Essen. Viel Lob aus der NRW-Wirtschaft für Koalitionsvertrag der Ampel. RWE will seinen Beitrag zum Kohleausstieg 2030 leisten. Kritik am Mindestlohn.

Viel Lob und wenig Kritik ernten SPD, Grüne und FDP für ihren Koalitionsvertrag aus der nordrhein-westfälischen Wirtschaft. Sie wird vor allem wegen der beschleunigten Energiewende und dem angepeilten Kohleausstieg 2030 besonders betroffen sein, betont aber die darin liegenden Chancen. Der Stromkonzern RWE, dessen Braunkohletagebaue im Rheinland samt Kraftwerken früher stillgelegt werden sollen, spricht von einem „ermutigenden Ergebnis“ der Koalitionsverhandlungen. Arbeitgeberpräsident Arndt Kirchhoff begrüßt die „erkennbare Aufbruchsstimmung“.

RWE-Chef Krebber will Wandel aktiv mitgestalten

RWE-Chef Markus Krebber sieht im Koalitionsvertrag Potenzial, „der Energiewende ordentlich Schwung“ zu verleihen. „Die Transformation unseres Industrielandes braucht Entschlossenheit und Pragmatismus“, so Krebber. Er hatte sich früh offen gezeigt für einen auf 2030 vorgezogenen Kohleausstieg, was aber nur bei einem deutlich schnelleren Ausbau von Ökostrom, Netzen und Gaskraftwerken als Übergangslösung gelingen könne. RWE sei bereit, diesen Wandel „aktiv mitzugestalten“.

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Den bei einem früheren Ende des Braunkohletagebaus möglichen „Erhalt der Dörfer des dritten Umsiedlungsabschnitts“ werde RWE mit der NRW-Landesregierung erörtern. Der Essener Konzern begrüßt „ausdrücklich, dass der Koalitionsvertrag auch die sozialen Aspekte der Energiewende berücksichtigt“. Heißt bei RWE, den im Tagebau und den Kraftwerken Beschäftigten ein frühzeitiges Ausscheiden und für Jüngere Qualifizierungen mit staatlicher Hilfe abzusichern. Der Kohle-Klassiker „Niemand wird ins Bergfreie fallen“, steht im Koalitionsvertrag.

Ampel will RWE und Uniper keine Entschädigung zahlen

Zurückhaltend äußert sich RWE lediglich zum im Koalitionsvertrag niedergeschriebenen Ziel, keine weiteren Entschädigungen zu zahlen. Man nehme das „zur Kenntnis“, heißt es dazu, RWE erwarte bezüglich der geltenden Verträge „Vertrauensschutz“ und setze „auf konstruktive Gespräche darüber, wie die Anpassungen im heutigen Gesetz und im Vertrag gestaltet werden können“.

Uniper-Chef Maubach war zuletzt deutlicher geworden und hatte gefordert, im Falle eines vorgezogenen Kohleausstiegs müsse es entsprechende Entschädigungen für das ansonsten bis 2038 laufende Steinkohle-Großkraftwerk Datteln 4 geben. Zum Koalitionsvertrag fand er dennoch lobende Worte und betonte ebenfalls Uniper stehe bereit, bei der Umsetzung der Ziele zu helfen. „Insbesondere der Ansatz, möglichst einfach, unbürokratisch und effizient vorzugehen, gefällt mir sehr. Ich erhoffe mir einen echten Ruck bei der Beschleunigung von Planungsverfahren, denn diese sind ein Mühlstein um den Hals jedes großen Projekts“, sagte Maubach.

Kirchhoff lobt Genehmigungs-Turbo und kritisiert Mindestlohn

IGBCE-Gewerkschaftschef Michael Vassiliadis hob die Ankündigung hervor, die für den Ökostrom-Ausbau erhobene EEG-Umlage künftig nicht mehr auf den Strompreis umzulegen, sondern über den Bundeshaushalt zu finanzieren. Ebenso den Plan der Ampel, einen Transformationsfonds auflegen zu wollen, aus dem der grüne Umbau der Industrie finanziert werden soll. Die IGBCE hatte einen solchen vorgeschlagen und dafür 120 Milliarden Euro gefordert. Denn: „Nur, wenn wir jetzt mutig investieren, Infrastruktur und Industriestandorte modernisieren und Jobs weiterentwickeln, kann die Transformation eine echte Chance für gute Industriearbeit sein. Das haben SPD, Grüne und FDP erkannt“, lobte Vassiliadis.

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Arbeitgeberpräsident Kirchhoff lobte, dass die Ampel „die richtigen Weichenstellungen für die großen Herausforderungen wie Digitalisierung, Dekarbonisierung und demografischer Wandel entschlossen in Angriff nehmen“ wolle, forderte aber an einigen Punkten „konkretere Lösungsvorschläge statt bloßer Absichtserklärungen“. Das erklärte Ziel der Ampel, die Planungs- und Genehmigungsverfahren massiv zu beschleunigen, sei aber „hoch anzuerkennen“, so Kirchhoff. Das sei „gerade für die Investitionen in die Transformation des Industriestandorts NRW von herausragender Bedeutung“.

Die von der rot-grün-gelben Koalition angekündigte Anhebung des Mindestlohns auf zwölf Euro kritisierte der Präsident des Verbands Unternehmer NRW dagegen scharf: „Mit dem erneuten staatlichen Eingriff beim Mindestlohn läuft die Politik nun endgültig Gefahr, der Tarifautonomie der Sozialpartner schweren Schaden zuzufügen.“