Bochum. Mit einem dritten Lager will Babymarkt.de-Chef Siebers gegen Lieferengpässe ankämpfen. Sein Rezept für hohe Verfügbarkeit erklärt er im Podcast.

Während der Corona-Pandemie wurden so viele Kinder geboren wie zuletzt vor zwei Jahrzehnten. 174.400 Säuglinge kamen im vergangenen Jahr allein in NRW zur Welt. Beim Bochumer Kinderbedarf-Anbieter Babymarkt.de gingen zeitweise doppelt so viele Bestellungen von Babyflaschen ein wie üblich. Überbewerten will Unternehmenschef Bastian Siebers die Auswirkungen des Babybooms allerdings nicht. Babymarkt.de verbuchte bereits vor Corona satte Umsatzsprünge.

„Meine Wahrnehmung ist eher: Das Wegbrechen der Krise ist der Booster für mehr Kinder“, sagt Siebers im WAZ-Podcast „Die Wirtschaftsreporter“. Der Chef von Babymarkt.de hat vielmehr den langfristigen Trend im Blick: mehr Kinder, mehr Betreuungsbedarf, mehr Kindergeld. Mit mehr als 500 Mitarbeitern, einem Umsatz über 200 Millionen Euro und jährlichen Wachstumsraten von 30 Prozent hat sich die Tochter der Handelsgruppe Tengelmann zum größten Onlinehändler für Baby- und Kinderartikel in Europa entwickelt.

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Trotz der steigenden Nachfrage und weltweiten Lieferengpässe in vielen Produktkategorien sieht Siebers sein Unternehmen gut aufgestellt. „Wir haben früh dagegen gesteuert, mehr Ware eingekauft und uns einen Vorrat hingelegt“, berichtet der Geschäftsführer. Die hochgefahrene Logistik „kostet, bringt aber Sicherheit“, meint Siebers. Babymarkt.de beliefert 13 europäische Länder und China aus zwei Logistikzentren in Tschechien. Knapp zehn Prozent der 100.000 Artikel im Sortiment seien aktuell nicht bestellbar. An ihnen klebt im Webshop das Schild „ausverkauft“. Die Quote sei „normal“, meint Siebers.

„Wir müssen unsere Lagerkapazitäten ausbauen“

Muss sich der deutsche Einzelhandel angesichts der stotternden Lieferketten aus der Abhängigkeit Asiens befreien? Nach Siebers Überzeugung geht die Debatte in eine falsche Richtung. „Wir sind hier doch ohnehin schon auf der Suche nach qualifiziertem Personal“, sagt der Geschäftsführer. Der 46-Jährige, der vor seinem Wechsel zu Babymarkt.de bei Karstadt/Quelle und Tengelmann Erfahrung im Onlinehandel machte, setzt vielmehr auf eine gut funktionierende Logistik.

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„Wir brauchen mehr Bezugsquellen und müssen unsere Lagerkapazitäten ausbauen“, reagiert Siebers auf die Lieferengpässe. Auch Babymarkt.de werde weiter investieren. Neben den beiden Lagern in Tschechien und dem Retouren-Zentrum in Dortmund plane das Unternehmen einen weiteren Logistikstandort. Über den geografischen Ort sei noch nicht entschieden. Der sei auch nicht so wichtig. „Die Kundinnen und Kunden wollen das größte Sortiment haben. Es gilt, die Artikel vorrätig zu haben“, nennt Siebers das Ziel.

15 Onlineshops für Europa und China

Auf die zentrale Steuerung setzt Babymarkt.de auch beim Kundenservice. Kunden-Anfragen und Reklamationen aus den 15 Onlineshops in Europa und China landen allesamt in der Zentrale von Babymarkt.de, die im Jahr 2020 von Dortmund in die ehemalige Opel-Verwaltung in Bochum umgezogen ist. „Wir sind ein bunter Haufen aus 33 Nationen unter einem Dach“, sagt Siebers und lacht. Sein Team spricht mit Kundinnen und Kunden aus Frankreich, Spanien oder Schweden in zwölf unterschiedlichen Sprachen.

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Muttersprachlerinnen ins Ruhrgebiet zu locken, sei kein Problem. „Die Wissensstandorte sind hier gut vernetzt und beim Wohnen gibt es ein faires Preis-Leistungs-Verhältnis“, meint der Babymarkt-Chef. „Man muss sich vielmehr anstrengen, die richtigen Leute zu finden“, sagt er im Hinblick auf den Fachkräftemangel. Im Onlinehandel komme es weniger darauf an, auf den internationalen Märkten vor Ort zu sein, sondern Informationen, die das Unternehmen über seine Kundinnen und Kunden erhält, auszuwerten. Siebers: „Daten sind die neue Magie.“

>>> Zur Person: Bastian Siebers

Bastian Siebers (46) hat Handel und Marketing an der Universität Münster studiert. 2002 kam er zum Essener Warenhauskonzern Karstadt/Quelle. Dort baute er mit das Onlinegeschäft auf.

2009 wechselte Siebers zur Tengelmann-Gruppe nach Mülheim, wo er zunächst als Geschäftsführer von Plus.de und danach von Tengelmann E-Stores arbeitete. Seit 2014 ist er Chef des Tochterunternehmens Babymarkt.de.

Siebers lebt mit Frau und zwei Kindern am Baldeneysee in Essen.