Essen. Bei den Entsorgern im Ruhrgebiet kommt zusätzlicher Müll aus den Flutgebieten an. Dabei gelangt die Zentraldeponie ohnehin schon an ihre Grenzen.

Nach der Unwetterkatastrophe kommt zusätzlicher Müll aus den Hochwassergebieten bei den Entsorgungsbetrieben im Ruhrgebiet an. Im Müllheizkraftwerk Karnap des Energiekonzerns RWE sind Unternehmensangaben zufolge pro Woche rund 800 Tonnen flutbedingter Sperrmüll aus Essen, dem Ahrtal und weiteren vom Hochwasser betroffenen Regionen verbrannt worden. „Selbstverständlich trägt unser Müllheizkraftwerk in Karnap zur Beseitigung der Flutfolgen bei“, erklärt RWE-Sprecher Olaf Winter.

In der Gemeinschafts-Müll-Verbrennungsanlage (GMVA) in Oberhausen wird Müll aus den Flutregionen Leverkusen, Oberbergisches Land, Eschweiler und Hagen verwertet. „Seit dem 26. Juli haben wir schon 1300 Tonnen zusätzlichen Müll angenommen“, berichtet Julia Kremser von der GMVA. „Wir gehen davon aus, dass dies auch langfristig erst einmal so bleiben wird.“

Auch die Abfallentsorgungs-Gesellschaft Ruhrgebiet (AGR), eine Tochterfirma des Regionalverbands Ruhr (RVR), beschäftigt sich mit den Folgen der Flutkatastrophe. „Wir haben damit begonnen, die von der Flut betroffenen Regionen durch die Übernahme von Abfällen zur Verbrennung zu unterstützen“, sagt AGR-Chef Joachim Ronge. „In einem ersten Schritt übernehmen wir pro Woche rund 500 Tonnen Siedlungsabfälle aus Eschweiler, um den Kollegen dort Freiräume zur groben Vorsortierung der Unwetter-Abfälle zu geben.“

Entsorgungsanlagen „zu weiten Teilen ausgelastet“

Wegen der starken Verschmutzungen müsse fast der gesamte Sperrmüll aus den Hochwassergebieten „thermisch verwertet“ – also verbrannt – werden, wird beim Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft (BDE) betont.

„Unsere Anlage ist für die Beseitigung von Sperrmüll dieser Art ausgelegt“, erklärt RWE mit Blick auf das Müllheizkraftwerk in Essen-Karnap. Der Standort sei mit modernen Rauchgasfiltern ausgestattet. „Daher halten wir auch bei eventuellen Verunreinigungen des Materials die behördlichen Emissionsgrenzwerte ein.“ Der Sperrmüll werde zudem mit einem Bagger vorsortiert und einer Sichtkontrolle unterzogen, bevor er zur Verbrennung in den Kessel komme.

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Generell seien die Entsorgungsanlagen „schon in normalen Zeiten zu weiten Teilen ausgelastet“, berichtet der Branchenverband. Noch vor wenigen Tagen appellierte der BDE an die Menschen, die in einem Radius von 250 Kilometern um die Katastrophengebiete wohnen, auf nicht unbedingt notwendige Entrümpelungen zum jetzigen Zeitpunkt zu verzichten. Die Branche arbeite mit Hochdruck daran, Zwischenlager für das Mehraufkommen an Abfällen zu schaffen und die Entsorgung zu organisieren, erklärte BDE-Präsident Peter Kurth.

Möglichkeiten zur Zwischenlagerung für bis zu 15.000 Tonnen Abfall

Unter anderem auf der Zentraldeponie Emscherbruch in Gelsenkirchen und beim Abfallkraftwerk RZR Herten hat der Entsorger AGR Zwischenlager für Müll aus den Hochwasserregionen errichtet. „Wegen der Situation in den Hochwassergebieten haben wir in enger Absprache mit den Behörden an unseren Standorten Möglichkeiten zur Zwischenlagerung für bis zu 15.000 Tonnen Abfall geschaffen“, berichtet AGR-Chef Ronge. Inwiefern das Unternehmen die geschaffenen Zwischenlagerungsmöglichkeiten auf der Zentraldeponie (ZDE) nutzen werde, stehe derzeit noch nicht fest.

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„Die Flutkatastrophe zeigt, wie wichtig es ist, dass wir genügend Deponien zur Verfügung haben“, betont AGR-Chef Joachim Ronge. „Es ist bereits jetzt so, dass wir auf der Zentraldeponie an unsere Grenzen geraten“, sagt er mit Blick auf den Standort in Gelsenkirchen an der Stadtgrenze zu Herne. Gering belastete Abfälle wie Bauschutt und Schlacken aus der Hausmüllverbrennung, die zur sogenannten Deponieklasse 1 (DK 1) gehören, könne die AGR auf der Zentraldeponie schon nicht mehr annehmen.

„NRW benötigt dringend weitere Deponien“

Absehbar knapp werde es auch für Müll der Deponieklassen 2 und 3, also Abfälle mit etwas höheren Schadstoffgehalten aus privaten Haushalten, von Gewerbebetrieben oder aus Infrastrukturprojekten wie dem Emscher-Umbau. Ausgehend von den durchschnittlichen Anlieferungen der vergangenen fünf Jahre seien die vorhandenen Restvolumina auf der Zentraldeponie in diesem Bereich „bereits spätestens im zweiten Halbjahr 2022 verfüllt“, sagt Ronge und warnt vor einem „Annahmestopp und fehlender Entsorgungssicherheit“.

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„NRW benötigt dringend weitere Deponien“, mahnt der AGR-Chef. „Für alle mineralischen Abfälle benötigen wir geeignete Standorte. Beim Flächenrecycling oder dem Neubau von Spielplätzen, Schulen, Straßen, Wohngebäuden sowie bei der Hausmüllverbrennung entstünden mineralische Abfälle, „die eben nicht wiederverwendet werden können und daher deponiert werden müssen“, gibt Ronge zu bedenken. Daher sei es wichtig, Alternativstandorte für Deponien zu finden – insbesondere mit Blick auf die Situation der ZDE in Gelsenkirchen.