Essen. Globale Lieferprobleme machen bei Ikea, Kik, Aldi und Deichmann Sorgen. Frosta und Nestlé kündigen auch deshalb bereits Preiserhöhungen an.

Zu wenige Seecontainer, ein Corona-Ausbruch im bedeutenden chinesischen Hafen Yantian und Störungen in den Lieferketten von Asien nach Europa könnten schon bald für leere Regale auch im deutschen Einzelhandel und steigende Preise sorgen. Die Konzerne versuchen gegenzusteuern.

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Tengelmann-Chef Christian Haub warnte jüngst im WAZ-Gespräch davor, dass die Herbst- und Winterware nicht rechtzeitig oder gar nicht in seinen Filialen des Textildiscounters Kik eintreffen werde. Der schwedische Möbelriese Ikea will mangels Nachschub sein Sortiment schrumpfen. Auch Deutschlands größter Schuhhändler Deichmann in Essen und der Mülheimer Discounter Aldi Süd stimmen ihre Kundinnen und Kunden darauf ein, dass über kurz oder lang mancher Artikel fehlen könnte.

Kik verkauft angestaute Ware aus dem Lockdown

Kik-Geschäftsführer Patrick Zahn treiben die Lieferengpässe seit geraumer Zeit um. „Aktuell ist die Warenversorgung unserer Filialen in Europa jedoch größtenteils gesichert“, sagte der Textilunternehmer unserer Redaktion. Pikanterweise kann die Discountkette jetzt in der Lieferflaute verkaufen, was während der langen Wochen geschlossener Geschäfte zwangsläufig in den Läden liegengeblieben ist. „Da unser Sortiment hauptsächlich aus Basisartikeln besteht, können wir zusätzlich die angestaute Ware aus den Zeiten der Lockdowns verkaufen und sind hier flexibler als viele unserer Wettbewerber“, meint Zahn.

Kik-Chef Patrick Zahn sorgt sich um die globalen Lieferketten.
Kik-Chef Patrick Zahn sorgt sich um die globalen Lieferketten. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

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Er beobachtet die weltweiten Lieferketten aber mit Skepsis. Die weltweite Corona-Krise habe zu „Verzögerungen und Ausfällen in der Produktion und beim Transport“ geführt. „Reduzierte Frachtkapazitäten und fehlende Container haben dazu geführt, dass die Transportkosten immens gestiegen sind“, klagt Zahn. Die Preise für einen Standortcontainer hätten sich innerhalb eines Jahres vervierfacht.

Steigende Kosten sind Gift für das Discount-Geschäft, das mit niedrigen Preisen wirbt. Zumal der Kik-Geschäftsführer auch einen Verdrängungskampf beobachtet: „Leider erleben wir auch immer wieder, dass unsere Ware trotz Vereinbarung nicht mitgenommen werden, weil Wettbewerber bereit sind, mehr zu zahlen.“

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Die logistischen Probleme treffen offenbar alle Branchen, die Waren aus Asien und insbesondere aus China beziehen. Die schwedische Möbelkette Ikea kündigt bereits Konsequenzen an. Der Konzern plane „eine Reduzierung des gesamten Sortimentsvolumens in Europa um rund fünf Prozent und in Nordamerika um rund vier Prozent“, sagte jüngst eine Ikea-Sprecherin der „Wirtschaftswoche“. Experten schätzen, dass dadurch 600 der rund 12.000 Artikel demnächst nicht mehr im Angebot seien.

Ikea strafft das Sortiment

„Das bedeutet für Europa und Nordamerika zwar weniger Sortimentsbreite und –tiefe, aber eine bessere Verfügbarkeit der Produkte online und in unseren Einrichtungshäusern“, teilte Kommunikationschefin Kim Steuerwald auf Anfrage unserer Redaktion mit. Ikea priorisiere relevante Sortimentsbereiche, um Kundinnen und Kunden leere Regale zu ersparen. Die Schweden seien inzwischen aber auch selbst aktiv geworden und hätten „außergewöhnliche Maßnahmen ergriffen wie den Kauf eigener Container und das Chartern zusätzlicher Schiffe“, berichtet Steuerwald.

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Lieferprobleme treiben auch den Discounter Aldi Süd um. In der Mülheimer Zentrale macht man sich weniger Sorgen um den Nachschub von Lebensmitteln, aber vielmehr um wöchentlich wechselnde Non-Food-Produkte, die aus Asien kommen. „Aufgrund der vorübergehenden Schließung des Hafens im chinesischen Stadtbezirk Yantian kommt es derzeit vereinzelt zu Lieferverzögerungen bei Aktionsartikeln“, erklärt Sprecherin Nastaran Amirhaji. Wie lange die Situation andauern werde, sei nicht abzusehen. Aldi Süd sei aber bemüht, den Kundinnen und Kunden die „bestmögliche Verfügbarkeit“ zu gewährleisten.

Deichmann: Verzögerungen in der gesamten Lieferkette

Diese Strategie schlägt auch Deutschlands größter Schuhhändler Deichmann ein. „Natürlich spüren auch wir die Auswirkungen dieser weltweit angespannten Logistik-Situation. Die Pandemie hat die internationalen Lieferketten aus dem Takt gebracht“, berichtet Sonja Schröder, Sprecherin des Essener Familienunternehmens. „Die Ergebnisse sind seit geraumer Zeit Verzögerungen in der gesamten Lieferkette.“ Deichmann sei aber in Gesprächen mit Lieferanten. „Wir nutzen alle Möglichkeiten und Optionen, um die Ware möglichst pünktlich von Asien nach Europa zu bringen.“

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Verbraucherinnen und Verbraucher sind aber nicht nur mit möglicherweise eingeschränkter Artikel-Auswahl konfrontiert. „Wenn es in Asien Lieferprobleme gibt, spüren wir das auch im Preis“, sagte unlängst der Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW). „Wir müssen uns darauf einstellen, dass viele Produkte aus Fernost in den kommenden Monaten deutlich teurer werden“, so Felbermayr. Bei stark nachgefragten Gütern wie Fernsehern oder Spielkonsolen sieht er einen Preisanstieg von bis zu 20 Prozent kommen. Und das im nahenden Weihnachtsgeschäft.

Nestlé und Frosta wollen Preise erhöhen

Der Tiefkühlkosthersteller Frosta kündigte bereits Preiserhöhungen „zum nächstmöglichen Termin“ an. Und auch der weltgrößte Lebensmittelkonzern Nestlé will bald mehr Geld für viele seiner Produkte verlangen. An „zeitnahen Preiserhöhungen über das gesamte Portfolio hinweg“ führe kein Weg vorbei, sagte der Deutschland-Vertriebschef des Konzerns, Klaus Hebekus der „Lebensmittel Zeitung“. Denn die Kosten etwa für Rohstoffe, Verpackungen und Logistik seien deutlich gestiegen.