Düsseldorf. Uniper-Chef Maubach zeigt sich offen für Verhandlungen mit der künftigen Bundesregierung über ein früheres Aus für das Kohlekraftwerk Datteln.
Das Uniper-Kraftwerk in Datteln ist zu einem Symbol für das Ringen um einen Ausstieg aus der Kohleverstromung in Deutschland geworden. Erst im Frühjahr vergangenen Jahres ist die riesige Anlage im nördlichen Ruhrgebiet mit einem knapp 180 Meter hohen Kühlturm ans Netz gegangen – und die Pläne der früheren Eon-Tochter Uniper sehen vor, dass an dem konzerneigenen Standort bis zum Jahr 2038 Strom aus Steinkohle erzeugt wird, um damit unter anderem die Deutsche Bahn zu versorgen.
Uniper-Chef Klaus-Dieter Maubach stellt sich nach eigener Darstellung allerdings auch auf Verhandlungen über ein vorgezogenes Aus für das umstrittene Kohlekraftwerk ein. Er erwarte, dass sich die künftige Bundesregierung vermutlich erneut mit dem Thema Kohleausstieg beschäftigen werde, sagte Maubach bei einer Veranstaltung der Wirtschaftspublizistischen Vereinigung (WPV) in Düsseldorf.
Die Frage, welches ein „akzeptables Datum“ für einen Kohleausstieg sei, müssten die politischen Parteien beantworten, betonte der Manager. Uniper jedenfalls wolle nicht als Akteur angesehen werden, der sich einer Lösung, die gesellschaftlich gewollt werde, versperre. Deutschland strebe schließlich Klimaneutralität an. „Deswegen signalisieren wir Gesprächsbereitschaft“, so Maubach.
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Sollte das Kohlekraftwerk Datteln allerdings aufgrund von Veränderungen beim Kohleausstiegsgesetz vor dem Jahr 2038 vom Netz gehen, verlange sein Unternehmen eine Entschädigung. Er sei seinen Aktionären verpflichtet und müsse das Firmenvermögen schützen, sagte der Uniper-Chef. Daher erwarte er bei einem vorgezogenen Aus der Anlage in Datteln einen finanziellen Ausgleich. „Es gibt ein Kohleausstiegsgesetz, und das sieht vor, dass das Kraftwerk in Datteln bis 2038 betrieben wird“, sagte er zur Begründung. Es sei Uniper „nicht zuzumuten“, dass das Unternehmen schlechter behandelt werde als Betreiber, die bereits ältere Kraftwerke abgeschaltet und dafür Geld bekommen hätten.
Jahrelange Verzögerungen beim Kraftwerksbau in Datteln
Ursprünglich sollte das vom Essener Energieversorger Eon geplante Kraftwerk schon im Jahr 2011 ans Netz gehen – und lange Zeit sah es so aus, als könnte der milliardenschwere Industriekomplex als Investitionsruine enden. Die Anlage war bereits in weiten Teilen fertig gebaut, als im Jahr 2009 eine Gerichtsentscheidung für Stillstand sorgte. Aufgrund von Mängeln bei der Planung musste der Konzern einige Bereiche des Kraftwerks umbauen, um Auflagen zu erfüllen. Das Kohlelager zum Beispiel ist kleiner geworden als zunächst geplant, und es gibt eine Schallschutzwand am Kühlturm.
Vor wenigen Wochen erlitt die einstige Eon-Tochter Uniper erneut eine juristische Schlappe im Zusammenhang mit dem Kraftwerksbau in Datteln. Auch der neu aufgesetzte Bebauungsplan sei unwirksam, entschied das Oberverwaltungsgericht für das Land NRW Ende August. Bei der Planung sieht das Gericht Fehler bei der Wahl des Standortes. So seien etwa Standort-Alternativen von vornherein nicht geprüft worden. Der Suchraum sei fälschlicherweise auf den Bereich Emscher-Lippe begrenzt worden. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Das OVG lässt keine Revision zu. Gegen diese Entscheidung ist aber Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig möglich.
Juristische Schlappe für Uniper
„Wir prüfen natürlich jetzt die Rechtsmittel, die wir haben“, berichtete Uniper-Chef Maubach. Er erinnerte daran, dass nach dem Baustopp im Jahr 2009 bereits die Planung für das Kraftwerk unter der damaligen rot-grünen NRW-Landesregierung „komplett neu aufgerollt“ worden sei. Mit Blick auf den laufenden Rechtsstreit erklärte Maubach: „Ich fürchte, das wird auch noch einige Jahre so weitergehen.“
Neben der Deutschen Bahn ist der Essener Energiekonzern RWE der zweite große Abnehmer von Strom aus dem Steinkohlekraftwerk Datteln. Durch Kraft-Wärme-Kopplung ist die Anlage zudem nach Angaben von Uniper in der Lage, rund 100.000 Haushalte mit Fernwärme zu versorgen. Maubach erklärte, die beiden großen Abnehmer von Strom aus Datteln hätten „langfristige Mietverträge“ mit Uniper. Sein Unternehmen erhalte daher auch Geld, wenn das Kraftwerk nicht produziere. Ob die Leistung der Anlage abgerufen werde, sei damit Sache der Abnehmer.
Mit Blick auf einen möglicherweise politisch gewollten Anstieg der Kosten für den Ausstoß von klimaschädlichem Kohlendioxid sagte Maubach, jede Erhöhung eines CO2-Preises würde Uniper „als durchlaufenden Posten unseren Kunden in Rechnung stellen“. Versuche, Datteln über einen höheren CO2-Preis vom Netz zu bekommen, würden ohnehin nicht funktionieren. Wer das versuche, werde enttäuscht.
Enge Geschäftsbeziehungen zum russischen Konzern Gazprom
Der Düsseldorfer Versorger Uniper befindet sich in den Händen des Energiekonzerns Fortum, der wiederum mehrheitlich dem finnischen Staat gehört. Der ehemalige Eon-Manager Maubach ist Ende März überraschend von der Aufsichtsratsspitze in den Uniper-Vorstand gewechselt. In diesem Zusammenhang haben die Konzerne Fortum und Uniper eine engere Kooperation in Aussicht gestellt.
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Im Ruhrgebiet gehört auch ein großer Kraftwerkskomplex in Gelsenkirchen-Scholven zum Konzern, der weltweit rund 12.000 Beschäftigte in mehr als 40 Ländern hat. Unabhängig vom Standort Datteln plant das Unternehmen derzeit, in der europäischen Stromerzeugung bis zum Jahr 2035 CO2-neutral zu werden.
Der Energieträger Gas spielt in der Strategie von Uniper eine wichtige Rolle. In dem Unternehmen sind große Teile des Essener Gashändlers Ruhrgas aufgegangen. Uniper ist nach eigenen Angaben der größte Kunde des russischen Staatskonzerns Gazprom und auch am umstrittenen Pipelineprojekt Nord Stream 2 beteiligt. Derzeit sei Gas knapp und die Preise hätten „historische Höchststände“ erreicht, sagte Maubach. Gleichzeitig hob er die guten Beziehungen zu Gazprom hervor. „Die Russen liefern wie in den letzten 50 Jahren zuverlässig.“
Maubach macht sich für den Bau neuer Gaskraftwerke als Ersatz für die Stromerzeugung aus Kohle stark – insbesondere bei einem vorgezogenen Kohleausstieg. Am Standort Gelsenkirchen-Scholven beispielsweise will der Konzern Abschied von der Kohleverstromung nehmen und auf Gas umstellen.