Essen. Der IGBCE-Chef warnt vor schnellerem Ende, über das die Regierungskommission derzeit berät. Vassiliadis:„Die Kohle zu dämonisieren, ist absurd“.

IGBCE-Chef Michael Vassiliadis hat ergebnisoffene Debatten in der jüngst gestarteten Kohlekommission gefordert, der er selbst angehört. „Wir kommen mit den üblichen Stereotypen der Kohle-Gegner nicht mehr weiter, die Zeit der Plaudereien ist vorbei“, sagte er im Gespräch mit dieser Zeitung. Wer aus der Kohleverstromung aussteigen wolle, müsse etwa sagen, wie die Versorgungssicherheit gewährleistet bleibe, wenn Ökostrom zwar in großen Mengen produziert, aber noch unzureichend transportiert und gespeichert werden kann.

Es müsse auch darüber geredet werden, wie die Lasten besser verteilt werden könnten. Die Energiebranche habe bereits eine Menge getan und CO2 eingespart, was bereits Tausende Jobs gekostet habe. „Und nun will man dem, der am meisten Einsparung geliefert hat, noch mehr oben draufsatteln. Ich frage: Was machen wir da eigentlich?“

Klimaziele sind auch ohne Strukturbrüche zu erreichen

Die Kommission soll bis Jahresende ein Ausstiegsdatum finden. Dazu Vassiliadis: „Wir haben ja schon eins – das Ende der Genehmigungen für die Braunkohle, zum Beispiel 2045 im Rheinland.“ Bis dahin würden ohnehin nach und nach Kraftwerke vom Netz gehen. Die Klimaziele bis 2030 und bis 2050 seien für die Energiewirtschaft erreichbar – „ohne die Strukturbrüche, die andere offenbar bereit sind, in Kauf zu nehmen.“ Die Kohle zu dämonisieren, obwohl sie von ganz alleine auslaufe, halte er „volkswirtschaftlich für absurd“.

Vassiliadis hatte vor Bildung der Kommission erklärt, Debatten über ein Enddatum für falsch zu halten. Auf die Frage, warum er überhaupt in der Kommission sitze, wenn er nicht über das Enddatum reden wolle, sagte er: „Ich stelle die Frage, ob ein vorschneller Ausstieg volkswirtschaftlich, sozial und energiepolitisch verantwortbar ist. Das mag einigen zu differenziert sein. Aber ich sehe keinen Grund, warum ich diese Position räumen sollte.“

Kein plumper Tausch Ausstiegsjahr gegen Strukturhilfen

In der Kommission sollen zunächst zwei Arbeitsgruppen getrennt über den Ausstieg und die soziale Abfederung beraten. Vassiliadis hält die Frage des Strukturwandels für besonders schwierig. Der Ausstieg aus der Steinkohle im Ruhrgebiet habe gezeigt, dass vieles, aber nicht alles funktioniert habe, obwohl man hier viel mehr Zeit gehabt habe. „Ein plumper Tausch nach dem Motto: Gib Du mir das Ausstiegsjahr, dann gebe ich Dir Geld – dafür stehe ich nicht zur Verfügung.“ Die Konzepte seien nicht trivial: „Ich freue mich über jede Idee für eine Batteriefabrik. Aber ich würde dann gerne den Abnehmer für die Batterien dort ebenso sehen, damit das auch Sinn gibt.“