Marl. In Marl hat ein Outlet-Center eröffnet – das erste im Ruhrgebiet. Warum es Vorbild für Innenstädte in der ganzen Region werden könnte.

Im Ruhrgebiet hat das erste große Outlet-Center eröffnet. Und das, obwohl andere Bauvorhaben in Nordrhein-Westfalen bislang immer wieder scheiterten. So etwa in Werl: Nicht nur zahlreiche Nachbarstädte hatten gegen den Bau protestiert, die Stadt konnte ihn 2018 auch vor Gericht nicht durchsetzen. Und generell gilt: Das Land NRW will keine neuen Outlet-Zentren auf der „grünen Wiese“ zulassen.

Doch was anderswo wegen der befürchteten Konkurrenz für die Innenstädte missglückte, wurde nun in Marl umgesetzt. In der knapp 85.000 Einwohner großen Stadt im Kreis Recklinghausen eröffneten im September die ersten Geschäfte eines Fashion-Outlets. Bis Mitte 2021 sollen weitere Läden folgen, 70 bis 90 sind geplant. Das Besondere: Das Outlet in Marl wurde nicht neu gebaut, sondern eröffnet im größten Einkaufszentrum der Stadt, dem Marler Stern. Seite an Seite mit den anderen Händlern.

Marl statt Roermond

Das Konzept soll jede Menge Kunden aus dem Ruhrgebiet anlocken, so der Plan des Geschäftsführers Kristofer Jürgensen. Immerhin: Das Einzugsgebiet ist groß. Eine halbe bis knapp eine Stunde Fahrtzeit trennt die rund sechs Millionen Einwohner der Städte des Ruhrgebiets und des Münsterlands vom Marler Stern. Von Hagen aus sind es ohne Stau nur knapp 50 Minuten, von Arnsberg fährt man rund eine Stunde bis nach Marl.

Bisher gilt für viele Menschen in der Region das niederländische Roermond als eines der beliebtesten Factory-Outlet-Center. Doch auch in NRW gibt es inzwischen kleinere, etwa in Bad Münstereifel, wo die Outlets bereits erfolgreich in die Innenstadt integriert wurden. Und genau dieses Konzept soll auch in Marl greifen.

„Vorher ähnelte das hier einer Geisterstadt, hier waren alle Geschäfte leer“, sagt Liane Nowak. Die 64-Jährige kennt den Marler Stern, das Obergeschoss mit dem Outlet besucht sie heute aber zum ersten Mal. Noch sei zwar wenig geöffnet, „aber wenn die Auswahl größer wird, dann zieht das bestimmt viele Leute an“, ist sie sicher.

Vielfalt lockt Besucher an

Und auch der Handelsverband NRW für Südwestfalen begrüßt das Konzept – trotz vorheriger Kritik an anderen Standorten. Geschäftsführer Klaus Willmers sagt: Je mehr Vielfalt in einer Innenstadt entstehe, desto mehr Besucher würden angelockt.

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Denn nicht die Outlets an sich seien ein Problem. Bei den Kunden seien sie durchaus gefragt, weiß Willmers. Kritisch werde es nur dann, wenn Outlet-Zentren wie in Werl „auf der grünen Wiese“, also außerhalb des Zentrums, entstehen sollen. „Das würde die Kaufkraft aus den Innenstädten ziehen, und das lehnen wir ab.“ Generell belebe Vielfalt das Geschäft, „je mehr Geschäfte da sind, desto mehr lohnt sich für die Leute ein Besuch in der Stadt“, so Willmers.

Outlets auch eine Option für Hagen?

Für die Zukunft könnte das bedeuten, dass ein solches Konzept auch in der Region greifen könnte. „Wir hätten nichts dagegen, wenn sowas auch anderswo entsteht. Wir sind froh über jeden Leerstand, der beendet werden kann, denn das macht Innenstädte interessant.“ Immerhin wolle niemand an zugeklebten Schaufenstern entlangschlendern.

Die Entscheidung darüber bleibe aber den Städten überlassen, sagt Christoph Brünger von der Südwestfälischen Industrie- und Handelskammer zu Hagen. „Outlet-Center sind ein heiß diskutiertes Thema. In der Regel aber, weil sie in nicht zentraler Lage geplant werden.“ Wenn die Betriebsform allerdings in der Innenstadt Raum finde, könne das der richtige Weg sein. Die Fragen dabei seien stets: Welche Sortimente sollen in welcher Größenordnung entstehen und wäre das vertretbar für die Nachbarstädte?

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Leere Flächen hat auch Thomas Eggert als Center-Manager der Vome-Galerie Hagen zu beklagen. Doch Pläne, bewusst mehr Outlets hinein zu holen, gebe es nicht. Ansässig sind bereits ein Süßigkeiten- und ein BVB-Outlet: „Wir sind offen für alles, haben aber derzeit keine Anfragen und sind auch nicht auf der Suche“, sagt er.

Mehr Publikumsverkehr

Die Händler im Marler Stern jedenfalls sehen das Outlet-Konzept größtenteils positiv. Auch im Bekleidungsgeschäft „Tara M“ befürchte man dadurch keine Umsatzeinbußen, wie Leiterin Alexandra Becker verrät. Im Gegenteil: „Für uns kann das nur positiv sein, wenn wir im Einkaufszentrum mehr Publikumsverkehr haben.“ Wie die Kombination letztlich zusammenpasse, werde sich aber erst noch zeigen, sagt Becker.

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Und wie ist die Resonanz der Kunden? Zurückhaltend sind noch einige, die rund 14 Tage nach der Eröffnung extra angereist sind. Bisher sei nur wenig geöffnet, eine Einschätzung sei schwierig. Ob die Leute für das Outlet nach Marl fahren, müsse man sehen, wenn alles fertig sei. Einig sind sich aber alle: Die Idee sei gut, und besser als Leerstand sei es allemal.