Bochum. Der britische Hedgefonds Davidson Kempner will Vonovias Plan, die Deutsche Wohnen zu übernehmen, gerichtlich stoppen lassen. Schwere Vorwürfe.
Aktionäre des Immobilienkonzerns Deutsche Wohnen versuchen, die Übernahme durch den Bochumer Rivalen Vonovia in letzter Minute zu stoppen. Der britische Hedgefonds Davidson Kempner hat nach eigenen Angaben bereits in der vergangenen Woche beim Landgericht Berlin eine Einstweilige Verfügung beantragt. Davidson Kempner hält 3,2 Prozent an der Deutschen Wohnen.
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Der Investor erhebt schwere Vorwürfe gegen Vonovia und Deutsche Wohnen. Die beiden Dax-Konzerne hätten „Aktionärsrechte umgangen“, heißt es in einer Stellungnahme. „Der Vorstand von Deutsche Wohnen hat in der Folge eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, die beispiellos und rechtlich fragwürdig sind und deren einziger Zweck es ist, Vonovia dabei zu helfen, die Kontrolle über Deutsche Wohnen zu erlangen. Und das, obwohl sich deren Aktionäre gegen die Übernahme und deren Konditionen wehren“, lässt der Hedgefonds verlauten.
Einstweilige Verfügung beantragt
Per Einstweiliger Verfügung will Davidson Kempner die Deutsche Wohnen konkret daran hindern, fast zehn Prozent eigener Aktien über einen Verkauf und über eine Kapitalerhöhung an die Vonovia zu übertragen. Die Briten beklagen zudem, dass die Bochumer mit Zustimmung der Partner aus Berlin vor etwa zwei Wochen auf alle Angebotsbedingungen verzichtet hatten. Darunter war auch die Streichung der Mindestannahmeschwelle von 50 Prozent plus einer Aktie. „Der Vorstand (der Deutschen Wohnen, d. Red.) hat damit Vonovia die Kontrolle über Deutsche Wohnen verschafft und seine eigenen Aktionäre umgangen“, kritisiert Davidson Kempner.
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Ob Vonovia von der Option der Kapitalerhöhung Gebrauch machen wird, ist freilich offen. Zuletzt verfügte der Konzern bereits über 44 Prozent der Deutsche-Wohnen-Aktien, und die Angebotsfrist läuft noch bis in den Oktober. Der Frankfurter Rechtsanwalt Peter Memminger, der Davidson Kempner vertritt, geht davon aus, dass sein Mandant gute Chancen habe, eine Einstweilige Verfügung zu erwirken. „Wir haben vom Gericht keinen Hinweis erhalten, dass wir chancenlos sind“, sagte der Jurist unserer Redaktion. Er rechnet mit einer mündlichen Verhandlung in der kommenden Woche. Würden die Richter dem Antrag folgen, könnte sich die Übernahme, die bereits zweimal gescheitert war, weiter verzögern.
„Interessenskonflikte“ zweier Vorstände der Deutsche Wohnen
Davidson Kempner fährt gegen Vonovia und Deutsche Wohnen aber auch in einem anderen Punkt, der vor Gericht zunächst keine Rolle spielt, schwere Geschütze auf. Die Investoren werfen Mitgliedern des Vorstands von Deutsche Wohnen „Interessenskonflikte“ vor, die „ernsthafte Bedenken hinsichtlich der Corporate Governance auf dem deutschen Markt“ aufwerfen könnten. Am Abend des Pfingstmontag hatten beide Unternehmen mitgeteilt, dass der bisherige Deutsche-Wohnen-Chef Michael Zahn als Stellvertreter von Rolf Buch und Finanzvorstand Philip Grosse in den Vonovia-Vorstand wechseln sollen – dem Vernehmen nach bei höheren Bezügen als bislang.
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Das Stimmrecht der Aktionäre werde „weitgehend ausgehebelt (...), sofern die Vorstände und Aufsichtsräte der beiden Unternehmen ein Geschäft abschließen wollen“, kritisiert Davidson Kempner. „Damit wird in Deutschland ein gefährlicher Präzedenzfall geschaffen, bei dem die Vorstände faktisch über das Schicksal eines Unternehmens entscheiden können und die Aktionärsdemokratie ausgehöhlt wird.“
Auch Michael Muders, Portfoliomanager bei der Fondsgesellschaft Union Investment, hatte unlängst in einem Interview bereits von einem „schwarzen Tag für die Aktienkultur in Deutschland gesprochen“. Vonovia und Deutsche Wohnen wollten sich auf Anfrage nicht zu den Vorwürfen beider Fondsgesellschaften äußern.