Hannover. IGBCE-Chef Vassiliadis könnte „mit jedem Kanzler oder Kanzlerin“ leben. Die neue Regierung solle die Steuern für Reiche und Konzerne erhöhen.

Die Industriegewerkschaft Bergbau Chemie Energie fordert ein Abstandsgebot von Tariflöhnen zum Mindestlohn. Die jeweils untersten Tarifentgelte müssten mindestens 20 Prozent über dem gesetzlichen Mindestlohn liegen, der aktuell 9,50 Euro die Stunde beträgt. Das sagte IGBCE-Chef Michael Vassiliadis vor Journalisten mit Blick auf den Gewerkschaftskongress im Oktober. Dort will sich die IGBCE neue Leitlinien für das neue Jahrzehnt geben.

Der um Forderungen an die Bundespolitik nie verlegene Vassiliadis will zudem Reiche höher besteuert wissen – durch eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes und die Wiedereinführung einer Vermögenssteuer. Internationale Konzern wie Amazon & Co sollen zudem in Deutschland eine Mindeststeuer von 25 Prozent entrichten müssen, meint er.

IGBCE: Staat soll 450 Milliarden investieren

Dass der Staat nach dem Wunsch der IGBCE deutlich mehr Geld benötigt, hat einen Grund: Die Gewerkschaft fordert mehr Unterstützung der Wirtschaft auf ihrem Weg in die Klimaneutralität. Unrentable Großprojekte müssten subventioniert werden, darüber hinaus müsse der deutsche Staat in den kommenden zehn Jahren 450 Milliarden Euro in die Modernisierung der Infrastruktur investieren, um etwa den Technologieübergang zum Wasserstoff anzuschieben.

Auf die Frage nach seinen Präferenzen für die Bundestagswahl sagte Vassiliadis zur Grünen-Kandidatin Annalena Baerbock sowie ihren Konkurrenten Armin Laschet (CDU) und Olaf Scholz (SPD): „Ich bin vorbereitet auf jeden Kanzler und jede Kanzlerin.“ Die Grünen, für die Vassiliadis in den vergangenen Jahren bei seinem Kampf gegen den vorzeitigen Kohleausstieg selten milde Worte fand, lobte der IGBCE-Chef diesmal. Sie würden sich „wirklich für unsere Themen interessieren“, sagte er. Allerdings gebe es in den grünen Positionen zum Klima und der Industrie noch viele Widersprüche.

Vassiliadis: Vom Tempo einer Schnecke zum Regenwurm

So oder so werde die künftige Bundesregierung mehr Tempo beim Ausbau der erneuerbaren Energien machen müssen, sonst sei der Kohleausstieg nicht in dem vorgegebenen Tempo erreichbar. Dafür brauche es kürzere Einspruchsfristen in den Genehmigungsverfahren – und in der Bevölkerung mehr Akzeptanz für Netztrassen und Windräder. Beim Ausbau der Erneuerbaren und der Netze habe Deutschland lange ein Schneckentempo vorgelegt. Inzwischen sei man etwas schneller geworden und habe nun „das Tempo eines Regenwurms“ erreicht, spottete der IGBCE-Chef.