Essen. Im Streit um betriebsbedingte Kündigungen von Bergleuten hat die RAG vor dem Landesarbeitsgericht Hamm eine juristische Niederlage erlitten.

Zwei Jahre nach dem Ende der Steinkohleförderung in Deutschland hat das Unternehmen RAG juristische Niederlagen im Streit um betriebsbedingte Kündigungen von Bergleuten der Bottroper Zeche Prosper-Haniel erlitten. Das Landesarbeitsgericht Hamm entschied in sechs Verfahren, die von der RAG ausgesprochen Kündigungen seien unwirksam. Das Gericht kam nach Angaben von Pressedezernent Johannes Jasper zur Einschätzung, dass nicht der örtliche Betriebsrat in Bottrop, sondern der Gesamtbetriebsrat im Zusammenhang mit den Kündigungen der RAG hätte eingeschaltet werden müssen.

Ähnlich hatte vor wenigen Wochen bereits das Landesarbeitsgericht Düsseldorf entschieden. Auch hier erklärte das Gericht eine Kündigung für unwirksam, weil die RAG die bei einer Massenentlassung „erforderliche Konsultation mit dem falschen, weil unzuständigen Gremium, dem örtlichen Betriebsrat, durchgeführt“ habe, so das Gericht. „Nicht der örtliche, sondern der Gesamtbetriebsrat ist zuständig, wenn der Maßnahme ein einheitliches unternehmerisches Gesamtkonzept zugrunde liegt, das sich über mehrere Betriebe erstreckt und deshalb einer einheitlichen Regelung bedarf.“ Dies habe die RAG nicht beachtet, entschied das Düsseldorfer Landesarbeitsgericht (LAG).

Allein in Hamm rund 150 Fälle vor Gericht

Das Landesarbeitsgericht Hamm befasst sich eigenen Angaben zufolge im Zusammenhang mit den Kündigungen der RAG mit rund 150 Fällen. Entscheidungen seien nun in sechs Verfahren gefallen. Für Anfang kommenden Jahres sind weitere Verhandlungen geplant, wie Pressedezernent Johannes Jasper auf Anfrage unserer Redaktion erklärte.

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Eine Revision zum Bundesarbeitsgericht hat das LAG Hamm in den sechs Fällen mit Entscheidungen nicht zugelassen. Möglich wäre allerdings noch eine sogenannte Nicht-Zulassungsbeschwerde der RAG. Kommt es dazu nicht, werden die Entscheidungen rechtskräftig.

Rechtsanwalt: „Die Kündigungen waren ein Fehler“

Der Rechtsanwalt Daniel Kuhlmann, der zahlreiche Bergleute juristisch vertritt, äußerte die Erwartung, dass die Arbeitsverhältnisse der gekündigten Bergleute bestehen blieben und die RAG für die Zeit seit Januar 2020 die Löhne nachbezahlen müsse. „Die Kündigungen waren ein Fehler, was nun auch die Gerichte bestätigt haben“, sagte Kuhlmann. „Die Kumpel sind bereit, auch zukünftig ihre Rechte – notfalls in allen Instanzen – durchzufechten, hoffen aber, dass nach dieser klaren Entscheidung dies nicht notwendig sein wird und die RAG ihrer sozialen Verantwortung gerade in so schwierigen Zeiten gerecht werden wird.“

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Die RAG teilte mit, „die möglichen Rechtsmittel“ gegen die Urteile des Landesarbeitsgerichts Hamm zu prüfen. Das Unternehmen sei weiterhin der Ansicht, dass die ausgesprochenen Kündigungen auf dem ehemaligen Bergwerk Prosper-Haniel rechtmäßig seien. Mit Blick auf die Frage, welcher Betriebsrat zuständig gewesen wäre, betonte das Unternehmen: „Stillgelegt hat die RAG das Bergwerk Prosper-Haniel und nicht das gesamte Unternehmen RAG. Deswegen war auch – so wie es auch das Gesetz vorgibt – der Betriebsrat Prosper-Haniel der richtige Verhandlungspartner für den Interessenausgleich. Nur er wurde von den ehemaligen Arbeitnehmern des Bergwerks Prosper-Haniel gewählt und damit von diesen legitimiert, die Interessenausgleichsverhandlungen in ihrem Betrieb durchzuführen.“