Essen. Real wird zerschlagen, Kaufland und Edeka übernehmen 141 Filialen. Verdi fordert nun vom Kartellamt, nur Verkäufe von Filial-Paketen zu erlauben.

Bei der geplanten Zerschlagung der Supermarktkette Real appelliert die Gewerkschaft Verdi an das Bundeskartellamt, Käufern nur den Erwerb von Paketen aus mehr und weniger gut laufenden Filialen zu erlauben. Kaufland und Edeka, die zusammen 141 Filialen übernehmen wollen, dürften sich nicht „nur die Filetstücke bei Real herauszuschneiden“, forderte Verdi-Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger am Mittwoch.

Kaufland übernimmt 88 Filialen, Edeka 53

Die Muttergesellschaft Metro hatte sich im Februar auf den Verkauf der Real-Kette mit allen 276 Märkten und rund 34.000 Beschäftigten an den russischen Investor SCP geeinigt. Der zahlt für die Märkte samt Onlinegeschäft, Fleischfabrik und 65 Immobilien netto rund 300 Millionen Euro. Der bereits von der EU-Kommission genehmigte Deal soll im Sommer vollzogen werden. Anschließend will SCP Real zerschlagen. Bereits Weiterverkäufe angebahnt haben die Russen und ihre deutschen Partner X+Bricks mit Kaufland, das 88 Filialen übernehmen will, und Edeka über 53 Filialen.

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Dem muss jeweils das Bonner Kartellamt noch zustimmen. Die Kartellwächter prüfen dabei für die einzelnen Standorte, ob es durch die Nähe von Filialen des Käufers und erworbenen Real-Märkten zu Wettbewerbsbehinderungen durch eine zu große lokale Marktmacht kommt. Die Arbeitnehmerseite hofft aber darauf, dass auch das Schicksal der Beschäftigten dabei eine Rolle spielen möge. „Nach der Corona-Krise ist das Wichtigste, möglichst viele Arbeitsplätze im Handel zu retten“, betont Verdi-Vorständin Nutzenberger. Es gehe darum, „zu verhindern, dass mehr als 10.000 Menschen ihre Existenz verlieren und in Hartz IV rutschen.“ Diese Befürchtung hatte der Betriebsrat geäußert.

Mehr als 30 Real-Filialen werden geschlossen

Noch weitgehend offen ist, was nach dem Deal mit Edeka und Kaufland mit den verbleibenden 135 Filialen geschehen soll. Bisher wurde die Schließung von sieben Märkten verkündet, mehr als 30 sollen insgesamt aufgegeben werden. Die meisten betroffenen Mitarbeiter wissen aber noch nichts davon. Etwa 50 Filialen muss SCP mindestens zwei Jahre lang unter der Real-Flagge weiterführen. Bleiben 55, für die noch Käufer gesucht werden.

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Die Dienstleistungsgewerkschaft erklärte, sie erwarte von allen Käufern auch Investitionen, um schlechter laufende Märkte wieder attraktiv zu machen. „Ein Geschäftsmodell, in dem die sozialen Kosten der Zerschlagung eines Unternehmens auf die Allgemeinheit abgewälzt werden sollen, darf nicht unterstützt werden, sagte Nutzenberger. Wesentlich seien existenzsichernde Tarifverträge.

Verdi sieht Regierung in der Pflicht

Verdi sieht die Bundesregierung in der Pflicht, auf eine größere Tarifbindung im Handel zu achten. Die Corona-Krise zeige aktuell, wie hoch das öffentliche Interesse an der Versorgung mit Waren des täglichen Bedarfs ist. „Wenn aber in systemrelevanten Branchen Zweidrittel der Geschäfte die Beschäftigten nicht einmal nach dem Flächentarifvertrag bezahlen, ist es auch Aufgabe der obersten Bundesbehörden, eine weitere Erosion verhindern zu helfen, damit sich Unternehmen ohne Tarifbindung nicht weitere Wettbewerbsvorteile verschaffen“, meint Nutzenberger.