Essen. Essens OB Thomas Kufen bekommt als Aufsichtsrat des Energiekonzerns RWE einen Gegenkandidaten. Investor Enkraft macht weiter Druck.

Essens Oberbürgermeister Thomas Kufen (CDU) bekommt auf der anstehenden Hauptversammlung des Energiekonzerns RWE einen Gegenkandidaten bei der Aufsichtsratswahl. Das geht aus einem Antrag des Investors Enkraft hervor. Es sei unwahrscheinlich, dass Kufen „über ausreichend zeitliche Ressourcen verfügt, die Rolle als Aufsichtsrat der RWE gewissenhaft und sorgfältig auszuüben“, begründet Enkraft-Geschäftsführer Benedikt Kormaier den Vorstoß. Kufen habe neben seiner hauptamtlichen Rolle als Oberbürgermeister von Essen 17 Aufsichtsrats- und Beiratsmandate in privatrechtlichen Unternehmen und Sparkassen sowie zwölf Mandate in Kuratorien und sonstigen Gremien.

Enkraft zweifelt zudem die fachliche Kompetenz Kufens im für RWE wichtigen Geschäft mit erneuerbaren Energien an. In seiner bisherigen hauptberuflichen Tätigkeit habe der Oberbürgermeister kaum Erfahrung im Zusammenhang mit den Erneuerbaren vorzuweisen, so Kormaier. Anstelle von Kufen schlägt der Investor den in Essen geborenen Anwalt Oliver Kirfel vor, der sich den Angaben von Enkraft zufolge seit Jahren in einer Münchner Kanzlei mit Energiethemen befasst.

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Oberbürgermeister Kufen genießt die Unterstützung des RWE-Aufsichtsrats und dürfte gute Chancen haben, gewählt zu werden. Der Vorstoß von Enkraft stellt allerdings einmal mehr unter Beweis, dass der Investor den Druck auf das RWE-Management hoch halten möchte. Enkraft will bei RWE eine Trennung von den Geschäften mit dem Abbau und der Verstromung von Braunkohle erwirken. Mit einer von Enkraft herbeigeführten Ergänzung zur Tagesordnung der digitalen RWE-Hauptversammlung am 28. April steht nun eine mögliche Abspaltung der Kohlesparte offiziell zur Abstimmung.

Investor erwartet Wertsteigerung von RWE bei Abspaltung der Kohlegeschäfte

„Mit einer Abspaltung der Kohleaktivitäten würde der Wert von RWE am Kapitalmarkt sprunghaft steigen. Wir gehen von einem Potenzial von bis zu 16 Milliarden Euro zusätzlich aus“, betont Kormaier. „Durch den Ukraine-Krieg ist es dringender denn je, den Ausbau der erneuerbaren Energien zu forcieren – mit entsprechenden Potenzialen für RWE.“ Im Zusammenhang mit dem Braunkohletagebau hat RWE indes Verpflichtungen unter anderem zur Renaturierung im Rheinischen Revier.

Das RWE-Management stellt sich gegen die von Enkraft geforderte Abspaltung des Kohlegeschäfts. Vorstand und Aufsichtsrat empfehlen, den Beschlussantrag des Investors auf der Hauptversammlung abzulehnen, heißt es in einer Stellungnahme des Konzerns. Eine Abtrennung sei keine strategisch erfolgversprechende Option. Es gebe aussichtsreichere Alternativen, die im Einvernehmen mit der Politik entwickelt werden könnten, etwa die Ausgliederung in eine Stiftung.