Werdohl. Am Stammsitz des Bahntechnikspezialisten Vossloh AG wurde am Mittwoch ein ganz besonderes Jubiläum gefeiert – aber anders als gedacht.
Unter anderen Umständen hätte es eine große Feier mit Gästen von auswärts gegeben. Am Mittwoch aber feierte die Belegschaft von Vossloh in Werdohl unter sich, als die einmilliardste Spannklemme beim Weltmarktführer im Lennetal produziert wurde.
„Es ist wichtig, in so einer Zeit positive Signale zu senden“, sagt Christian Renners, Vorsitzender der Geschäftsführung der Vossloh Fastening Systems GmbH (Befestigungssysteme) am Stammsitz des weltweit agierenden Bahntechnik-Konzerns.
2021 Start der neuen Produktion
Seit Ende der 60er Jahre fertigt Vossloh Spannklemmen mit Federtechnik. Im Schnitt 40 Millionen Mal pro Jahr. Die besondere Klemme Nummer „1 Milliarde“ wird nicht verkauft und verbaut. Alle anderen sorgen seit einem halben Jahrhundert für Sicherheit an der Schiene vor allem im Hochgeschwindigkeitsbereich. Seit der Entwicklung des Intercitys in Deutschland und der Einführung von Betonschwellen ist das Premiumprodukt auf dem Markt. „Ohne Betonschwellen und Sicherungssystemen wie unsere wäre Hochgeschwindigkeit auf der Schiene gar nicht möglich“, erklärt Renners. Die gute alte Holzbohle taugt da nicht mehr.
Vossloh ist längst nicht mehr nur Werdohl. Aber am Stammsitz ist das „Gehirn“ verortet – und das soll auch so bleiben. 2017 hat das Traditionsunternehmen mit dem Bau der „Fabrik der Zukunft“ begonnen. Eine 40 Millionen Euro Investition und ein Bekenntnis zum schwierigen Standort. Zwischen Lenne und Innenstadt eingepfercht, über die Straße wegen zahlreicher Baustellen beinahe nur von Süden aus erreichbar, ist es gelungen, auf 8000 Quadratmeter Fläche ein hochmodernes Gebäude zu errichten.
Alles ist bereit dafür, die neuen Hallen einzurichten. Im September und Oktober rollen die neuen Maschinen an. Sie werden den Standort zum modernsten seiner Art weltweit machen – und schon einen Weg finden. „Im ersten Quartal 2021 beginnen wir mit der Produktion in der neuen Fabrik“, ist Renners zuversichtlich. Dort, wo am Mittwoch die Jubiläumsklemme gefertigt wurde, entsteht dann Platz für Neues. Vossloh Werdohl ist nicht nur das Herz der Spannklemmenproduktion, sondern auch der Innovationsstandort für den gesamten Konzern. Hier sind etwa neuartige Kunststoffschwellen entwickelt und in Kleinserie getestet worden. Mit dem gewonnen Platz wären sogar größere Serien möglich.
„Muskeln“ in aller Welt
„Eine Schwellenfertigung im großen Stil wird es hier aber nicht geben“, winkt Renners ab. Allerdings immer wieder Tests von Neuentwicklungen für alle Sparten des Konzerns, die dann an den Produktionsstandorten in aller Welt möglichst nah am Kunden gefertigt werden. „Die Produktionsstandorte sind die Muskeln, hier ist das Gehirn“, beschreibt Renners das Vossloh-Prinzip und damit auch die Bedeutung von Werdohl im Konzern.
Der Stammsitz ist und bleibt natürlich in puncto Spannklemmen ebenfalls Muskel. Und aktuell ist es einer, der ganz besonders gut funktioniert. „Wir haben Glück, unsere aktuelle Situation ist stark“, strahlt der Standort-Chef. Trotz Corona keine Kurzarbeit. Volle Auslastung des Werks, das viel für den europäischen Markt produziert und weitere Standorte in den USA, Polen, Russland und China betreibt.
2020 läuft es – anders als in anderen Branchen – erstaunlich gut. Gerade hat man an der Lenne einen großen Auftrag aus der Mongolei abgefischt. Allein das wäre schon ein guter Grund, die Sektkorken knallen zu lassen. Angestoßen wurde am Mittwoch aber allein auf die Jubiläumsklemme – mit der vollen Belegschaft aus der Produktion in der Fabrik und mit den per Livestream zugeschalteten Kollegen aus der Verwaltung im Home-Office. Eigentlich wären sie vor Ort gewesen – unter anderen Umständen.