Essen. Günstige Kabelnetzanschlüsse über die Vermieter will der Bund künftig untersagen. Der Mieterbund kritisiert, dass Fernsehen damit teurer werde.

Mehr als zwölf Millionen Mieter in Deutschland, die einen günstigen Kabelfernsehen-Anschluss über ihre Wohnungsgesellschaft nutzen, werden sich künftig einen neuen TV-Anbieter suchen müssen. Gegen heftigen Widerstand aus der Immobilien- und Telekommunikationsbranche hat das Bundeskabinett einen Gesetzentwurf von Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) gebilligt, der die Umlage von Kabelgebühren auf die Nebenkosten der Miete in Zukunft unterbinden soll.

„Alle Mieter sollen die Chance haben, ihren Anbieter selbst zu wählen“, begründete das Ministerium die Gesetzesänderung. „Das bisherige System hemmt die Wahlfreiheit der Verbraucher und den Wettbewerb im Telekommunikationssektor.“ Stimmen Bundestag und Bundesrat zu, können Mieter noch für eine Übergangszeit von zwei Jahren die Kabel-Sammelverträge ihrer Vermieter nutzen. Danach müssen sie sich selbst einen Anbieter suchen, über den sie Fernsehen schauen können.

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In den vergangenen Monaten hatte sich eine breite Front gegen die Abschaffung der Umlagefähigkeit der Kabelgebühren gebildet. Der Städtetag hatte sich ebenso gegen die Gesetzesnovelle ausgesprochen wie die Bauministerkonferenz der Länder – allen voran NRW-Ministern Ina Scharrenbach. „Eine Änderung der Betriebskostenverordnung hätte besonders für finanziell schwächer ausgestattete Haushalte negative Folgen“, sagte die CDU-Politikerin im Sommer im Gespräch mit unserer Redaktion.

Auch Wohnungsgesellschaften warnen

Dagegen sind mit Ausnahme der Deutschen Telekom eine Reihe von Telekommunikationsunternehmen und große Immobilienkonzerne wie Vonovia, LEG oder Vivawest. Sie hatten bis dato über ihre Sammelverträge günstige Konditionen mit den Kabelanbietern ausgehandelt und diese an ihre Kunden weitergereicht. So zahlt ein Mieter darüber im Schnitt acht bis neun Euro pro Monat. Einzelverträge sind in der Regel doppelt so teuer.

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Auch nach der Zustimmung des Bundeskabinetts reißt die Kritik an der Gesetzesnovelle nicht ab. Hans-Jochem Witzke, Vorsitzender des Deutschen Mieterbundes NRW, begrüßt zwar, dass Mieter künftig ihren Telekommunikationsanbieter selbst wählen können und nicht länger an den Rahmenvertrag ihrer Wohnungsgesellschaft gebunden sein sollen. „Allerdings werben wir für ein differenziertes Vorgehen“, betont er. Schließlich seien viele Mieter sind mit der Kabelnetzversorgung in der bisherigen Form zufrieden. Die Suche nach einem neuen Anbieter „könnte teurer werden“, gibt Witzke zu bedenken. Der Mieterbund NRW schlägt deshalb vor, dass Mieter frei wählen können, ob sie weiterhin den Anschluss ihres Vermieters nutzen wollen.

Nachteile für Hartz-IV-Bezieher befürchtet

„Besonders besorgniserregend“ nennt Witzke indes „die fehlende soziale Dimension bei der geplanten Gesetzesänderung“. Denn als Teil der Betriebskostenumlage werden die Kabelgebühren bislang als Kosten der Unterkunft vom Staat übernommen. Fiele die Kabelgebühr aus der Umlage heraus, warnt der Mieterbund NRW, müssten die Bezieher von Transferleistungen wie Hartz IV oder Sozialhilfe die Kabelkosten selbst tragen. Witzke pocht darauf, dass die Gesetzesvorlage nachjustiert werde, „damit niemand wegen fehlender finanzieller Mittel von Informationsmöglichkeiten abgeschnitten wird“.

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Erst Ende November hatten etliche Unternehmen und Verbände, darunter Vonovia, Vivawest, LEG, Vodafone, der Städtetag und der CDU-Wirtschaftsrat in einem Brief an Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) appelliert, die Untersagung der Umlagefähigkeit aus dem Gesetzentwurf zu streichen. Offenbar ohne Erfolg. Nun warnt die Telekommunikationsbranche, dass die Digitalisierung unter der geplanten Neuregelung leiden könnte. „Die Bundesregierung fordert seit Jahren massive Investitionen in den Glasfaser- und Gigabit-Ausbau. Mit der Streichung der Umlagefähigkeit entzieht sie den Netzbetreibern aber die Grundlage für den weiteren Ausbau in den Häusern – und das in einer Situation, in der leistungsfähige Breitbandnetze wichtiger sind als je zuvor“, kritisiert Thomas Braun, Präsident des Breitband-Branchenverbands ANGA.

Der Düsseldorfer Telekommunikationskonzern warnt vor steigenden Preisen für Verbraucher. Ein Sprecher sagte unserer Redaktion: „Die Umlagefähigkeit hat sich bewährt. Der Wettbewerb funktioniert. Die TV-Preise in Deutschland zählen vor allem deshalb zu den niedrigsten in Europa. Eine Gesetzesänderung würde unter anderem für viele Millionen Rentner und Sozialschwächere zu einem Anstieg der TV-Preise führen.“