Bochum. Vonovia rät allen Mietern, den Abschlag für die Nebenkosten freiwillig zu erhöhen. Explosion des Gaspreises führe zu hohen Nachzahlungen.

Die Zahl der Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine, die sich nach Deutschland retten, wächst. Doch die Zahl freier Wohnungen ist gering. Europas größte Vermieterin Vonovia meldete am Freitag eine historisch niedrige Leerstandsquote von 2,2 Prozent. Bundesweit stellt der Bochumer Konzern mit seinem Bestand im eigenen Land von mehr als einer halben Million Wohnungen zunächst 365 für Flüchtende zur Verfügung, davon 250 in Nordrhein-Westfalen.

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„Das ist keine gute Meldung. Wir haben keine leeren Wohnungen. Wir können sie nicht zaubern“, bedauerte Vonovia-Chef Rolf Buch bei der Vorlage der Bilanz für das vergangene Jahr. Schon lange vor Kriegsausbruch war die Wohnungsnachfrage gewaltig. Die Situation in Großstädten und Ballungsräumen vergleicht Buch gar mit einer „Notlage“. 2020 hatte die Leerstandsquote bei Vonovia noch 2,4 Prozent betragen und ist 2021 noch einmal auf 2,2 Prozent abgesackt. Ein Tiefpunkt.

Trotz der Wohnungsengpässe signalisiert Buch Solidarität. „Wir müssen helfen und wir helfen bereits“, unterstreicht der Manager. Vonovia-Handwerker seien im Einsatz, um auch Wohnungen anderer Vermieter für Geflüchtete herzurichten.

Vonovia-Chef Rolf Buch zeigt sich über den Krieg in der Ukraine tief besorgt.
Vonovia-Chef Rolf Buch zeigt sich über den Krieg in der Ukraine tief besorgt. © FFS | Kerstin Kokoska

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Als eine Konsequenz aus Putins Krieg gegen die Ukraine fordert Buch ein rasches Ende der deutschen Abhängigkeit insbesondere von russischem Gas. Nach seinen Angaben verfügen aktuell zwei Drittel der Vonovia-Wohnungen über Gasheizungen. Ihr Anteil an den Nebenkosten betrage schon jetzt rund 30 Prozent. „Die Energiepreise steigen rasant. Das werden auch unsere Mieter zu spüren zu bekommen“, meint der Vorstandsvorsitzende.

Gas: Mehrere Hundert Euro Nachzahlung erwartet

Laut Statistischem Bundesamt sind die Energiepreise im vergangenen Jahr um 18,3 Prozent gestiegen. Angesichts des Ukraine-Kriegs erwartet Buch noch größere Preissprünge in den nächsten Monaten. Bei Vonovia geht man intern davon aus, dass auf Mieterinnen und Mieterinnen Nebenkosten-Nachzahlungen von bis zu mehreren Hundert Euro zukommen werden.

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„Wir empfehlen dringend, die monatlichen Zahlungen anzupassen“, sagt Buch. Obwohl Vonovia als Vermieter die Nebenkosten nur als Dienstleister für die Energieversorger eintreibe, wolle sein Unternehmen beraten und auf die Gefahr immenser Nachzahlungen hinweisen. „Da kommt eine riesige Problemflut auf uns zu“, prophezeit der Konzernchef. Bei Vonovia liefen bereits Überlegungen, ob geringverdienenden Mietern mit Stundungen oder Ratenzahlungen bei den Nebenkosten geholfen werden könne.

Austausch von Heizungsanlagen hat Priorität

Parallel kündigt Buch an, das Tempo beim Ausstieg aus fossilen Energieträgern zu beschleunigen. „Der Austausch von Heizungsanlagen hat für uns deshalb höchste Priorität“, kündigt er an und schließt angesichts hoher Investitionen nicht aus, bei der energetischen Sanierung mehr Kosten auf die Miete umzulegen als bisher. Vonovia hatte sich freiwillig verpflichtet, die Mieten nach der Modernisierung von Bestandsgebäuden um nicht mehr als zwei Euro pro Quadratmeter zu erhöhen. Der Gesetzgeber ermöglicht eine Umlage von bis zu drei Euro.

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Dass Vonovia die wirtschaftliche Kraft habe, die Investitionen vor allem in Photovoltaik-Anlagen zu erhöhen, räumt das Unternehmen unumwunden ein. „Wir haben ein phantastisches Jahr 2021 hinter uns“, sagt der neue Finanzvorstand Philip Grosse. Der Bochumer Dax-Konzern blickt auf das „erfolgreichste Jahr seiner Geschichte“ zurück.

Vonovia steigert Gewinn um 24 Prozent

Der Umsatz wuchs um 18,8 Prozent auf rund 5,2 Milliarden Euro. Der Gewinn, der in der Immobilienbranche mit der Kennzahl FFO gemessen wird, schnellte gar um 24 Prozent auf rund 1,7 Milliarden Euro in die Höhe. Die Vonovia-Aktionäre sollen nach dem Willen des Vorstands eine Dividende von 1,66 Euro pro Aktie erhalten – acht Cent mehr als im Vorjahr. Die Miete erhöhte sich im Schnitt auf 7,33 Euro pro Quadratmeter – das waren 2,4 Prozent mehr als ein Jahr zuvor.

Vorstandschef Buch zeigt sich zuversichtlich, im laufenden Jahr einen neuerlichen Geschäftsrekord aufstellen zu können. Das operative Ergebnis soll demnach 2022 auf 2,0 bis 2,1 Milliarden Euro steigen. Beim Umsatz peilt Vonovia eine Bandbreite von 6,2 bis 6,4 Milliarden Euro an.