Bottrop/Düsseldorf. Gemüse in Gärten nahe der Kokerei von Arcelor-Mittal in Bottrop ist mit Schadstoffen belastet. Der Ruf nach Konsequenzen wird laut.

Dass die Stadt Bottrop Anwohnern von einem Verzehr bestimmter Gemüsearten aus dem eigenen Garten angesichts einer erhöhten Schadstoffbelastung in der Nähe der Kokerei von Arcelor-Mittal abrät, beschäftigt auch die Landespolitik. Michael Hübner, Landtagsabgeordneter und SPD-Fraktionsvize, will in einer Anfrage an das von Ursula Heinen-Esser (CDU) geführte NRW-Umweltministerium Auskunft darüber, welche Maßnahmen die Landesregierung ergreifen will, um die Belastung der Pflanzen mit krebserregenden Schadstoffen im Umfeld der Kokerei zu senken.

Die derzeitige Situation sei für die Bürger, die im Umfeld der Kokerei wohnen, „nicht zumutbar“, kritisiert Hübner. „Es gibt erstens eine hohe Verantwortung des Unternehmens, im dicht besiedelten Ruhrgebiet die Umweltauflagen einzuhalten. Und zweitens geht es ohne strenge Kontrollen so nicht weiter“, sagte Hübner unserer Redaktion.

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Arcelor-Mittal steht in Bottrop schon seit einiger Zeit aufgrund des Schadstoffausstoßes der Kokerei im nördlichen Ruhrgebiet in der Kritik. In den Jahren 2018 und 2019 hatte der weltgrößte Stahlkonzern die vorgegebenen Zielwerte für Benzo(a)pyren (BaP), das zu den krebserregenden polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen gehört, in der Kokerei deutlich überschritten. Als maßgebliche Ursache galten undichte Ofentüren der Anlage.

Schadstoffwerte an den Messstationen schwanken je nach Wind und Wetter

Das Unternehmen erklärte, im Jahr 2020 habe die Kokerei die Zielwerte am Standort Bottrop eingehalten. Wie stark die Schadstoffbelastung in den Stadtteilen nahe der Bottroper Kokerei ist, hängt allerdings stark von Wind und Wetter ab. Dies führt auch zu erheblichen Schwankungen der Ergebnisse an den Messstationen – mit vergleichsweise hohen Werten an bestimmten Tagen im vergangenen Winter.

Die Stadt Bottrop erklärte, es sei davon auszugehen, dass die Einhaltung des Zielwerts „nicht automatisch dazu führt, dass es keine Belastungen der Nahrungspflanzen im Umfeld der Kokerei mehr gibt“. Daher könne das Blattgemüse in den Gärten der Anwohner auch nicht grundsätzlich bedenkenlos verzehrt werden. Diese Einschätzung bezieht sich unter anderem auf Gemüse wie Grünkohl, Mangold, Spinat, Pflücksalat, Feldsalat, Rucola, Staudensellerie oder Kräuter.

Landtagsabgeordneter spricht von „Never Ending Story“

„Es scheint, dass es zu einer Never Ending Story wird“, sagt der Landtagsabgeordnete Hübner. „Offenbar fehlt es am Engagement des Unternehmens und dem Willen der Aufsichtsbehörden, die Umweltauflagen auch durchzusetzen.“

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Die zuständige Bezirksregierung Münster wolle weiterhin den Anlagenbetrieb der Kokerei „stringent überwachen“, hieß es in einer Mitteilung der Stadt Bottrop. Zusätzlich habe die Bezirksregierung ein externes Gutachterbüro beauftragt, das zunächst seit Februar und bis Juli 2021 zusätzlich unangemeldete Kontrollen bei Arcelor-Mittal durchführen soll. Im Sommer werde entschieden, wie das weitere Überwachungskonzept ausgestaltet werde.

Sorge um „Industrieakzeptanz in der Region“ durch Kokerei Bottrop

Auf die Frage, ob die Kokerei schließen sollte, wenn es keine Verbesserungen gibt, antwortete Hübner: „Nein, es muss aber endlich ein schneller und ernsthafte Prozess in Gang gesetzt werden, um die Menschen und ihre Gesundheit zu schützen. Regeln müssen eingehalten werden. Sonst gefährdet es die Industrieakzeptanz in der Region.“

Im vergangenen Jahr hatten die Behörden gemessen, wie stark Grünkohl in der Nähe der Kokerei mit Schadstoffen belastet ist. „Während die Pflanzen, die zwischen Mai und August 2020 ausgebracht wurden (Sommergrünkohl), niedrige Belastungswert aufwiesen, zeigen sich durch neueste Ergebnisse an Pflanzen, die zwischen August und November 2020 wuchsen (Wintergrünkohl), deutlich erhöhte Belastungswerte“, erklärte die Stadt Bottrop.