Essen. Gläubigerversammlung für Galeria Karstadt Kaufhof in Essen: Die Gewerkschaft Verdi wirbt für den Insolvenzplan. 5000 Jobs stehen auf der Kippe.
Das Congress Center West der Messe Essen ist an diesem Tag eine Außenstelle des Amtsgerichts. Für die Gläubigerversammlung des Warenhauskonzerns Galeria Karstadt Kaufhof steht ein großer Saal bereit, der wohl 1000 Menschen Platz geboten hätte – mit dem in Corona-Zeiten vorgesehenen Abstand. Aber nur gut 100 Teilnehmer sind gekommen, um über den Insolvenzplan und damit das weitere Vorgehen bei der Sanierung des angeschlagenen Traditionskonzerns abzustimmen.
Diejenigen, die nach Essen angereist sind, werden schon am Morgen von Betriebsräten und Verdi-Funktionären begrüßt. „Wir kämpfen um jede Filiale und jeden Arbeitsplatz“, steht auf einem Transparent, vor dem sich Verdi-Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger positioniert hat. Neben ihr hält Orhan Akman ein rotes Plakat in die Höhe, auf dem ein „nachhaltiges Zukunftskonzept“ für Deutschlands Warenhäuser gefordert wird. Seit Wochen ist Akman im Auftrag der Gewerkschaft in Sachen Karstadt und Kaufhof unterwegs. Heute steht er vor dem West-Eingang der Essener Messe und schließt sich dem Protest von Beschäftigten vor Beginn der Gläubigerversammlung an.
Es ist ein wichtiger Tag für das traditionsreiche Unternehmen. Nur unweit der Karstadt-Hauptverwaltung steht in einer nicht öffentlichen Sitzung zur Abstimmung, ob die Gläubiger des Konzerns ihr Okay für den Insolvenzplan geben. Ein Verzicht auf finanzielle Forderungen in Höhe von 2,2 Milliarden Euro soll einen Erhalt des Konzerns ermöglichen. So sehen es die Planungen der Männer vor, die derzeit bei Galeria das Sagen haben – allen voran der Sachwalter Frank Kebekus und der Generalbevollmächtigte Arndt Geiwitz. Lediglich 100 Millionen Euro sollen zur Auszahlung kommen, an Vermieter und Lieferanten etwa. Einen Großteil ihrer Forderungen müssten die Gläubiger demnach abschreiben.
„Es ist die Wahl zwischen Pest und Cholera“
Die Gewerkschaft Verdi macht sich schon vor Beginn des Treffens dafür stark, den Insolvenzplan anzunehmen – trotz der Einschnitte im Filialnetz und bei den Beschäftigten. „Die Alternative ist eine Zerschlagung des Konzerns“, sagt Stefanie Nutzenberger am Dienstagmorgen vor den Toren der Essener Messe, während die ersten Teilnehmer der Gläubigerversammlung an ihr vorbeiziehen. Nutzenberger kündigt an, die Gewerkschaft wolle dem Insolvenzplan zustimmen.
Bei einem Scheitern des Insolvenzplans hätte der Geschäftsbetrieb unmittelbar eingestellt werden müssen, heißt es hinter den Kulissen. Für einen Neuanfang von Galeria Karstadt Kaufhof müssen Vermieter, Lieferanten und Beschäftigte herbe Einbußen in Kauf nehmen. „Es ist die Wahl zwischen Pest und Cholera“, sagt Lorraine Franklin, eine Betriebsrätin aus Hamburg, die nach Essen gereist ist, um vor der Messehalle für die Belange der Beschäftigten zu demonstrieren.
Hoffnung auf Rettung weiterer Filialen
Auch Gespräche zu einem möglichen Erhalt weiterer Standorte laufen noch. Dem Vernehmen nach stehen derzeit noch 46 Filialen von Karstadt und Kaufhof auf der Schließungsliste. Es gilt als möglich, dass es zum Erhalt weiterer Warenhäuser kommt. Hoffnungen gibt es insbesondere in Düsseldorf. Gespräche laufen auch zu Filialen von Karstadt Sports.
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Er habe die Hoffnung, dass weitere Filialen gerettet werden, sagt Verdi-Experte Akman. Davon hänge letztlich ab, wie viele Arbeitsplätze tatsächlich wegfallen. „Wir gehen davon aus, dass rund 5000 Menschen ihren Job verlieren“, sagt Akman zum aktuellen Stand. Neben dem klassischen Warenhausgeschäft geht es auch um die Zukunft von Konzerntöchtern wie Karstadt Sports sowie Feinkost.
Appelle an NRW-Ministerpräsident Laschet
Beschäftigte aus den Warenhäusern, die ihren Arbeitsplatz verlieren, sollen zunächst in eine Transfergesellschaft wechseln, die ihnen für ein halbes Jahr eine Perspektive bietet. Die Gewerkschaft Verdi kritisiert die Laufzeit als viel zu kurz. Akman fordert eine Co-Finanzierung durch die öffentliche Hand. „Hier muss die Politik Verantwortung tragen“, sagt er vor Beginn der Gläubigerversammlung. Allen voran NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) sei gefordert, sich für die Beschäftigten des nordrhein-westfälischen Handelskonzerns einzusetzen.
Trotz aller Härten gilt die Annahme des Insolvenzplans als wahrscheinlich. Denn so können die Gläubiger hoffen, zumindest einen kleinen Teil ihres Geldes zurückzuerhalten. Bei einer Ablehnung des Insolvenzplans droht dagegen das Aus für den Konzern und damit möglicherweise ein Totalverlust der Forderungen.
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Galeria Karstadt Kaufhof (GKK) ist nach dem Lockdown aufgrund der Coronavirus-Pandemie in eine schwere Krise geraten und hat Anfang April Rettung in einem Schutzschirmverfahren suchen müssen. Mitte Juni kündigte das Unternehmen zunächst an, 62 der 172 Warenhäuser zu schließen. Nach Zugeständnissen von Vermietern ist die Schließungsliste zumindest kürzer geworden.
„Da blutet mir das Herz“
Aus zahlreichen deutschen Städten sind Beschäftigte nach Essen zur Gläubigerversammlung gereist, um vor den Messehallen für den Erhalt ihrer Filialen zu demonstrieren. Lorraine Franklin aus Hamburg berichtet, von derzeit sieben Filialen in der Stadt wolle das Unternehmen drei aufgeben. „Da blutet mir das Herz“, sagt die Betriebsrätin. In den betroffenen Warenhäusern laufe schon der Räumungsverkauf.
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Martina Lauenbroth aus Mainz mahnt, die von Stellenabbau betroffenen Beschäftigten sollten zumindest mehr Zeit über eine längere Laufzeit der Transfergesellschaft bekommen – über die bislang vorgesehenen sechs Monate hinaus. Das hätten sich die Beschäftigten nach zum Teil jahrzehntelanger Arbeit im Betrieb verdient. Lauenbroth ist in Mainz an einem sogenannten Doppelstandort tätig. Dort soll die Kaufhof-Filiale bleiben und Karstadt schließen. „Es tut richtig weh, die Schilder zu sehen, auf denen steht: Wir schließen.“