Essen. Metro will den Verkauf von Real an den russischen Investor SCP am 25. Juni abschließen. Dann beginnt die Zerschlagung der Kette. Verdi wütend.

Der Verkauf der angeschlagenen Supermarktkette Real steht unmittelbar vor dem Abschluss: Der bisherige Mutterkonzern Metro hat sich mit dem russischen Käufer, der SCP Group, auf den 25. Juni als Termin für das so genannte „Closing“ verständigt. In gut zwei Wochen wird der Verkauf der in den vergangenen Jahren verlustträchtigen SB-Warenhauskette an den Investor damit abgeschlossen. Für die 34.000 Beschäftigten fängt dann aber eine neue Zeit der Ungewissheit erst an: SCP will Real zerschlagen und die meisten der 276 Filialen so schnell wie möglich weiterverkaufen.

Der neue Besitzer bemühte sich am Dienstag, den Beschäftigten die Sorgen zu nehmen. Sie mussten schließlich auch unter dem Metro-Dach wegen der schlechten Real-Bilanzen seit Jahren um ihre Arbeitsplätze bangen. „Alle rund 34.000 Mitarbeiter werden mit ihren bestehenden Verträgen zu den bestehenden Konditionen übernommen“, betonte Patrick Kaudewitz, Chef des Verwaltungsrats von SCP Retail Investments, die das Real-Geschäft nach der Übernahme steuern soll.

Verdi: Real-Mitarbeiter werden zum Spielball

Die Lesart der Gewerkschaft Verdi klingt ganz anders: „Für die 34.000 Beschäftigten von Real bedeutet der Verkauf, dass sie zum Spielball der Finanz- und Immobilieninvestoren SCP werden“, sagte Verdi-Vorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger unserer Redaktion. Verhandlungen über nachhaltige Beschäftigungssicherung lehnten die Metro-Nachfolger ab. „Damit stehen zigtausende von Beschäftigten und ihre Familie vor einer ungewissen Zukunft.“

Dass SCP wenig Interesse daran hat, die riesigen Supermärkte mit dem Warenhaus-ähnlichen Sortiment selbst zu betreiben, daraus machte der russische Investor mit Sitz in Luxemburg nie ein Geheimnis. Stattdessen beginnt nun die Zerschlagung: Bis zum Jahresende sollen 88 Real-Märkte an Kaufland und 53 an Edeka übergehen.

141 Märkte gehen an Kaufland und Edeka

Interesse angemeldet haben auch Globus und Rewe, die Kölner Supermarktkette laut Lebensmittelzeitung an insgesamt 18 Real-Filialen. Rund 30 Filialen sollen geschlossen werden, die verbleibenden rund 50 Märkte betreibt SCP zunächst weiter, allerdings höchstens zwei Jahre lang. Die Gewerkschaft Verdi ist damit alles andere als einverstanden: „Die große Unsicherheit für die Beschäftigten geht weiter. Das ist das Dramatische“, sagte Vorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger.

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Hinter der SCP Group steckt der russische Sistema-Konzern, der dem Milliardär Wladimir Jewtuschenkow gehört. Er schmiedete den größten russischen Telekommunikationskonzern, die SCP Group ist eine Beteiligungsgesellschaft mit dem klaren Fokus, Sistema-Kapital in Immobilien und Unternehmen in Europa und den USA zu investieren. Chefin Marjorie Brabet-Friel betonte unlängst den Renditeanspruch auch beim Real-Deal, als sie dem Handelsblatt sagte: „Es ist in der Tat eine herausfordernde Akquisition, Real so wie es heute ist, ist nicht zukunftsfähig.“

SCP erwirbt neben den Real-Filialen auch den Online-Marktplatz real.de und die 80 Handels-Immobilien, die Metro selbst besaß. Allein real.de soll einen dreistelligen Millionenbetrag einbringen, Interesse wird der Kaufland-Mutter Schwarz-Gruppe und dem Discountriesen Aldi nachgesagt.

Rewe will wohl nur Teilflächen mieten

Die größten Schwierigkeiten werden erwartet beim Verkauf der riesigen Real-Märkte an Supermarktketten wie Edeka und Rewe, die jeweils deutlich kleinere Flächen benötigen. Wie die Lösung aussehen könnte, wird beim möglichen Rewe-Einstieg deutlich: Die Kölner sollen Standorte nicht komplett übernehmen, sondern Teilflächen mieten, wie die Lebensmittelzeitung berichtet. Auch gebe es Überlegungen, nicht alle Mitarbeiter zu übernehmen.

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Das ist auch die größte Sorge der Gewerkschaft. Verdi fordert daher vom Bundeskartellamt Auflagen für die Übernahme von Real-Filialen, die Arbeitsplätze retten. Die Bonner Wettbewerbshüter prüfen etwa die Übernahme der 88 Märkte durch Kaufland und das Edeka-Paket. Den Verkauf der gesamten Real-Kette von der Metro an SCP haben die EU-Kartellbehörden bereits genehmigt.

Verdi: SCP übernimmt Lohndumping der Metro

Verdi will sich um gute Bedingungen bei den jeweiligen Käufern bemühen, was bei einer Zerschlagung sehr mühsam wird. Tief sitzt zudem der Frust darüber, dass die Metro ihre Tochter Real 2018 aus dem Flächentarif genommen hat. „Der Lohndumping-Kurs der Metro wird vom Vorsitzenden des Verwaltungsrats von SCP Retail Investments, Patrick Kaudewitz, nahtlos übernommen“, kritisiert Gewerkschafts-Vorständin Nutzenberger. Er habe eine Bezahlung nach den Einzelhandelstarifverträgen abgelehnt – mit der Begründung, das würde den Verkauf an Dritte gefährden.

Verdi vermisst die Unterstützung durch die Bundesregierung: „Zu der Existenzgefährdung für tausende Beschäftigte schweigt das zuständige Bundeswirtschaftsministerium“, beklagt Nutzenberger. Bei der Metro vermisst sie jeden Respekt gegenüber den scheidenden Real-Mitarbeitern. Während alle leitenden Angestellten der Metro für die guten Umsätze während der Corona-Krise „einen dreifachen Bonus, der einen hohen fünfstelligen Betrag ausmachen kann“, erhalten hätten, seien die Real-Beschäftigten für ihren Einsatz während der Corona-Pandemie mit zwei Warengutscheinen über je 100 Euro abgespeist worden.