiel vorangehen. „Wir wollen nicht nur jammern, sondern Maßnahmen prüfen“, erklärt Lionel Souque. Dazu gehöre, die Beleuchtung in den Märkten zu dimmen und die Temperatur um ein oder zwei Grad herunterzuregeln. Rund die Hälfte des Stroms brauche Rewe für die Kühlung und ein Viertel für die Lampen.