Essen. Die Corona-Krise trifft Familienbrauereien wie Stauder und Fiege hart. Da die Gastronomie ausfällt, bleibt als Hoffnungsträger das Flaschenbier.
Die Folgen der Corona-Pandemie machen Deutschlands Brauereien schwer zu schaffen. Mit der bundesweit angeordneten Schließung von Restaurants, Kneipen und Bars ist auch der Bierkonsum eingebrochen. „Das Gastronomie-Geschäft ist für die meisten Brauereien in Deutschland existenziell“, erklärt Marc-Oliver Huhnholz, der für den Branchenverband Deutscher Brauer-Bund spricht. Manche Brauereien hätten vor der Krise bis zu 80 oder 90 Prozent ihres Umsatzes über die Gastronomie erzielt. „Dieses Geschäft ist nun komplett weggebrochen.“ Die Absage zehntausender Veranstaltungen und Feste verschärfe die Situation.
„Der Fassbierabsatz ist völlig zum Erliegen gekommen, daher produzieren wir nur noch Flaschenbier“, berichtet Thomas Stauder, der gemeinsam mit seinem Vetter Axel Stauder die Essener Privatbrauerei führt. Neben der Schließung der Gastronomie-Betriebe wirke sich auch der Stillstand beim Sport und im Vereinsleben auf die Nachfrage und damit die Produktion der Brauerei aus. In weiten Teilen des Unternehmens Stauder, das rund 100 Mitarbeiter beschäftigt, gibt es derzeit Kurzarbeit. „Mit dem Betriebsrat und den Mitarbeitern haben wir das besprochen und sind dankbar, dass sie diesen Weg mitgehen“, sagt Stauder.
Neben Stauder hat auch Fiege Kurzarbeit eingeführt
Auch die Bochumer Brauerei Moritz Fiege reagiert auf die Krise mit Kurzarbeit – zum ersten Mal in der Geschichte des 1878 gegründeten Unternehmens. Betroffen sind der Verkauf, das Marketing sowie das Sekretariat. Auf die Frage, ob die Brauerei staatliche Hilfen oder KfW-Kredite in Anspruch nehmen werde, antwortet Firmenchef Hugo Fiege: „Als Familienunternehmen prüfen wir zur Sicherung des Geschäftsbetriebes alle Angebote der Bundes- und Landesregierung.“
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Hugo Fiege führt die Bochumer Traditionsbrauerei mit seinem Bruder Jürgen in fünfter Generation als Inhaber. Die sechste Generation ist vor gut einem Jahr ins Unternehmen eingetreten: Carla Fiege, die Tochter von Jürgen Fiege, und Hubertus Fiege, der Sohn von Hugo Fiege. Die Brauerei beschäftigt rund 60 festangestellte Mitarbeiter und eine Reihe von Teilzeitkräften.
Bei kleinen und mittelständischen Brauereien sei der Anteil des Geschäfts mit der Gastronomie viel höher als bei Großbrauereien und Getränkekonzernen, die in der Produktion für den Handel sowie im Export stark sind, betont Thomas Stauder. „Die große Frage ist, wie und wann es mit der Gastronomie weitergeht“, sagt der Brauerei-Chef. Denn trotz Lockerungen im Einzelhandel bleibt der Betrieb von Restaurants und Gaststätten zunächst untersagt.
„Die Zapfhähne stehen schlichtweg still“
Der Branchenriese Krombacher liefert eigenen Angaben zufolge lediglich rund 15 Prozent der Produktion an die Gastronomie. Aber auch im Export sei der Absatz ähnlich wie in der Gastronomie „fast komplett ausgefallen“, sagt Krombacher-Kommunikationschef Peter Lemm. Der Absatz über den Handel laufe indes weitestgehend stabil.
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„Die Menschen im Land gönnen sich nach wie vor ihr geliebtes Feierabendbier, haben aber keine Gelegenheit zum Außer-Haus-Genuss, weil die Zapfhähne schlichtweg still stehen“, beschreibt Ulrich Biene von der Brauerei C. & A. Veltins aus Grevenstein die Situation. Kurzarbeit gebe es bei Veltins aber aktuell nicht. „Wir sehen uns kapitalstark genug aufgestellt, um dieser Krise aktiv zu begegnen“, betont Veltins-Sprecher Biene. Auch deshalb halte das Unternehmen am Investitionstempo in der Brauerei und am geplanten Start einer neuen Marke namens „Helles Pülleken“ fest.
Traditionsbrauerei in Bayern hat schon aufgegeben
Während die großen Akteure Stärke beweisen können, geht in kleinen Betrieben die Angst vor einem Brauerei-Sterben um. „Der Flächenbrand in der Gastronomie springt zunehmend auf die Brauwirtschaft über“, sagt Verbandssprecher Huhnholz. „Mit jedem Tag verschärft sich die Lage weiter.“ Mit der Wernecker Brauerei in Bayern habe bereits der erste Traditionsbetrieb aufgegeben – nach 400 Jahren Familientradition.
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„Die meisten Brauereien existieren seit Generationen und mussten schon manche Krisen bewältigen“, betont indes der Bochumer Unternehmer Hugo Fiege. „In Familienbrauereien gilt sehr langfristiges Denken und Handeln über Generationen, und in diesen Dimensionen wollen wir auch diese Krise bestehen.“ Auch Thomas Stauder sagt: „Wir haben für unser Unternehmen mehrere Szenarien zum Fortgang der Corona-Krise berechnet. Die Belastungen sind enorm, aber wir werden die Krise überstehen.“
Wie sich die Corona-Krise auf den Bierpreis auswirkt, ist offen. Veränderungen könne er noch nicht feststellen, berichtet Verbandssprecher Huhnholz. Zumindest sei nicht mit fallenden Preisen zu rechnen, heißt es in der Branche, „denn die Krise verschärft den Ertragsdruck für mittelständische Brauereien“.