Essen. Viele Verbraucher müssen sich auf einen kräftigen Anstieg der Gaspreise einstellen. Zahlreiche Versorger in NRW haben Erhöhungen angekündigt.
Zum Jahreswechsel wird das Heizen für viele Verbraucher teurer. Zahlreiche Versorger haben Gaspreiserhöhungen angekündigt. Die Unternehmen verweisen zur Begründung insbesondere auf den Start der CO2-Bepreisung. „Der CO2-Preis wurde von der Politik eingeführt, um damit einen Anreiz für eine klimafreundlichere Energienutzung zu geben“, betont der Branchenverband BDEW, der mehr als 1900 Unternehmen der Energie- und Wasserwirtschaft vertritt.
Zum Jahreswechsel heben nach Angaben des Vergleichsportals Verivox 64 Grundversorger in NRW die Gaspreise an. Die durchschnittliche Erhöhung liege bei rund sieben Prozent. Ein Haushalt mit einem Gasverbrauch von 20.000 Kilowattstunden zahle damit künftig rund 100 Euro mehr pro Jahr.
„Eine große Zahl der Gasversorger gibt den neuen CO2-Preis, der ab 2021 Jahr auf fossile Kraftstoffe fällig wird, direkt an ihre Kunden weiter“, sagt Verivox-Energieexperte Thorsten Storck. „Da dieser CO2-Preis in den nächsten Jahren weiter steigt, müssen sich Verbraucher langfristig auf höhere Heizkosten einstellen.“
Etwa ein Drittel der Gasversorger erhöht die Preise
Zum Jahreswechsel fällt auch die Corona-bedingte Senkung der Mehrwertsteuer weg. Dann zahlen Verbraucher wieder den vollen Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent auf ihre Gasrechnung.
Im Ruhrgebiet planen unter anderem die Stadtwerke in Bochum, Duisburg, Oberhausen sowie der Versorger Eon Gaspreiserhöhungen zum Januar. Die Entwicklung in NRW entspricht nach Einschätzung von Verivox dem bundesweiten Trend – auch hier erhöhe rund ein Drittel der Gasversorger die Preise um rund sieben Prozent.
Die Verbraucherzentrale NRW sieht dies kritisch. „Wenn die Preise am Gasmarkt steigen, haben die Kunden bei nächster Gelegenheit eine Preiserhöhung im Briefkasten. Jetzt sind sie schon länger im Sinkflug und nichts passiert“, bemängelt die Verbraucherschützerin Christina Wallraf. Eine Vielzahl der Versorger habe sich die gesunkenen Beschaffungskosten „in die eigene Tasche gesteckt“, sagt ihr Kollege Udo Sieverding. Die Einführung der CO2-Abgabe werde nun „zur kräftigen Preiserhöhung“ genutzt. Die Veränderungen beim Netzentgelt seien gering und bewegen sich in den meisten Städten nur im Bereich von wenigen Euro pro Jahr, erklärt die Verbraucherzentrale NRW. Auch damit gebe es in der Regel keinen Grund für Preiserhöhungen.
Bei einer Preiserhöhung haben Verbraucher ein Sonderkündigungsrecht. Die Bundesnetzagentur hatte erst kürzlich darauf hingewiesen, dass mit einem Wechsel des Anbieters erhebliche Einsparungen möglich seien. Bei einem Wechsel aus der Gas-Grundversorgung zu einem Alternativanbieter hätte ein Haushalt demnach durchschnittlich 240 Euro im Jahr sparen können.
Branchenverband rät zu „richtigem Lüften und Senken der Raumtemperatur“
Mietern rät der Branchenverband BDEW, „über richtiges Lüften oder das Senken der Raumtemperatur Kosten zu sparen“. Eine um ein Grad Celsius verringerte Zimmertemperatur senke den Verbrauch um sechs Prozent und somit auch die Kosten, rechnet der BDEW vor.
Die Bundesregierung will die Bürger mit dem Start des CO2-Preises an anderer Stelle entlasten. So steigt die Pendlerpauschale für Arbeitnehmer mit längeren Fahrwegen. Außerdem hat die Regierung einen starken Anstieg der Strompreise durch einen Milliarden-Bundeszuschuss bei der EEG-Umlage zur Förderung des Ökostroms verhindert.
„Jeder Verbraucher hat die Wahl“
„Die Gaspreiserhöhungen sind notwendig und auch sinnvoll, da das Verbrennen von fossilem Erdgas zum Klimawandel beiträgt“, urteilt Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin). „Heizkunden sollten alles tun, um den Verbrauch von fossilem Erdgas durch die energetische Gebäudesanierung zu vermindern, zum einen durch verstärktes Energiesparen und zum anderen durch den Umstieg auf klimaschonende Energieformen.“ Kemfert legt Verbrauchen nahe, alternative Angebote der Versorger zu nutzen – etwa „Bio-“, „Wind-“ oder „Ökogas“, das aus erneuerbaren Energien hergestellt werde. „Jeder Verbraucher hat die Wahl“, sagt Kemfert.
Udo Sieverding von der Verbraucherzentrale NRW gibt indes zu bedenken, dass viele Klimagastarife „reine Kompensationsprodukte“, seien – die Klimaneutralität werde zum Beispiel durch das Pflanzen von Bäumen erreicht. „Wir finden es wirksamer, in die eigene Energieeffizienz zu investieren, etwa durch bessere Thermostate und Heizungen oder eine Optimierung des Heizverhaltens“, sagt Sieverding. „Hier ist die Wirksamkeit auch unmittelbar überprüfbar, was bei den Produkten teilweise schwierig ist.“ Bisher gebe es, anders als bei Strom, keine verpflichtenden Angaben zur Herkunft des Erdgases. „Das sollte transparenter werden.“